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AfD Jugendorganisation Neugründung: Wie die Rechten um die Jugend werben

Die AfD hat bei den aktuellen Umfragen mit 27 Prozent Zustimmung einen neuen Rekordwert erreicht und setzt ihren Höhenflug weiter fort. Bei den vorgezogenen Bundestagswahlen im Februar 2025 hatte sie bereits rund 20 Prozent der Stimmen erhalten, auch unter den 18-24-Jährigen haben über 20% die AfD gewählt. Außerdem genießt die Partei Sympathien unter den Nichtwählerkreisen.

Aslı Gürhan

Ende des Monats steht in Gießen die Neugründung ihrer Jugendorganisation an, nachdem die bisherige „Junge Alternative“ (JA) vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde. Um einem Vereinsverbot zu entgehen, löste sich die JA zum 1. April selbst auf. Bei einem so enormen Zulauf einer jungen Wählerschaft, braucht die AfD eine Jugendorganisation. Daraus drängt sich die Frage auf, wie es die Rechten und AfD schaffen, die Jugend zu mobilisieren.

Die AfD, eine Partei des Volkes?

Die Partei ist ideologisch klar rechts positioniert: Sie fordert Remigration und dreht fast alle gesellschaftlichen Themen auf die Migrationsfrage. Auch richtet sich die Partei gegen LGBTQ+-Rechte und bezeichnet das als „ihren Kampf gegen „woke“-Ideologien“. Die Frauenbilder sind frauenfeindlich und traditionell-reaktionär – der Klimawandel wird pauschal geleugnet oder als „Ideologie“ abgetan.

Dennoch schafft es die AfD, sich als Volkspartei zu inszenieren. Vielmehr versteht die AfD es meisterhaft, Gefühle von Sozialabstiegsängsten, Angst vor Krieg und wirtschaftlicher Unsicherheit anzusprechen. Diese Ängste beruhen auf realen sozialen Problemen: Seit Jahren findet eine anhaltende Kürzungspolitik im sozialen Bereich statt, marode gesparte Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen, steigende Lebenshaltungskosten oder die kaputten Straßen und ÖPNV sind nur einige wenige Beispiele, die die Folgen dieser Politik im öffentlichen Alltag vor Augen führen. Gerade die Jugend bekommt es nochmal deutlicher zu spüren, wenn es immer weniger Freizeitangebote gibt, wenn Schwimmbäder und Jugendhäuser schließen.

Diese Entwicklungen sind keine kurzfristigen Begleiterscheinungen des sogenannten „Herbsts der Reformen“, sondern Folgen der Politik der etablierten Parteien, die soziale Bereiche seit Jahren systematisch unterfinanziert haben.

Während immer mehr Gelder in die Aufrüstung und die Finanzierung von Kriegen fließen, werden die Lebensperspektiven junger Menschen durch diese Kürzungen massiv eingeschränkt. Die Forderung, „den Gürtel enger zu schnallen“, bekommen vor allem die zu spüren, die ohnehin schon am stärksten von sozialer Unsicherheit betroffen sind – Schüler, die lernende und arbeitende Jugend.

AfD spricht diese Ängste gezielt an:

Sei es auf Wahlplakaten oder bei öffentlichen Reden, die AfD versteht es, die realen Probleme und Ängste der Leute anzusprechen. Themen wie die Rente oder Zukunftsängste sind Probleme. Die AfD nutzt diese Sorgen, um Stimmung zu machen.

Themen wie der Klimawandel, Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung, die Angst vor gesellschaftlichem Zerfall sowie Krieg und Frieden werden als treibende Kräfte genutzt. Während andere Parteien Versprechungen machen, definiert die AfD Probleme – insbesondere beim Thema Migration – meist oberflächlich und vereinfacht, wodurch sie die Unzufriedenheit noch weiter verstärkt. Diese Art der Agitation erweist sich als wirkungsvoll und mobilisiert die Wähler.

Warum steigen die Umfragewerte der AfD weiter?

Dass die Partei trotz innerer Widersprüche in Wirtschafts- und Sozialfragen wächst, liegt vor allem daran, dass sie auf gesellschaftliche Verunsicherung und Unzufriedenheit setzt. Während Parteichefin Alice Weidel vor allem Marktliberale Positionen vertritt, setzt Björn Höcke auf völkisch-nationalistische Ideale, mit denen sie viele Sorgen und Ängsten bedienen können.

Es ist ein langfristiger Trend, der sich über Jahre gefestigt hat. Die Unzufriedenheit mit der Politik, die nicht erst mit Olaf Scholz als Kanzler begann, spielt eine entscheidende Rolle. Viele fühlen sich von den Altparteien nicht mehr vertreten. Die AfD nutzt diese gesellschaftlichen Ängste, um sich als Protestpartei zu positionieren und schafft es dadurch mit wachsender Unzufriedenheit immer breitere Massen zu erreichen.

Wie mobilisiert die AfD die Jugend?

Allerdings reichen die sozialen Abstiegsängste allein nicht aus, um den Erfolg der AfD innerhalb der Jugend zu erklären. Ein weiterer Faktor für ihre Beliebtheit innerhalb der Jugend ist der starke Fokus auf soziale Medien wie TikTok als Propagandamittel. Rechte Akteure wie Martin Sellner aus der Identitären Bewegung wissen genau um die Bedeutung von diesen Plattformen und setzen sie gezielt ein, um vor allem junge Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren anzusprechen. Auf diesen Kanälen erreichen sie ihre Zielgruppe mit kurzen, emotionalisierten Videos, die Ängste schüren und scheinbar einfache Lösungen versprechen.

Diese Propaganda der AfD gewinnt noch mehr an Gewicht, wenn täglich Stellenabbau bei Riesenkonzernen wie VW oder Ford angekündigt werden. Sie bedienen die Gefühle von Verlustängsten und Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen und instrumentalisieren sie, um sich als einzige glaubwürdige Alternative zu präsentieren.

Auf TikTok und anderen sozialen Medien produzieren AfD-Abgeordnete und rechte Influencer enorme Mengen an Inhalten, die ohne Rücksicht auf Plattformregeln virale Reichweite erzielen. Dabei werden auch Fake-News erfunden, um gegen eine Gruppe zu hetzen. Die AfD wird auch nicht müde, jede Gelegenheit zu nutzen, um gegen die anderen Parteien zu schießen und sich so abzugrenzen.

Wie können wir uns dem „Widersetzen”?

Spätestens mit der Bekanntgabe der Correctiv Recherche über die geheimen Remigrationspläne rechter Akteure sind bundesweit Massen auf die Straße gegangen, um Spaltung und rechter Hetze etwas entgegenzusetzen.

Viele Organisationen, Gewerkschaften und Initiativen haben sich zudem zusammengeschlossen, um die Neugründung der „Generation Deutschland“ zu verhindern. Dass die Neugründung der Jugendorganisation in Hessen stattfindet, ist kein Zufall, sondern folgt einer gewissen Kontinuität: Sowohl die AfD als auch ihre frühere Jugendorganisation Junge Alternative (JA) wurden 2013 in Hessen gegründet. Dass sich nun viele dagegen organisieren, ist ein wichtiges Signal, das die Stadtgesellschaft damit zeigen möchte. Das Aktionsbündnis „Widersetzen“, das den Gegenprotest organisiert, schaffte es bisher, breite Massen bundesweit zu mobilisieren. Das ist ein klares Zeichen, kann aber nur kurzfristig Wirkung entfalten. Die Neugründung der AfD-Jugendorganisation ist eine Entwicklung, der alle fortschrittlichen Arbeiter-, Frauen- und Jugendorganisationen etwas entgegensetzen müssen. Deutlich wird vor allem, wie wichtig die Schaffung von fortschrittlichen Nachrichten, Medien und Inhalten ist. Auch Social-Media-Plattformen dürfen nicht den Rechten überlassen werden.

Die Jugend ist auf der Suche nach Antworten. Antworten, die ihnen die Herrschenden und ihre Altparteien weder geben wollen, noch geben können, denn sie vertreten einzig und allein die Interessen der Banken und Konzerne. Um die Jugend nicht rechten Kräften zu überlassen, dürfen fortschrittliche Kräfte sich von den eigentlichen Problemen nicht ablenken lassen und nicht aufhören, ihre Stimmen gegen Sozialabbau und Kriege zu erheben.

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