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Nordafrika und Naher Osten: Hunderttausende protestieren länderübergreifend am „Tag des Zorns“

Von Tunis bis Bagdad sind am Freitag, den 25. Februar erstmals gleichzeitig Hunderttausende Demonstranten zu einem „Tag des Zorns“ auf die Straße gegangen, um für demokratische Verhältnisse, gegen Korruption und Armut zu protestieren. Überall stand auch die Solidarität mit dem demokratischen Volksaufstand in Libyen im Zentrum. In Tunesien, wo die länderübergreifenden Aufstände im Januar ihren Ausgang genommen hatten, und in Ägypten, forderten die Menschen vor allem den Rücktritt der Übergangsregierungen.
Nahezu überall feuerte die Polizei Warnschüsse ab und setzte Tränengas ein. Auch in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa kam es erneut zu Protesten. „Das Volk fordert das Ende des Regimes“, riefen die Menschen. In der südjemenitischen Stadt Aden schossen Sicherheitskräfte auf Regierungsgegner. Diese stürmten ein Verwaltungsgebäude. Auch in Jordanien gingen erneut Tausende Menschen auf die Straße und forderten demokratische Reformen. Erstmals gab es auch in Bagdad und anderen irakischen Städten große Kundgebungen. Die Wut der Protestierenden richtete sich vor allem gegen die schlechten Lebensverhältnisse und die Maliki-Regierung. Es gebe kein Trinkwasser und keinen Strom, auch die Arbeitslosigkeit steige. Mindestens elf Menschen wurden getötet, als Sicherheitskräfte auf die protestierenden Massen schossen, die in mehreren Städten versuchten, öffentliche Gebäude zu stürmen.


UN-Sicherheitsrat: Sanktionen gegen Gaddafi beschlossen

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat hingegen Sanktionen gegen Libyen und den Diktatoren-Clan von Muammar al-Gaddafi verhängt. Die nun beschlossenen Sanktionen des Resolutionsentwurfs Nummer 1970 beziehen sich konkret auf ein allgemeines Waffenembargo, Einreiseverbote für Muammar al-Gaddafi und seine Familie, sowie gegen zehn Mitglieder seiner Führungsriege. Der Beschluss umfasst auch die Einfrierung von Gaddafis Auslandskonten. Darüber hinaus werden erste Maßnahmen getroffen, um den Diktator nach dem Ende der Gewalt in Libyen vor das Menschenrechtstribunal in Den Haag bringen zu können. Aus Libyen werden derweil weitere Zusammenstöße zwischen regimetreuen Söldnern oder Soldaten und Aufständischen gemeldet. Gaddafi soll Waffen an regimetreue Zivilisten und Söldner aus dem Ausland ausgegeben haben, um gegen die Demonstranten vorzugehen.
Militärische Intervention des Westens?
Die NATO und die EU bereiten hingegen die Öffentlichkeit auf eine militärische Intervention vor. Der Generalsekretär des NATO-Paktes, Anders Fogh Rasmussen, berief die Botschafter zu dem Treffen des NATO-Rates im Hauptquartier in Brüssel ein. Er erklärte zuvor, ein militärisches Eingreifen der Allianz sei nicht geplant, weil es dafür keine Anfrage gebe. Ein etwaiger Einsatz müsse ohnehin von einem Mandat der Vereinten Nationen getragen werden. Auf ähnliche Weise hatte deren Generalsekretär, Ban Ki Moon, das Thema Intervention bereits ins Spiel gebracht, Er forderte die internationale Gemeinschaft zur Einheit auf, um einen „sofortigen und friedlichen Wandel“ in Libyen zu ermöglichen. Deutsche Medien folgten bei der Vorbereitung eines militärischen Einsatzes dem gleichen Muster, wie beim Jugoslawien-Krieg 1999 und dem Irak-Krieg 2003. So titelten verschiedene Medien „Ghaddafi verwandelt Libyen in ein Schlachthaus“ oder ähnliches. Offen wird nun die Frage gestellt, wie lange der Westen noch untätig bleiben werde.
USA gruppieren Streitkräfte um
Die USA hingegen haben mit der Umgruppierung ihrer Luft- und Seestreitkräfte vor der Küste begonnen. Damit wollten sich die USA Optionen offenhalten und flexibel reagieren können. Der britische Premierminister David Cameron hat Planungen für eine Flugverbotszone über Libyen bestätigt. Cameron sagte am Montag in London, es liefen bereits Beratungen mit den Verbündeten dazu. Er sagte nicht, ob das bedeutet, dass Großbritannien und seine Verbündeten libysche Flugzeuge sofort am Fliegen im Luftraum des nordafrikanischen Landes hindern wollten oder ob nur Planungen für den Fall einer weiteren Eskalation der Gewalt vorgenommen würden. Er sagte aber britischen Parlamentsabgeordneten auch, dass er „in keiner Weise“ die Anwendung militärischer Gewalt ausschließe.
Bundeswehreinsätze haben schon stattgefunden
Die Bundeswehr hält weiter Transall-Maschinen sowie einen Ausbildungsverband der Marine bereit. Am Wochenende waren 132 Europäer mit Hilfe von „Transall“-Maschinen der Bundeswehr aus Libyen ausgeflogen worden. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel und die gesamte Bundesregierung seien sehr erleichtert über den Ausgang der Operation in der nordostlibyschen Wüste. Zahlreiche Deutsche und Angehörige mehrerer Nationen seien aus einer schwierigen Lage herausgeholt und in Sicherheit gebracht worden. Der Regierungssprecher sagte, wenn Gefahr in Verzug sei, dann sei laut Parlamentsbeteiligungsgesetz eine nachträgliche Zustimmung des Bundestags zu einer solchen bewaffneten Militäraktion möglich. Voraussetzung sei allerdings, dass vorab der Bundestag in geeigneter Weise informiert worden sei. Außenminister Guido Westerwelle rief vor dem Einsatz alle Fraktionschefs an, um sie über die Aktion in Kenntnis zu setzen und bat um Stillschweigen. Der Bundestag müsste die Aktion nachträglich nur billigen, wenn die Bundeswehr ihre Waffen auch eingesetzt hätte. Dies sei in Libyen nicht der Fall gewesen.
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