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100 Jahre Internationaler Frauentag

Sidar Demirdögen *
Auf Initiative von Clara Zetkin im Jahre 1910 beschloss die II. Internationale Sozialistische Frauenkonferenz die Einführung eines jährlichen „Internationalen Frauentages“. Der erste internationale Frauentag wurde im darauffolgenden Jahr, 1911, in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA mit massenhaften Demonstrationen begangen. Millionen von Frauen demonstrierten für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, kürzere Arbeitszeiten, gegen unzumutbare Wohn- und Lebensbedingungen und für das aktive und passive Wahlrecht. Der Internationale Frauentag symbolisiert den unermüdlichen Einsatz von Frauen in ihrem Kampf für ihre rechtliche, politische, soziale und ökonomische Gleichstellung. Gestern wie heute. Denn auch im 100sten Jahr des Internationalen Frauentags bleibt die Forderung nach Gleichstellung von Frauen und Migrantinnen aktuell.

Von der Vergangenheit….
Am 8. März 1857 waren Textilarbeiterinnen in New York in einen Streik getreten. Sie waren für eine Senkung der täglichen Arbeitszeit von 16 Stunden auf 10 Stunden und für höhere Löhne auf die Straße gegangen. Am 8. März 1908 traten 129 Arbeiterinnen im Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zusammen mit anderen Arbeiterinnen ihrer Textilfabrik Cotton in New York in den Streik.
… zur Gegenwart
Die Frauenbewegung zu Beginn der 1970`er Jahre konnte viele Rechte erkämpfen. Frauenrechtlerinnen kämpften stets für die ökonomische Selbständigkeit und Selbstbestimmung von Frauen. Es war kein einfacher Weg. Oder kann sich noch jemand an diese Tatsachen erinnern: Die Vernachlässigung der weiblichen Haushaltspflicht war bis vor 30 Jahren ein ausreichender Scheidungsgrund (!), Arbeitsverträge von Frauen erhielten nur per Unterschrift ihrer Ehemänner ihre Gültigkeit. Gleichzeitig hatten Ehemänner das Recht, Arbeitsverträge ihrer Ehefrauen zu kündigen. Diese mittelalterliche Rechtslage hat die deutsche Frauenbewegung schließlich in den 70`er Jahren aufbrechen können. Ein wichtiger Sieg. Frauenarbeit ist heute zwar eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit. Dennoch, es gibt weiterhin unzählige Formen ihrer Benachteiligung. Frauen verdienen bis 23 Prozent weniger Lohn als Männer. Ihre Arbeitsbedingungen sind prekär: Frauen gehören zu den Geringverdienenden, sie stellen den Großteil der Minijobber und Teilzeitkräfte dar. Mit der Einführung der Hartz-Gesetze wurde ihre Verarmung schließlich massiv vorangetrieben.

Lohngleichheit – ohne wenn und aber!
Die Frage, an der sich nach wie vor alle Probleme der mangelnden Gleichstellung von Frauen und Männern wie im Brennglas zeigen, ist die der Erwerbstätigkeit von Frauen. Obwohl Kinder unumstritten Mütter und Väter haben, wird die Verantwortung für die Versorgung der Kinder und die Frage, wie diese mit einer Erwerbstätigkeit vereinbart werden kann, immer noch allein den Frauen zugeschoben. Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie ist nur für die Reichen möglich. Von Wahlfreiheit kann für die Mehrheit der Frauen (und Männer) nicht die Rede sein, wenn die materiellen Voraussetzungen und Möglichkeiten (Lohn, Arbeitszeit, Kindergartenplatz etc.) nicht gegeben sind. Frauen und vor allem Migrantinnen sind Geringverdiener, Teilzeitkräfte, Leiharbeiter und Minijobber. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, die Abschaffung der Minijobs und die Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufs- und Bildungsabschlüssen sind so auch aus frauen- und integrationspolitischer Sicht elementare Forderungen.
Politische Mitbestimmung: Wir entscheiden mit
Die zentrale Forderung, mit denen Frauen im Jahr 1911 am Internationalen Frauentag auf die Straßen gingen, war das Stimmrecht. Politische Mitbestimmung ist Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern insgesamt. Migrantinnen aus Nicht-EU Ländern werden heute noch vom Wahlrecht ausgeschlossen, obwohl sie schon längst zu einem festen Bestandteil dieser Gesellschaft geworden sind. Gleichstellung bedeutet politische Mitbestimmung. Das aktive und passive Wahlrecht muss endlich eingeführt werden!

Migrantinnen und Gleichstellung
Der Bundesverband der Migrantinnen ist ein Zusammenschluss von türkeistämmigen Frauen. Wir sind Frauen, die hier vor Jahren den Eltern nach Deutschland folgten, hier geboren wurden, aus politischen Gründen flüchteten und hier nach Schutz suchten oder über den Ehegattennachzug nach Deutschland kamen. Jede von uns hat ihre eigene Migrationsbiographie. Was uns verbindet, ist das Verständnis, dass wir ein Teil dieser Gesellschaft sind und uns für die Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen einsetzten.
Ziel und Zweck des Verbands ist die Förderung und Stärkung der sozialen und politischen Integration und Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund, besonders von Migrantinnen. Dies schlägt sich in den Lebensbereichen wie Bildung, Ausbildung, Arbeit und Beruf, Soziales, Kultur, Recht und Politik nieder. Daraus resultiert die inhaltliche Konzentration der Verbandstätigkeit auf das Themen- und Handlungsfeld „Arbeit und Beschäftigung von Frauen“, das durch enge Kooperation und Konsultation mit Gewerkschaften (IG Metall, ver.di, IG Bau, NGG) begleitet wird. Konkrete Ergebnisse der gewerkschaftlichen Bündnisarbeit sind zum Beispiel eine gemeinsame Mindestlohnkampagne mit der NGG und ver.di in 2008 und Konsultationen mit der IG Bau über die Arbeitsbedingungen von Frauen in der Gebäudereinigung. Integration bedeutet aus Sicht des Verbands u.a. auch, sich gegen eine Politik einzusetzen, die sich auf das neoliberale Herrschaftsverständnis stützt. Die Bekämpfung von Rechtsradikalismus und Faschismus verbindet der Verband mit dem gemeinsamen Einsatz von Deutschen und Migrantinnen und Migranten für soziale Gerechtigkeit und rechtliche Gleichstellung.
Selbst aktiv werden, das Leben selbst formulieren, Probleme erkennen und gemeinsame Ziele setzen – mit dieser Perspektive gilt im 100sten Jahr des Internationalen Frauentags aktiv zu werden. Als Frau im Allgemeinen – als Migrantin im Konkreten.

Für die Rechte der Frauen
Die Geschichte von Menschen, die sich für ein besseres, menschenwürdiges Leben eingesetzt haben, ist gleichzeitig die Geschichte der Frauen. Kein anderer Tag, als der 8. März, symbolisiert das Streben und das Handeln der Frauen für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen. In einer Welt, in der Kriege toben, Millionen von Menschen in Armut leben und Diskriminierungen gegen Frauen weiterhin bestehen, ist gerade mehr denn je wichtig, auf Grundlage gemeinsamer Forderungen zusammen zu kommen und dafür einzustehen.
* Vorsitzende des Bundesverbandes der Migrantinnen in Deutschland

Veranstaltungen

Köln, 13. März 2011, Sonntag
Beginn: 14.00 Uhr
Ort:  Ehrenfeld, Venloer Str. 429, 50825 Köln
Programm: Gruppe Rastlanti, Yasemen – Gülistan – Xezal – Filiz – Gülbaher, Frauenchor AABF u.a.
Veranstalter: DID e.V. Frauengruppe
Unterstützer: BüZe, Bundesverband der Migrantinnen, verdi, https://www.migrantinnen.net/wp-content/uploads/2011/02/8martkadinlargn1.pdf

Mannheim, 12.März 2011, Samstag
Beginn: 19.00 Uhr
Ort: Jugend Kulturzentrum Forum, Neckarpromenade 46, 68167 Mannheim
Programm: Flamenco, Margret Steger, Barbara Caroli-Buch (verdi), Sidar Demirdögen (BV der Migrantinnen), Alyuvar Musik Gruppe u.a.
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Mannheim
Unterstützer: Bezirksfrauenrat verdi Rhein-Neckar, Stadt Mannheim Kulturamt u.a.

Krefeld, 12. März 2011, Samstag
Beginn: 17.30 Uhr
Ort: Fabrik Heeder, Virchowstr.130, Krefeld
Programm: DIDF C?ınar Chor, Ozan Derviş, DJ Mu?zik, Redebeiträge u.a.
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Krefeld

Bochum, 6. März 2011, Sonntag
Beginn: 14.00 Uhr
Ort: Bahnhof Kulturzentrum, Wallbaumweg 108, 44892 Bochum Langendreer
Programm: Frauenchor (Internationaler Kulturverein), Musikgruppe „Yasemen-Gülistan-Deniz“, Gedichte, Özlem Alev Demirel (MdL NRW), Helga Büttingheimer (verdi), Sevim Kaplan (BV der Migrantinnen, Bochum)
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Bochum
https://www.migrantinnen.net/?p=356 – more-356

Dortmund, 12. März, Samstag
Beginn: 18.00 Uhr
Ort: Auslandsgesellschaft, Steiner Str. 48, Dortmund
Programm: Podium: „Geschichte der Frauenbewegung. Gemeinsame Herausforderungen an die Zukunft“ mit:
Pelin Şener (BV der Migrantinnen), Sema Tihirs (BR), Ute Cüceoglu,
Gemeinsame Herausforderungen
an die Zukunft, anschließend Musikprogramm mit „Yasemen-Gülistan-Deniz“
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Dortmund

Nürnberg, 13. März 2011, Sonntag
Ort: Villa Leon, Philipp-Körber-Weg 1, 90439 Nürnberg
Programm:
Podiumsdiskussion 13.00 Uhr
Frauenbewegung – gestern und heute, mit:
Petra Fichtner (ver.di Gewerkschaftssekretärin / Bezirksfrauensekretärin)
Sidar Demirdöğen (Vorsitzende Bundesverband der Migrantinnen)
Kulturprogramm 15.00 Uhr
Munuce, Hazal, Simge, Folklore Freundschafts- und Solidaritätsverein Nürnberg u.a.
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Nürnberg

Geislingen, 5. März 2011, Samstag
Beginn: 17.00 Uhr
Programm: Theatergruppe, Gruppe Nudem/Yeni Zaman u.a.
Veranstalter: Bundesverband der Migrantinnen – Frauengruppe Geislingen

Ulm, 6. März 2011, Sonntag
Beginn: 15.00 Uhr
Ort: Club Orange, (VH Ulm), Kornhausplatz 5, Ulm
Programm „Podiumsdiskussion: 100 Jahre Int. Frauentag – 50 Jahre Migration und Frauen“, mit: Sevgi Aslanboga (BV der Migrantinnen), Christine Grunert (Integrationsbeauftragte Stadt Ulm), Ayse Bozgülücü (Busfahrerin), Nuran Cok (Studentin)
Veranstalter: Freundschafts- Kultur und Jugend e.V. Ulm

Stuttgart, 5. März 2011, Samstag

Beginn: 18.00 Uhr
Ort: Altes Feuerwehrhaus, Möhringerstr.56, Stuttgart
Programm: Sevgi Aslanboga (BV der Migrantinnen), Sevim Dagdelen (MdB DIE LINKE), Mannheim DIDF Musikgruppe u.a.
Veranstalter: Freundschafts- und Solidaritätsverein Stuttgart

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