Israel arbeitet im Levante, also in den Ländern des östlichen Mittelmeers, an einer dreistufigen Sicherheitsarchitektur. Zentrales Stichwort: „Entwaffnung“.
1. Palästina: Ziel ist es, Gaza unbewohnbar zu machen, den Siedlerterror und Enteignungen im Westjordanland auszubauen und Ostjerusalem schrittweise zu enteignen. Damit wird jede Grundlage für einen palästinensischen Staat zerstört.
2. Libanon: Mit massivem saudisch-amerikanischem Druck soll die Hisbollah entwaffnet und der Libanon unterworfen werden.
3. Syrien:
Die Ziele sind: 1. Eine entmilitarisierte Pufferzone von den Golanhöhen bis vor Damaskus. 2. Eine Armee ohne schwere Waffen, Luftabwehr oder Raketen, während der syrische Luftraum Israel offensteht. 3. Ein außenpolitisches Korsett, das jede Rückkehr von Iran, Hisbollah oder russischem Einfluss verhindert.
Dass Israel diesen Zielen näher kommt, hängt auch mit Ankaras Politik der letzten 14 Jahre zusammen. Die Türkei unterstützte den US-Plan zur Destabilisierung Syriens, rüstete oppositionelle Gruppen auf, öffnete Grenzen als Rückzugsräume und machte sich zur Transitroute für bewaffnete Kräfte. Auch spätere Kurswechsel konnten diese Strategiefehler nicht korrigieren.
Heute stehen sich zwei Syrien-Modelle gegenüber: jenes, das Ankara über Hayat Tahrir al-Scham (HTS) zu formen versucht, und jenes, das Israel anstrebt. Doch Israel betrachtet die Türkei inzwischen selbst als Bedrohung – ähnlich wie zuvor den Iran. HTS bleibt das „schwarze Loch“ der türkischen Syrienpolitik: ideologisch, gewaltorientiert, unfähig zu staatlicher Ordnung. Dennoch nutzen USA und Israel diese Konstellation, um ihre Interessen durchzusetzen.
Die USA drängen auf ein Syrien, das Frieden mit Israel schließt, den Abraham-Abkommen beitritt und in die US-geführte Nahostordnung integriert wird. Israel konzentriert sich auf ein Sicherheitsabkommen, das seine Dominanz im Levante absichert. Seit dem 7. Oktober verfolgt es unter dem Vorwand der Prävention eine Politik faktischer Zerstörung und Entvölkerung.
Im Raum steht die Frage: Soll Syrien zentralisiert wiederaufgebaut oder föderal zerteilt werden? US-Vertreter schwanken zwischen beiden Optionen. Israel setzt rote Linien: Dauerhafte türkische Militärbasen oder eine Ausweitung der Präsenz nach Süden gelten als unakzeptabel. Ankara wiederum versucht, die SDF in das syrische System zu integrieren, während es zugleich auf Zugeständnisse aus Washington hofft.
Doch die Kurzsichtigkeit der türkischen Führung liegt darin, geglaubt zu haben, diese Dynamik steuern zu können. Faktisch konnte sie weder in Gaza noch in Syrien Israels Vorstöße verhindern. Realistisch ist: Solange Ankara Teil der US-geführten Allianz bleibt, wird es Israel nicht entgegentreten können. Damit wächst die Unsicherheit in der Türkei, während Israel seine Machtstellung selbstbewusst ausbaut.

