Written by 14:00 DEUTSCH

Kultur nur noch für Anwaltskinder

Die Bundesregierung streicht den Kulturpass. Jugendliche können somit nicht mehr im Jahr nach ihrem 18. Geburtstag kostenlos kulturelle Angebote wahrnehmen. Die Kürzungswelle der Merz-Regierung geht also auch am Kulturbereich nicht vorbei und trifft erneut die Jugend. Die Schülerschaft ist empört und fordert eine Fortführung.

Lukas Ziegler

Ein paar mal ins Kino? Reicht dann auch!

Der von der Ampelregierung ins Leben gerufene Kulturpass hat es jungen Menschen, die in den Jahren 2024 und 2025 volljährig geworden sind, ermöglicht, jeweils ein Jahr lang kostenlos verschiedene kulturelle Angebote zu nutzen. Konkret bedeutete das 200(2024) bzw. 100(2025) Budget, die für Bücher, Museums-, Kino- oder Theaterbesuche oder Konzerte zur freien Verfügung standen. Somit konnten zumindest für kurze Zeit auch Jugendliche ohne reiches Elternhaus ein wenig kulturelle Luft schnuppern. Doch damit ist nun Schluss. Die Bundesregierung hat jüngst verkündet, man werde das Programm nicht weiter fortführen. Der zuständige Kulturstaatsminister Wolfram Weimar begründet das mit verfassungsrechtlichen Fragen und beruft sich dabei auf den Bundesrechnungshof. Dieser ist zu dem Schluss gekommen, der Bund dürfe das Projekt gar nicht weiter finanzieren, da Kultur Ländersache sei. Rechtsexperten widersprechen dieser Einschätzung und halten den Grund für vorgeschoben. Der Bundesrechnungshof liefert der Bundesregierung somit einen bürokratischen Vorwand, der ihr in ihrem aktuellen Kurs von Kürzungspolitik und Sozialabbau gerade recht kommt und die Möglichkeit bietet, sich aus der Verantwortung für ihre politischen Entscheidungen zu ziehen. Leidtragende sind dabei die Jugendlichen.

Kultur als soziale Teilhabe

Kultur bedeutet nämlich sehr viel mehr als nur ein kleines bisschen Spaß in der Freizeit junger Menschen. Sie ermöglicht es, sich nach den eigenen Interessen weiterzubilden und mit Gleichaltrigen zusammenzukommen und soziale Teilhabe. Der Kulturpass hat zumindest ein wenig dafür gesorgt, dass breitere Teile der Jugend Zugang zu diesen Dingen bekommen. Gerade in Zeiten, in denen bezahlbare Freizeitangebote immer weniger werden, brauchen junge Menschen Orte, an denen sie sich treffen, weiterbilden und kritische Perspektiven kennenlernen können.

Dementsprechend empört reagiert die Bundesschülerkammer auf das Ende des Projekts: „Es kann nicht sein, dass nur die Kinder von Ärzten und Anwälten ins Theater und ins Kino gehen können, lässt ihr Sprecher Quentin Gärtner verlauten und verweist auf die Rolle von Kultur für die Vermittlung demokratischer Werte. „Wenn Ihr wollt, dass wir Demokraten werden, dann fördert das bitte auch, appelliert Gärtner an die Politik und entlarvt damit eine Politik, die immer nur Ansprüche an junge Menschen stellt, ohne sie ausreichend zu fördern.

Kürzungen gegen die Jugend

Denn nicht nur der Zugang zu Kultur wird der Jugend in Zukunft schwerer gemacht, auch in anderen Bereichen legt die Bundesregierung die Kürzungshand an. Der jüngst verabschiedete Haushalt für das Jahr 2025 beinhaltet unter anderem eine Einsparung von knapp 150 Millionen Euro bei den Mitteln für das BAföG. Das entspricht einer Kürzung um 10% und das obwohl bereits jetzt viele Studierende, die darauf angewiesen sind, keine Chance auf eine Förderung haben oder trotz BAföG nicht über die Runden kommen. Für das Jahr 2026 ist dann eine Einsparung um weitere 250 Millionen Euro geplant, was die soziale Lage der Studierenden weiter verschärfen wird. Auch die Digitalisierung der Hochschulen sinkt um ein Drittel. Ebenfalls wurde das Budget für den Kinder- und Jugendplan gekürzt und soll im nächsten Jahr auch nur minimal ansteigen. Die Kosten in diesem Bereich steigen jedoch seit Jahren und Sozialverbände kritisieren, dass die Länder und freien Träger diese nicht mit den vorgesehenen Mitteln stemmen können.

Nicht nur die Jugend in Deutschland muss kürzer treten, die Kürzungen im Bundeshaushalt treffen auch Kinder und Jugendliche weltweit. Die massivste Kürzung im aktuellen Haushalt trifft die humanitäre Hilfe, das Budget dafür wird halbiert und um 1 Milliarde geringer ausfallen. Gleiches gilt für die Entwicklungshilfe, wo eine Kürzung um 1,2 Milliarden Euro zu Buche steht. Beide Bereiche spielen eine wichtige Rolle beim Schutz von Kindern und Jugendlichen. Auch das Zukunftsthema schlechthin, der Klima- und Umweltschutz, muss künftig mit deutlich weniger Geld auskommen. Die Kürzungspolitik, die von der Bundesregierung im neuen Haushalt gefahren wird, kennt also nur ein Motto: Sparen bei der Zukunft, sparen bei der Jugend.

Die Prioritäten liegen woanders

Wobei hingegen nicht gespart wird, ist erneut der Wehretat der Bundeswehr. Dieser steigt auf 60 Milliarden Euro und soll im nächsten Jahr auf über 80 Milliarden Euro ansteigen, was beinahe eine Verdopplung innerhalb von zwei Jahren bedeuten würde. Hinzu kommen noch die Mittel aus den von der Bundesregierung verabschiedeten Sondervermögen. Die schwarz-rote Koalition zeigt erneut, dass sie bereit ist, massive Sparmaßnahmen bei Jugend, Sozialem und Kultur durchzuführen, um die Aufrüstung voranzutreiben und ihr Großmachtstreben weiter die höchste Priorität hat.

Die Jugend wird im Stich gelassen!

Das Aus des Kulturpasses ist sinnbildlich für die aktuelle Politik gegen die Jugend. Auch weil er als eine Art „Entschädigung“ für den Verzicht gedacht war, den junge Menschen während der Corona-Pandemie erbracht haben, um die älteren Teile der Gesellschaft zu schützen. Passend dazu äußert sich der Sprecher der Bundesschülerkammer Quentin Gärtner empört über die Pläne von Kulturstaatsminister Weimar: „Wieder werden wir im Stich gelassen.“ In der Tat zieht es sich durch die Politik der letzten Jahre, dass die Kosten der Krisen immer wieder auf den Rücken der Jugend abgewälzt werden. Sei es bei Sparmaßnahmen in den Kommunen, die immer wieder Jugendzentren und günstiges Schulessen in Gefahr bringen oder der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dabei muss die Jugend nicht nur für Interessen herhalten, die nicht ihre sind, sondern das Ganze passiert auch noch über ihre Köpfe hinweg.

Eines wird immer deutlicher: Auch für die aktuelle Krise muss die Jugend wieder aufkommen. Auch dieses Mal handelt es sich um eine Krise, die nicht ihre ist, sondern die der Konzerne und ihrem Streben nach Profiten. Den Preis dafür zahlt die Jugend, ob mit der Wehrpflicht oder bei der Bildung und Kultur.

Close