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Wie können wir den Frieden gewinnen?

Tilda Schenker

Am 12. Oktober fand die erste Frankfurter Friedenskonferenz unter dem Motto „Kriegstüchtigkeit und wie der Kampf um Frieden aussehen muss“ mit über 200 Teilnehmern statt. Gemeinsam diskutierten die Teilnehmenden über die weltweite Aufrüstung, die neuen Entwicklungen der Konflikte auf der Welt und die Rolle der Friedensbewegung hier in Deutschland.

WIR TRAGEN DIE VOLLE LAST DER KRIEGSPOLITIK

„Die herrschende Politik in diesem Land hat die Zeitenwende ausgerufen. Sie betreiben eine beispiellose militärische Aufrüstung. Deutschland soll nach 80 Jahren nach dem Ende des Zweite Weltkriegs wieder kriegstüchtig werden.“ Mit diesen Worten eröffnete Özgün Önal, Vorstandsmitglied der DIDF Frankfurt, die Konferenz und begrüßte die Teilnehmer. „Aufrüstung, steigende Lebenshaltungskosten, erschwerte Arbeitsbedingungen und Existenzängste, die Einschränkung demokratischer Rechte, die steigende Repression im Innern und Migration“ hob sie als weitere Auswirkungen der aktuellen Weltlage hervor. Önal betonte, dass gerade in der aktuellen Lage der Einsatz für Frieden besonders wichtig ist. Die Konferenz solle eine Plattform bieten, um die Weltlage gemeinsam zu analysieren und den Kampf für Frieden zu stärken.

DIE NEUAUFTEILUNG DER WELT – WAS BEDEUTET DAS FÜR DEN NAHEN OSTEN?

Nach den einleitenden Worten begann der Vortrag von Yusuf Karadaş, Journalist der Tageszeitung Evrensel, zur „Neuaufteilung der Welt und ihre Auswirkungen im Nahen Osten – Was bedeutet Trumps 20-Punkte-Plan?“.

„Wir befinden uns in einer Zeit, in der der Kampf um Aufteilung und die Konkurrenz zwischen den imperialistischen Mächten immer stärker zunehmen“ leitete er in seinen Vortrag ein. Karadaş erklärte die strategische Bedeutung des Nahen Ostens für die Neuaufteilung der Welt unter den Großmächten und ihrem Kampf um die Vormachtstellung in der Region. Er hob hervor, wie der Nahe Osten bereits seit dem Zerfall der Sowjetunion einen zentralen Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen des US-Imperialismus für seine eigenen Interessen gegen die regionalen Kräfte darstelle und beschrieb die Rolle Israels als wichtigster Unterstützer der westlichen Kräfte zur Sicherung dieser Interessen.

In seinem Vortrag legte er die Verbindungen zwischen dem Ukrainekrieg und dem Genozid in Gaza im Rahmen der „Neugestaltung“ des Nahen Ostens dar. Die Verlängerung des Krieges in der Ukraine durch die EU stelle eine Schwächung Russlands im Nahen Osten dar. Auch Trumps 20-Punkte-Plan für Frieden in Palästina sei nicht im Interesse der Völker in der Region. Stattdessen nutzt die USA diesen vermeidlichen Friedensplan, um ihre eigenen Interessen in Gaza unter dem Deckmantel der Wahrung von Demokratie und Frieden knallhart durchzusetzen.

Am Ende machte Karadaş noch einmal deutlich, dass die Verschärfung der internationalen Konkurrenz zwischen den Großmächten zwar in vielen politischen Analysen als ein Moment der Unsicherheit aufgegriffen wird – jedoch zeigen die Herrschenden deutlich, wohin sie uns führen wollen: Aufrüstung, Krieg und Unterdrückung.

Vielmehr sei die Frage, ob die Arbeiterklasse und die Völker der Welt diesen Weg durch gemeinsame Kämpfe und Solidarität verhindern können. „Das Bild mag düster erscheinen, doch dort, wo es Widerstand gibt, gibt es auch Hoffnung“, so Karadaş.

SIND WIR ALLE VERLOREN?

Kurz darauf folgte das Podium unter der Frage „Kriegstüchtigkeit und wie der Kampf um Frieden aussehen muss“ mit Gazi Ateş (Journalist), Özlem Alev Demirel (MdEP, die LINKE), Ulrike Eifler (Gewerkschafterin) und Willi van Ooyen (Friedensaktivist).

Gazi Ateş betonte die Notwendigkeit, die aktuellen Kriege nicht von der Geschichte losgelöst zu betrachten, sondern sie in die historischen Auseinandersetzungen der imperialistischen Großmächte einzubetten. Schließlich gab es historische Knotenpunkte, beispielsweise die große Wirtschaftskrise in den 70er Jahren, welche einerseits die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit, aber auch zwischen den Staaten hervorbrachte. Heute beobachten wir eine Zuspitzung der internationalen Kriege und die Verschärfung des Kampfes der imperialistischen Staaten um Absatzmärkte, Rohstoffe und Handelsrouten. Er betonte außerdem, dass sich die Strategie Deutschlands in dieser Verschärfung ebenfalls verändert hat, denn neue Absatzmärkte lassen sich nicht mehr allein über internationale Handelsabkommen abschließen.

Ulrike Eifler hob hervor, dass die Stimmung der Arbeitenden in den Betrieben unsicher sei und die Angst vor dem Sozialabbau auf die Kollegen einwirkte. Genau diese Angst und Verunsicherung treibt die Kollegen regelrecht in die Arme von Rechten Kräften und Nationalisten. Sie betonte, dass wir in den Auseinandersetzungen im Betrieb und den Kämpfen der Arbeiter die Soziale Frage wieder stärker mit der Friedensfrage verbinden müssen, um eine breite Friedensbewegung zu schaffen. Außerdem habe die Umstellung auf Kriegswirtschaft katastrophale Folgen für uns alle, denn „Rüstung hat keinen Mehrwert für die Gesellschaft. Das ist totes Geld“, betonte sie und appellierte an die Teilnehmer, die Friedensfrage wieder stärker in die Gewerkschaften zu tragen und die Arbeitskämpfe mit dem Kampf für Frieden zu verbinden.

Willi van Ooyen knüpfte an die Worte Eiflers an und hob hervor, dass sich die Friedensbewegung nun an einem anderen Punkt befindet als in den frühen 80er-Jahren. Er berichtete von unterschiedlichen Aktionen und Protesten, wie den bundesweiten Friedensprotesten am 3. Oktober mit 35.000 Teilnehmern und ging noch einmal auf die Herausforderungen der Friedensbewegung beim Genozid in Gaza ein. Er betonte, dass es nun darum ginge, die neue Bewegung, welche sich vor allem um die Proteste gegen den Genozid formierte, und die sogenannte klassische Friedensbewegung miteinander zu verbinden, aber auch sie in die sozialen Kämpfe einzubinden.

Özlem Alev Demirel stellte zu Beginn die Rolle der Jugend in dem Kampf für Frieden heraus, da viele Jugendliche die wachsende Unsicherheit in sich spüren und mit Zukunftsängsten konfrontiert sind. Sie hob hervor, dass die Kämpfe der Jugend eben gegen diese Zukunftsängste mit der Friedensbewegung verbunden werden müssen. Sie wies auch darauf hin, wie offen die deutsche Regierung ihre Interessen durch die Europäische Union durchsetze, was sich auch durch die massive Aufrüstung der EU kennzeichne und durch die Versuche, den Krieg in der Ukraine zu verlängern – obwohl der US-Imperialismus das verhindern wolle. Sie verdeutlichte damit noch einmal, dass Deutschland kein Vasall der USA sei, sondern als imperialistischer Akteur agiere. Zuletzt schlug sie noch einmal die Brücke zwischen Nationalismus und Aufrüstung und machte deutlich, dass beides nicht voneinander losgelöst ist. „Militarisierung wird immer den Nationalismus stärken“, hob sie hervor und appellierte an die Teilnehmer, dass es bei Krieg und Frieden nicht um die Macht des Stärkeren geht, sondern darum, wer für die Interessen der Großmächte sein Leben lässt.

Die Kämpfe verbinden

Die Konferenz zeigte deutlich, wie wichtig die dort getroffenen Analysen und Diskussionen über unterschiedliche Standpunkte für die weiteren Schritte der Friedensbewegung sind. Sie konnte einen Beitrag dazu leisten, Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzubringen und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie die Kämpfe miteinander verbunden werden können. Nun ist es an der Zeit, das in die Hand zu nehmen.

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