Eren Gültekin
Unter dem Motto United for Gaza wurde bereits vor Wochen zu einer Demonstration aufgerufen. Die Auftaktkundgebung begann offiziell um 15 Uhr auf dem Platz der Republik vor dem Bundestag, doch bis etwa 17:30 Uhr strömten weiterhin Menschen in großer Zahl auf den Platz – ein deutliches Zeichen dafür, dass an diesem Tag ein außergewöhnlich großer Protest stattfinden würde.
Die Route führte vom Platz der Republik über den Friedrichstadtpalast, entlang der Friedrichstraße bis hin zum Potsdamer Platz. Es war ganz klar die größte palästinasolidarische Demonstration in Deutschland der letzten Monate. Eine genaue Teilnehmerzahl ist schwer zu benennen – fest steht aber: Es waren mehrere zehntausend Menschen auf den Straßen.
Nur ein Bruchteil der Teilnehmenden konnte die Redebeiträge und die Live-Musik verfolgen, da die Demonstration in ihrer vollen Länge nicht beschallt werden konnte. Dennoch war allen klar, wie wichtig es war, an diesem Tag präsent zu sein – in dieser Größenordnung war das bisher in Deutschland nicht möglich gewesen.
In den Redebeiträgen wurde auf die verstärkte antimuslimische Stimmung seit dem 7. Oktober hingewiesen, ebenso auf den Generalverdacht gegenüber migrantisch aussehenden Menschen, auf die Unterdrückung palästinasolidarischer Aktionen und auf die katastrophale Lage im Gazastreifen.
„Hoch die internationale Solidarität“ – dieser Ruf hallte immer wieder durch die Menge. Die Demonstrierenden brachten zahlreiche selbstgebastelte Schilder und Transparente mit, auf denen klare politische Botschaften zu lesen waren: „Stoppt das Morden“, „Keine Waffenlieferungen“ oder „Stoppt den Genozid“. Auch auf die aktuelle Aussage von CDU-Politiker Friedrich Merz, Israel übernehme die „Drecksarbeit“, reagierten Demonstrierende mit deutlichen Botschaften. So hielt ein Teilnehmer ein Schild mit der Aufschrift: „Wir sind gegen jede Drecksarbeit.“
In einigen Abschnitten der Demonstration versuchten Provokateure mit israelischen Flaggen die Stimmung zu stören. Doch die Atmosphäre blieb laut, stark und positiv – sie ließen sich davon nicht beeindrucken.
Was vielen ins Auge fiel: der große Anteil junger Polizistinnen und Polizisten mit Migrationsgeschichte. Ihren Gesichtern war oft anzusehen, wie unwohl sie sich in dieser Rolle fühlten – jetzt als uniformierte Vertreter des Staatsauftrags dazustehen, während sie gegenüber Jugendlichen positioniert wurden, mit denen sie einst gemeinsam aufgewachsen waren. Viele von ihnen kannten sich noch aus Schulzeiten oder vom Fußballverein – damals als Kinder und Jugendliche Seite an Seite, heute durch Staatsbefehl auf unterschiedlichen Seiten.
Gegen Ende der Demonstration am Potsdamer Platz kam es erneut zu Provokationen durch eine kleine Gruppe, die mit israelischen Flaggen die Menge aufwühlte. Die Polizei begleitete diese unter Schutz. Im weiteren Verlauf kam es zu vereinzelten Festnahmen. Journalistinnen, Demonstrierende sowie parlamentarische Beobachterinnen und Beobachter der Linkspartei wurden von Polizeikräften geschubst und bedrängt. Die Demonstrationsleitung kündigte an, dass sie die Demo zwar nicht freiwillig beenden wolle, aber durch das Vorgehen der Polizei dazu gezwungen werde. Der Hauptlautsprecher wurde daraufhin abgeschaltet.