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USA – Härteste Phase staatlicher Repression seit Jahrzehnten

Donald Trump hatte sich während seiner Wahlkämpfe und ersten Amtszeit stets als Verteidiger des ersten Verfassungszusatzes inszeniert. Doch gerade unter seiner Regierung steht das Recht auf freie Meinungsäußerung unter massivem Druck – so stark wie seit der Nixon-Ära nicht mehr, warnen Expertinnen und Experten.

Dilan Baran

Während der Präsidentschaft Joe Bidens gehörte es zum Kern der MAGA-Bewegung („Make America Great Again), die „woke left“ sowie das Justizministerium zu beschuldigen, eine angebliche Krise der Meinungsfreiheit heraufzubeschwören. Republikanische Stimmen klagten, man könne „nichts mehr sagen“, ohne als Extremist gebrandmarkt oder gar verfolgt zu werden. Zugleich verharmlosten Teile des Lagers den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 – bei dem ein Polizist ums Leben kam – als friedlichen Protest und warfen den Demokraten kommunistische Umtriebe vor. Mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus versprach Trump „Vergeltung“ gegen politische Gegner. Und man muss feststellen: Er hält Wort – in einer Weise, die die Grundrechte gefährlich aushöhlt.

Repression und Doppelmoral

Katherine Jacobsen vom Komitee zum Schutz von Journalisten betont, dass Meinungsfreiheit voraussetzt, auch unbequeme Positionen zu tolerieren. Unter Trump jedoch herrsche eine „selektive Auswahl“: Kritik an der Regierung führt häufig zu harten Konsequenzen. Beispiele reichen von der Festnahme eines Studenten, der friedlich gegen den Krieg im Gazastreifen demonstrierte, über den Entzug von Visa für ausländische Aktivisten bis hin zu Maßnahmen gegen renommierte Universitäten wie Harvard. Gleichzeitig wurden Schutzregelungen für journalistische Quellen wieder aufgehoben und Gelder für Programme zu Diversität und Inklusion gekürzt.

Ed Ongweso Jr., Forscher bei Security in Context, verweist auf die offenkundige Doppelmoral: „Jahrelang beklagten Eliten angebliche Einschränkungen konservativer Stimmen an Universitäten – jetzt schweigen sie, während linke Studentenproteste massiv unterdrückt werden.“

Militär gegen Demonstranten

Besondere Empörung löste jüngst Trumps Entscheidung aus, tausende Soldaten der Nationalgarde und der Marines nach Los Angeles zu entsenden. Offiziell hieß es, Proteste gegen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE seien außer Kontrolle geraten. Die Polizei von Los Angeles selbst sprach hingegen von weitgehend friedlichen Demonstrationen.

Ironischerweise hatte Trump zu Beginn seiner zweiten Amtszeit eine Verordnung zur „Wiederherstellung“ der Meinungsfreiheit erlassen. Sein Handeln aber zeigt, dass er den Einsatz des Militärs gegen Proteste seit jeher befürwortet – schon 2020 forderte er bei den George-Floyd-Protesten ein hartes Vorgehen und soll laut Berichten sogar gefordert haben, Demonstranten „einfach zu erschießen“.

Angriff auf Institutionen

Neben direkter Gewaltanwendung gerät auch die Zivilgesellschaft ins Visier. Anwaltskanzleien, die Fälle gegen die Regierung vertreten, werden öffentlich unter Druck gesetzt. Universitäten sehen sich politischen Angriffen und finanziellen Sanktionen ausgesetzt.

Gleichzeitig setzen führende Republikaner demonstrativ nationale Symbole gegen missliebige Proteste ein. So kritisierte Kongressabgeordneter Jim Jordan Demonstranten, die mexikanische Flaggen zeigten – nur um selbst in Erklärungsnot zu geraten, da vor seinem Büro die Flagge Israels hängt. Kritiker verweisen zudem auf die Doppelmoral: Beim Kapitolsturm trugen Trump-Anhänger ungehindert Fahnen der „Konföderation“.

Die Kluft zwischen Rhetorik und Realität könnte kaum größer sein. Während Trump Meinungsfreiheit als Kernversprechen propagiert, erleben Kritiker, Aktivisten und Journalistinnen in den USA derzeit eine der härtesten Phasen staatlicher Repression seit Jahrzehnten.

Im jüngsten Fall der Late-Night-Show von Jimmy Kimmel, sorgte die kurzfristige Absetzung für erheblichen Aufruhr – nicht nur bei liberalen Kreisen, sondern auch unter konservativen und rechtslibertären Kommentatoren. Für zahlreiche Amerikaner – und auch internationale Beobachter – war dieser Vorfall ein eindringliches Beispiel dafür, wie stark autoritäre Tendenzen das politische und gesellschaftliche Klima in den Vereinigten Staaten mittlerweile prägen.

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