Lara Werner
An immer mehr Schulen fällt der Schwimmunterricht aus. Zu teuer, zu wenig Personal, zu aufwendig. Die Folgen dieser Entscheidung sind leider tödlich. Bis zum 31. Juli 2025 sind bereits 236 Menschen in Deutschland ertrunken, darunter vor allem Kinder und Jugendliche. Und das alles bevor die Badesaison erst richtig los ging. Davon kann leider wirklich niemand überrascht sein. Wenn es nicht mehr vom deutschen Bildungssystem vorgesehen ist, dass Kinder flächendeckend schwimmen lernen, wenn Familien gezwungen werden, extern teure Schwimmstunden alleine zu stemmen (im Schnitt ca. 150€ pro Kind), ist das kein Zufall, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen.
Was sich fast überall zeigt, ist ein Symptom einer viel tiefer liegenden Krankheit: dem systematischen Totsparen der Bildung und in Schulen. Während Milliarden in Aufrüstung gepumpt werden, verrotten Klassenzimmer, bröckeln Wände und brennen Lehrkräfte aus. Förder- und Integrationsangebote werden gestrichen, Sozialprojekte eingestellt und der politische Wille, daran etwas zu ändern, scheint mit jeder Haushaltsdebatte weiter zu verdampfen.
Besonders bitter ist das beim Thema „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Was einst als bundesweites Signal gegen Diskriminierung gedacht war, verkommt vielerorts zum leeren Label. Schulen müssen keinerlei Nachweis erbringen, um sich mit diesem Slogan brüsten zu dürfen. Es ist eine Alibi-Maßnahme. Gleichzeitig berichten 70 % der Schüler:innen schon mal Rassismus oder Diskriminierung in der Schule erlebt zu haben. Sowohl untereinander, als auch durch den Lehrkörper. Und wenn Lehrkräfte tatsächlich an ihren Schulen für mehr Solidarität und Zusammenhalt sorgen wollen, ist das eine kraft- und zeitraubende Einzelverantwortung, bei der obendrauf noch jegliche finanzielle Unterstützung für die Umsetzung von Projekten fehlt. Der Staat applaudiert für Engagement und spart sich die eigene Verantwortung.
Auch im sozialen Bereich sieht es düster aus. Schulsozialarbeit, Gewaltprävention, psychologische Betreuung: all das sind die ersten Posten, die wegfallen. Vor allem, wenn die Regierungskoalition von einem sogenannten „Herbst der Reformen“ spricht. Dabei sind das die Angebote, die vor allem Kinder und Jugendliche aus prekären Verhältnissen auffangen sollen. Hier wird an der Zukunft einer ganzen Generation gespart.
Die Einsparungen sind keine abstrakten Zahlen in einem Haushaltspapier. Sie zeigen sich in jeder Pause, in jedem Klassenzimmer, auf jedem Schulhof. Wenn Turnhallen wegen Schimmel gesperrt werden. Wenn essenzieller Förderunterricht ausfällt, weil eine Lehrkraft krank ist und keine Vertretung kommt, weil die Stellen sowieso unterbesetzt sind. Wenn Kinder aus ärmeren Familien keinen Zugang mehr zu Musik- oder Sportkursen haben, weil alles über externe Träger läuft, die meistunterfinanziert sind. Beispielsweise wird das Bundesprogramm ,,Respect Coach” 2025 eingestellt, wodurch ca. 400 Schulsozialarbeiter:innen ihre Stelle verlieren werden.
Das alles sind keine Einzelfälle. Es ist ein Trend. Ein politisches Muster. Die fehlende Bereitschaft, in Schule zu investieren, wird zur Bildungsbremse und während die Wirtschaft über „Fachkräftemangel“ klagt, wird an der Wurzel gesägt: an der Bildung der kommenden Generation.
Der gestrichene Schwimmunterricht ist ein Symbol: Kinder gehen buchstäblich unter, weil der Staat sie im Stich lässt.
Wer Schulen verfallen lässt, spart nicht – er zerstört die Zukunft. Der Appell ist klar: Es ist höchste Zeit, dass gehandelt wird, bevor noch mehr Kinder im Schwimmbad ertrinken, bevor noch mehr Jugendliche die Schule ohne Perspektive verlassen und bevor die Gesellschaft unter dem Druck von Bildungsarmut und Ausgrenzung zerbricht.

