In der nach der dritten Verhandlungsrunde von der IG Metall veröffentlichten Erklärung wurden sowohl Informationen zu den Verhandlungen gegeben als auch mit dem Aufruf „Letzte Chance“ betont, dass es im Rahmen der Friedenspflicht noch möglich sei, eine Einigung zu erzielen.
Am Montag, dem 29. September, kam die Tarifkommission online zusammen und beschloss, ab dem 1. Oktober Warnstreiks durchzuführen, falls in der vierten Verhandlungsrunde keine Einigung erzielt werden sollte.
Die Tarifparteien trafen sich am Dienstag, dem 30. September, dem letzten Tag der Friedenspflicht, zu einer vierten Verhandlungsrunde. In den letzten Minuten dieser Phase wurde eine Einigung erzielt, über die innerhalb der Verhandlungskommission allerdings keine Einigkeit herrschte. (Nach vorliegenden Informationen ist dies das erste Mal, dass die Verhandlungskommission ein Verhandlungsergebnis nicht einstimmig angenommen hat.)
Die in der vierten Verhandlungsrunde erzielte Einigung lautet wie folgt:
- Für die Monate Oktober bis Dezember dieses Jahres gibt es keine Lohnerhöhung.
- Die Löhne werden vom 1. Januar bis zum 31. Dezember um 1,75 % erhöht.
- Auszubildende erhalten für jedes Ausbildungsjahr eine Erhöhung von 75 Euro.
- Der Tarifvertrag über Altersteilzeit (ATZ), der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung sowie der Tarifvertrag über Werkverträge werden um 15 Monate verlängert.
- Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 15 Monate.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um 01:00 Uhr wurden aus der Verhandlung online Informationen bekannt gegeben.
Verhandlungsführer Giesler erklärte: „Das ist ein schwieriges Ergebnis, aber eines, mit dem wir unserer Verantwortung gerecht geworden sind. Die Einigung wurde am Dienstagabend buchstäblich in letzter Minute vor Ablauf der Friedenspflicht erzielt. Die Verhandlungsmitglieder haben eine verantwortungsvolle Aufgabe erfüllt – ich möchte ihnen dafür danken. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie diese Aufgabe auch in den Diskussionen, die in den Betrieben stattfinden werden, würdig erfüllen werden.“
Er fügte hinzu: „Mit Blick auf die Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie wird die nächste Runde sicher nicht einfach werden.“
In einer am selben Tag veröffentlichten Meldung der Stahlnachrichten sagte Nils Knierim, VK-Leiter bei Salzgitter Flachstahl und Mitglied der Verhandlungskommission: „Wir haben einen Kompromiss erzielt, den ich kaum mittragen kann.“
Giesler erklärte weiter: „Das ist letztlich nur eine reale Lohnsicherung. Hätten wir uns nicht in letzter Minute geeinigt, hätten in Salzgitter am Morgen die ersten Streiks begonnen.“
(Nach unseren Informationen waren für die zweite Oktoberwoche in vielen Betrieben, außer in Salzgitter, Warnstreiks geplant.)
Außerdem sagte er: „Die Vereinbarung muss noch von der Tarifkommission und dem Vorstand der IG Metall abgesegnet werden.“
Normalerweise wird das Verhandlungsergebnis zunächst der Tarifkommission vorgelegt und von dieser genehmigt. Nach der Genehmigung wird es in den Betrieben diskutiert und nach Zustimmung der Vertrauensleute erneut der Tarifkommission vorgelegt, die abschließend darüber beschließt. Zuletzt muss der IG-Metall-Vorstand die Vereinbarung bestätigen.
Die meisten Verhandlungsmitglieder haben ihre Aufgaben gut erfüllt.
Das Verhandlungsergebnis wurde in die Betriebe getragen und dort entweder zunächst mit den Beschäftigten und anschließend mit den Vertrauensleuten besprochen oder direkt unter den Vertrauensleuten diskutiert und beschlossen. In den ThyssenKrupp-Werken soll dies jedoch nicht erfolgt sein.
Die am meisten kritisierten Punkte unter den Beschäftigten und Vertrauensleuten in verschiedenen Betrieben waren:
- die geringe prozentuale Erhöhung von 1,75 %,
- die lange Laufzeit des Tarifvertrags von 15 Monaten,
- sowie die Strategie, in dieser Tarifrunde „unbezifferte Forderungen zu stellen und während der Friedenspflicht ein Ergebnis anzustreben“.
Auch die Politik der Sozialpartnerschaft stand, wenn auch nicht in großem Umfang, in der Kritik.
Die Mitglieder der Verhandlungs- und Tarifkommission verteidigten das Ergebnis mit der Begründung, dass es zwar nicht besonders gut, aber unter den gegebenen Umständen das bestmögliche und akzeptable Resultat darstelle. Sie betonten jedoch, dass eine solche Vorgehensweise in künftigen Tarifrunden nicht wiederholt werde.
Nachdem die Tarifkommission am Dienstag, dem 14. Oktober, im IG Metall-Bildungszentrum Sprockhövel über die in den Betrieben geführten Diskussionen informiert worden war, wurde mitgeteilt, dass die Vereinbarung – trotz einzelner Ablehnungen – in den meisten Betrieben mit großer Mehrheit oder einstimmig angenommen worden sei.
Die Tarifkommission nahm den Tarifvertrag schließlich einstimmig an.
Für Ostdeutschland wird ein ähnliches Ergebnis erwartet.
Der IG-Metall-Vorstand wird der Vereinbarung in den kommenden Tagen zustimmen.