Pinar Aki
Der Lehrerberuf gehört bei Abiturienten neben Arzt, Polizist, Universitätsprofessor und Richter zu den Top 5 der angesehensten Berufe in Deutschland – dennoch erwarten im Endeffekt nur wenige, dass die besten Absolventen tatsächlich Lehrer werden und nur wenige der Abiturienten mit gutem Notendurchschnitt geben den Lehrerberuf als eine tatsächlich infrage kommende Option an.
Das Ergebnis einer Umfrage, an der 521 Abiturienten im Alter von 17 bis 22 Jahren teilnahmen, zeigt, dass leistungsstarke Abiturienten deutlich seltener am Lehrerberuf interessiert seien. Während fast die Hälfte aller befragten Abiturienten mit einer Durchschnittsnote zwischen 2,1 und 4,0 am Lehrerberuf eher bis sehr interessiert seien, treffe dies nur auf 38,1% der Abiturienten mit einem Notendurchschnitt zwischen 1,0 und 2,0 zu.
Wer wird eigentlich freiwillig Lehrer?
Vor etwa einem Jahrzehnt, hätte man solch eine Frage nicht in den Raum geworfen oder zumindest mit einer anderen Intention, als man es heute tut. Als die Universitäten noch nicht überfüllt mit Lehramtsstudenten war, konnte man tatsächlich davon ausgehen, dass diejenigen, die auf Lehramt studierten, es aus Leidenschaft und Interesse taten. Heute sieht die Situation leider anders aus. Der abschreckende Arbeitsmarkt, die schlechte Bezahlung und vor allem die Perspektivlosigkeit drängt immer mehr Abiturienten, welche nicht gerade im oberen Notenbereich liegen, dazu, sich für Studiengänge zu entscheiden, die sie eigentlich gar nicht studieren möchten. Ihre Entscheidungen treffen sie natürlich nicht aus Jux und Dollarei, sondern in der Hoffnung auf einen sicheren Job und ein halbwegs akzeptables Einkommen. Es sind jedoch nicht nur die schlechten Zukunftsaussichten, weshalb sich Abiturienten davor scheuen, Karriere zu machen oder andere Berufszweige einzuschlagen, denn schließlich sieht der Arbeitsmarkt für Lehramtsanwärter auch nicht besonders prickelnd aus, vor allem die Verbeamtung ist heute nur noch schwer zu bekommen. Es ist das Studium selbst, welches abschreckend auf nicht besonders „leistungsstarke“ Abiturienten wirkt. Mal ganz abgesehen davon, dass die meisten Studiengänge wegen ihren sehr hohen NC´s den meisten Abiturienten ohnehin versperrt bleibt. Dass mehr als 50% der Schüler Schwierigkeiten in den naturwissenschaftlichen Fächern haben, ist ein wohl bekanntes Phänomen. Fast jeder Studiengang, der einem Jobchancen und sogar Karrierechancen bieten kann, hat einen mathematischen Schwerpunkt. Fächer die es nicht haben wie beispielsweise Sport, Soziologie, Philosophie, Kunst, Musik und Sprachen nennt man auch bekannterweise „brotlose Kunst“. Deshalb scheint das Lehramtsstudium eben besonders für mittelmäßige Schüler sehr attraktiv zu sein.
Ein Hauptgrund für das geringe Interesse der Abiturbesten liegt in den fehlenden Karrierechancen. Vier von fünf Abiturienten geben an, dass gute Aufstiegschancen ein eher wichtiges Kriterium für ihre Berufswahl sind. Doch nur etwas mehr als jeder Vierte geht davon aus, dass dieses Kriterium auf den Lehrerberuf zutrifft. Bei keiner anderen der abgefragten Eigenschaften ist die Diskrepanz zwischen der Bedeutung für die eigene Berufswahl und ihrer Zuschreibung für den Lehrerberuf derart groß. Weitere Eigenschaften, die mit dem Lehrerberuf seltener in Verbindung gebracht werden, sind gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Spaß an der Arbeit, hohes Ansehen und attraktives Einkommen.