Ein Jahr nach dem „Red Storm Alpha“-Manöver im Hamburger Hafen soll nun der Kriegsfall im Stadtgebiet geprobt werden. Daran teilnehmen werden 500 Soldaten sowie Hamburger Behörden, Polizei, Feuerwehr, THW, die Agentur für Arbeit und Unternehmen wie Airbus, Blohm+Voss und die Hamburger Hafenlogistik HHLA.
Eine Stadt soll kriegstüchtig werden
Der Hamburger Hafen oder auch ganz Hamburg als Drehkreuz der NATO – diese Bezeichnung findet sich immer häufiger im stadtpolitischen Diskurs. Konkret heißt das: Im Kriegsfall an der „Ostflanke“ sollen NATO-Truppen, deutsche und westeuropäische, vor allem über den Hamburger Hafen nach Osten verlegt werden, um die NATO-Bündnispartner dort zu unterstützen. Unter genau diesem Szenario wird auch das nächste Manöver der Bundeswehr in Hamburg stattfinden. Beim „Red Storm Bravo“-Manöver geht es um ein fiktives Szenario, in dem ein „eskalierender Konflikt“ an den Grenzen zum Baltikum geschieht. „Eskalierender Konflikt“ heißt demnach: eine sich zuspitzende Situation, aber noch kein Kriegsfall. Diesem will die NATO zuvorkommen und schon vor einem möglichen Angriff „präventiv“ Truppen in Richtung Baltikum verlegen.
Dieses Manöver soll nicht nur die Soldaten der Bundeswehr schulen. Zahlreiche zivile Institutionen sind in das Manöver eingeplant – ein Trend, den wir an verschiedensten Stellen beobachten können. Der „Operationsplan Deutschland“, ein Plan der Bundeswehr, der die Truppenverlagerung durch ganz Deutschland im Kriegsfall logistisch vorbereitet, bezieht ganz bewusst auch zivile Akteure wie das Technische Hilfswerk (THW), verschiedenste Unternehmen, Feuerwehr und viele weitere ein. Die Bundeswehr schreibt dazu: „Der OPLAN DEU […] legt beispielsweise fest, welche Verkehrswege für den Transport genutzt werden, welche Brücken in Betracht kommen, wo Rastplätze eingeplant sind und wie diese geschützt werden müssen.“
Mit dem Schauspielern einer Kriegssituation soll zudem vor allem die Stadtbevölkerung auf dieses Szenario vorbereitet werden. Gepanzerte Fahrzeuge, die am Küchenfenster vorbeifahren, und Kampfhubschrauber über den Schulhöfen werden normalisiert. Die ganze Stadt wird aktiv auf den Krieg vorbereitet. Man kann davon ausgehen, dass hier nicht nur Abwehr, sondern auch Angriff geübt wird, denn falls die zehnfach überlegene NATO Russland angreifen sollte, müssten auf die gleiche Weise Truppen nach Osten verlegt werden. Dass es auch darum gehen kann, zeigt sich daran, dass ein Teil des „Red Storm Bravo“-Manövers die Unterdrückung einer simulierten Demonstration sein wird. Ist denn wirklich von großen Demonstrationen auszugehen, wenn es sich um einen Verteidigungsfall handelt – oder nicht viel eher, wenn Deutschland wieder in Richtung Osten marschiert?
Deutschland eskaliert mit
Der Feind ist dabei klar: Russland. Selbstverständlich wird das Manöver als reines „Verteidigungsszenario“ geprobt und damit der Bevölkerung weisgemacht, dass ein russischer Einmarsch bald bevorstehen könnte. Diese scheinbar reale Bedrohung soll darüber hinwegtäuschen, dass die NATO mit fast 1,5 Billionen Euro zehnmal so viel für Rüstung ausgibt, wie Russland – ein russischer Einmarsch in einen NATO-Staat ist mehr als unwahrscheinlich. Im Gegenteil sind es die NATO-Mächte, die durch ihre aggressive Außenpolitik, Waffenlieferungen und die Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder immer mehr auch militärische Auseinandersetzungen provozieren und es darauf ankommen lassen – auch, um ihre imperialistischen Rivalen China und Russland in neue Konflikte hineinzuziehen.
Mit der angestrebten Wiedereinführung der Wehrpflicht bereitet sich auch Deutschland darauf vor, mit einer schlagkräftigen Armee in der internationalen Politik mitzumischen und seine Interessen auch militärisch durchzusetzen.
Doch dagegen regt sich auch Widerstand: Ein Bündnis unter dem Motto „Keine Kriegsübungen in unserer Stadt – Gemeinsam gegen Red Storm Bravo“ ruft zu einer Demonstration am Freitag, den 26. September, um 18 Uhr auf dem Hamburger Rathausmarkt auf.

