Maike Reichartz
Wir erinnern uns an die Wahlkampfphrasen und die schallenden Drohungen von Politikern der jetzigen Regierungsparteien sowie der AfD und FDP, die in den letzten Jahren immer wieder vor der Einwanderung in die Sozialkassen warnten und Geflüchtete für die angeblich leeren Staatskassen verantwortlich machten. Für nichts sei Geld da, denn die Migration in Deutschland belaste die Sozialkassen zu sehr und im gleichen Atemzug begannen die ersten Debatten über Abschiebungen in angeblich sichere Herkunftsländer.
Doch die neu erschienene Studie des Ökonoms Martin Werding – Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung – im Auftrag des Mediendienstes Integration zur Frage der Kostenfaktoren von Migration für den deutschen Staat zeigt: Würden jedes Jahr 200.000 Menschen mehr zuwandern als bisher, könnte der Staat jährlich rund 104 Milliarden Euro sparen und damit Finanzierungslücken im Haushalt verkleinern. Oder kurz gesagt: Migration belastet eben nicht die Staatskassen, sondern entlastet sie sogar. Pro zugewanderter Person bedeutet das eine Entlastung von etwa 7.100 Euro im Jahr – und das dauerhaft.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, da sie die Bedeutung der Zuwanderung für den Arbeitsmarkt und die entsprechende Wirtschaftsleistung wie beispielsweise Einzahlungen in die Rentenkassen, Sozialversicherung und Steuerzahlungen miteinbezieht. Bisherige Studien wie die des Ökonomen Raffelhüschen aus dem Jahr 2024 kamen bisher immer zu einem gegenteiligen Ergebnis, da sie eben diese Faktoren nicht miteinbezogen, sondern sich ausschließlich auf die Betrachtung einzelner Migranten auf ein Jahr oder Lebenszeit isoliert reduzierten und dabei allgemeine Staatsausgaben auf einzelne Personen umlegten.
Die neueStudie von Werding widerlegt damit der ständig propagierten Erzählung von AfD, CDU und Co., dass Migration „unsere Sozialkassen“ leeren würde. Auch, wenn der Zweck der Erzählung allgemein länger bekannt ist, nämlich um Migranten und Geflüchtete zu den Sündenböcken der sozialen Probleme zu machen und die Menschen zu spalten, wird ihrer Erzählung und den angeblichen Zahlen aus ihren Quellen mit der neuen Studie der Argumentationsspielraum entrissen und ihre Politik wird damit offen gelegt. Während hunderte Milliarden für Panzer, Waffen und Werbung für die Bundeswehr an Schulen, aber auch für Subventionen für Großkonzerne, wie VW, zum Fenster rausgeworfen werden, kürzen sie bei den Sozialleistungen, Sprachkursen, an den Schulen und Hochschulen und an der Gesundheit. Und wenn die Menschen fragen, wo das Geld hingeht, zeigen sie auf ihre selbsternannten und selbstgemachten Sündenböcke. Aber wie die Studie zeigt, es sind eben nicht Migranten und Geflüchtete, die die Staatskassen belasten und angeblich das „Sozialsystem“ zum Einsturz bringen, sondern eine Politik, die den Interessen der Konzerne dient.