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Frauenfußball-WM

UNTER DIE LUPE

Şeyda Kurt

„Jungs spielen Fußball, Mädchen gehen zum Ballett. Wenn schon, spielen sie ein wenig  Volleyball. Aber Fußball doch nicht! Davon bekommen sie dicke Waden!“
Noch heute ist für viele Fußball ein „Männersport“. Dass Mädchen oder Frauen Fußball spielen, wird in unserer Gesellschaft meist schmunzelnd betrachtet. Es ist wohl einfach nicht üblich. Dabei ist es doch eine Sportart wie jede, oder? In Deutschland steht jedenfalls am 26. Juni die sechste Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen vor der Türe und es wird über Fußballerinnen mehr geredet, als je zuvor. Am 17. Juli hofft man, dass die deutschen Siegerinnen als Titelverteidigerinnen den WM-Pokal in die Luft strecken.
Die Geschichte des „Frauenfußballs“ (schon unfair, dass es nicht auch einen Begriff wie „Männerfußball“ gibt) ist auf der gesamten Welt von Verboten und Repression geprägt. 1894 wurde in England das erste Frauen-Fußballteam, „British Ladies“ genannt, gegründet. Ganz lady-like hatten die Fußballerinnen Hütchen auf den Köpfen und Röckchen zu tragen, „um den Anstand zu wahren.“ In Deutschland fand das erste von Studentinnen organisierte Fußballspiel 1922 bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften statt. Mehr als auf die spielerische Leistung hat man auch damals eher auf die kurzen Höschen geachtet. So wollte man(n) die Akademiker-Damen keinesfalls sehen! Im 3. Reich passte dies natürlich auch gar nicht in das angestrebte Frauenbild und wurde verboten. Tatsächlich wurde das Verbot erst am 31. Oktober 1970 (!) durch den Deutschen Fußballbund aufgehoben.
Noch heute haben Fußballerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen mit einigen Benachteiligungen zu kämpfen: Die meisten Fußballerinnen haben noch einen Zweit-Job, ohne den sie nicht auskommen würden. Denn sie verdienen beim Fußball durchschnittlich nur ein Viertel von dem, was ihre männlichen Kollegen bekommen. Ob es in Ordnung ist, dass Fußballer generell so viel Geld verdienen, ist eine andere Sache. Doch betrachtet man dieses Verhältnis wird einem schon klar: die  Benachteiligung der Frau ist bei dieser  Sportart besonders gravierend.
Auch das altgewohnte „Public Viewing“, das wir aus der Weltmeisterschaft der Herren kennen, werden wir bei dieser WM nicht finden. Denn wie groß die Begeisterung letztendlich für die Frau am Ball sein wird, könne man nicht einschätzen. Daher verzichten fast alle Städte auf solche Investitionen.
Ist Frauenfußball ein Stück Emanzipation? Dass laut einer Umfrage 63 Prozent der Männer sich auf die Frauen-Fußball WM freuen, kann einem schon Mut machen. Das „Engagement“ der Medien ist auf den ersten Blick wohl auch als ein Schritt in eine Gleichbehandlung der Geschlechter deutbar. Doch schaut man nochmal genau hin, sieht man natürlich auch bei dieser Großveranstaltung, wie viel Geld und Profit da mitfließt: Die Fußballerinnen strahlen uns in Werbungen für Sportartikel-Hersteller, Elektrohandel bis hin zu der Serie „Tatort“ auf dem ARD an. Vielmehr treten sie mit ihrer Werbetauglichkeit in den Vordergrund als mit ihren Leistungen. Der Spiegel betitelt nicht vielleicht umsonst einen Artikel über die Stürmerin Okoyino da Mbabi mit der Aufschrift: „Jung, fit, gut zu vermarkten“: „Für die Werbestrategen wäre ein WM-Star Okoyino da Mbabi ein Hauptgewinn – gerade jetzt, wo die an sich für die Abteilung Glamour im deutschen Team zuständige Fatmire Bajramaj schwächelt. Die 22-jährige Okoyino da Mbabi, Tochter französisch-kamerunesischer Eltern, ist nahezu perfekt vermarktbar: eine fröhliche, kluge Frau mit Multikulti-Faktor. Besser geht’s nicht in puncto PR.“, so der Autor.
Und dann passiert etwas nicht wirklich Unerwartetes: Die Fußballerinnen Selina Wagner, Julia Simic, Annika Doppler, Kristina Gessat und Ivana Rudelic präsentieren sich diesmal in weniger als nur den um 1920 verpönten kurzen Höschen im „Playboy“. Dargestellt wird es selbstverständlich als Fortschritt: Die Fußballerinnen würden mit ihren Nacktphotos dem Zwang und der sexuellen Doppelmoral, die den Frauenfußball jahrzehntelang begleitet hat, ein Zeichen. Vielleicht wollen sie der gesamten Welt zeigen, dass Fußballerinnen nicht wie vermutet immer dicke Waden haben müssen. Oder nicht nur Mannsweiber sind. Dass sie allesamt sehr attraktiv sind auf den Bildern, ist ja wohl nicht zu bestreiten.
Auf der anderen Seite kann man sich fragen, ob dieser Gleichheitsanspruch sich in erotischen Bildern behaupten muss und nicht in den Leistungen der Spielerinnen? Immerhin sind die Damen Rekordsieger in der Titelverteidigung und Birgit Prinz Rekordtorschützin, was den Herren so wohl noch nicht gelungen ist. Ich persönlich war eher enttäuscht, von dieser neuen Werbe-Idee der Damen à la „Sex-Sells“- vielleicht auch Karten für das Stadion. Der Frauenfußball sollte auch so die verdiente öffentliche Beachtung genießen und auch jungen Mädchen Mut machen- und das auch mit Shorts und Trikot!

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