Written by 16:00 DEUTSCH

Handyverbot an Schulen – effektiv oder unsinnig?

Özgün Önal

Die Konzentration lässt nach, die Müdigkeit steigt, das Desinteresse nimmt zu – all dies sind Erscheinungen, die im Unterricht bei Schülern häufig auftreten.
Aktuell wird versucht, dem durch ein Verbot der privaten Handynutzung im Unterricht entgegenzuwirken. Da Bildung in Deutschland jedoch Ländersache ist, entscheidet jedes Bundesland selbst, ob ein solches Verbot sinnvoll ist. Auch im neuen Schuljahr erklären viele Schulen die Unterrichtsräume zur handyfreien Zone. Die Kultusministerkonferenz hat sich im Mai dagegen ausgesprochen.

Bayern war das erste Bundesland, das ein landesweites Handyverbot an Schulen einführte. Im Jahr 2022 wurde die Regelung allerdings gelockert und gilt seither nur noch an Grund- und Förderschulen. Vereinzelte Länder wiederum möchten diese Vorgabe nicht übernehmen oder suchen gemeinsam mit Schülern und Eltern nach besseren Lösungen.
Letztlich entscheiden die Schulen selbst, ob und in welcher Form sie ein Handyverbot umsetzen. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob eine so strikte Maßnahme die Probleme tatsächlich lösen kann.

Eindeutige Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen von Handyverboten auf Leistung und Wohlbefinden im Schulalltag liegen bislang nicht vor. Nach Ansicht der Psychologin Katharina Scheiter sollten mögliche Verbote immer durch ergänzende Maßnahmen begleitet werden. „Die Handynutzung ist oft nur ein Symptom der Ablenkung, aber nicht immer die Ursache“, erklärt die Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam.

Allein das Entfernen der Geräte führe weder automatisch zu mehr Konzentration, noch zu besseren sozialen Kontakten. Um tatsächlich positive Effekte zu erzielen, müsse Schule vielmehr als attraktiver Lebensraum gestaltet werden. Nur so ließen sich Lernleistungen und soziales Miteinander nachhaltig fördern, betont Scheiter. Besonders wichtig sei es zudem, die Schüler aktiv in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Einseitige Verbote könnten gerade dann schädlich sein, wenn Jugendliche ohnehin das Gefühl haben, übergangen zu werden. Darüber hinaus weist Scheiter darauf hin: „Ein Handyverbot in der Schule verändert nicht automatisch das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit.“

Auch zahlreiche Organisationen im Bildungsbereich sprechen sich gegen pauschale Handyverbote aus. In einem offenen Brief heißt es: „Wir brauchen pädagogisch begleitete Erfahrungsräume statt reflexartiger Verbote.“ Solche Verbote würden weder die Medienkompetenz fördern, noch das Problem lösen – vielmehr verlagere es sich ins Private. Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem vom Bundeselternrat, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur und dem Deutschen Kinderhilfswerk.

Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, übt scharfe Kritik an pauschalen Handyverboten: Sie entmündigten Kinder und Jugendliche und stünden im deutlichen Widerspruch zu ihrem in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Recht auf digitale Teilhabe sowie zur Chance, Medienkompetenz zu entwickeln.

Auch die Bundesschülerkonferenz lehnt ein generelles Smartphone-Verbot ab. Stattdessen fordert sie eine gezielte und aktive Förderung von Medienkompetenz an Schulen. Hinzu kommt, dass Plattformen wie TikTok und Instagram von Jugendlichen sehr häufig zur Informationsgewinnung genutzt werden.


Verbote allein tragen weder zu einer sinnvollen Mediennutzung bei, noch vermitteln sie Kindern und Jugendlichen das Gefühl von Vertrauen oder der Zumutung eigener Verantwortung. Angesichts der Tatsache, dass Klassenräume – sofern ausreichend investiert wurde – zunehmend digital ausgestattet sind, sollte auch der Umgang mit digitalen Medien und Plattformen pädagogisch wie didaktisch fundiert vermittelt werden.

Close