Written by 14:00 HABERLER

Akademikerwahn in Deutschland

 

 

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Die Universitäten und Fachhochschulen haben den Start für das Wintersemester gegeben. Bisher waren 2,5 Millionen Studierende an den Universitäten eingeschrieben und nun kommen fast 500.000 Studienanfänger dazu. Doch die Zahl berechnete die Kultusministerkonferenz für 2013 und das nur für einige Bundesländer. Das sei ein Rekord für die Bundesrepublik.

Für ein Land wie Deutschland, das viele Bildungsverlierer hat, ist dieser Höchststand, laut Bildungspolitiker, ein Erfolg. Doch Ökonomen sehen bei diesem Ansturm auf die Hochschulen eine Gefahr für das duale Ausbildungssystem. „Ich halte den Anstieg für bedenklich. Lange galt die akademische Ausbildung als Nonplusultra, doch die Realität hat uns etwas anderes gelehrt“, sagt Hilmar Schneider, Generaldirektor des luxemburgischen Forschungsinstituts Ceps/Instead. Und Stefan Sell, Arbeitsmarktforscher an der Hochschule Koblenz, prognostiziert „schwere Schäden an der Ausbildungsqualität“, sollte der Anteil der Studienanfänger an einem Jahrgang weiter wachsen.

Von 2005 bis 2011 sei der Studierendenanteil nach Angaben der Industriestaatenorganisation OECD von 36 auf 46 Prozent gestiegen. Der häufig behauptete Zusammenhang zwischen einer hohen Akademikerquote und hohem gesamtwirtschaftlichen Wachstum wird vom Arbeitsmarktforscher Schneider für nicht erwiesen gehalten. Im Gegenteil: „Wenn man sieht, dass mit Deutschland ausgerechnet ein Land mit vergleichsweise wenigen Akademikern und einem starken dualen Ausbildungssystem gut durch die Krise kommt, muss man sich schon einmal Fragen stellen, ob diese Behauptung nicht schlicht falsch ist.“

Die Debatte über die steigenden Studierendenzahlen hatte durch Äußerungen des Philosophie-Professors und früheren Kulturstaatsministers der SPD, Julian Nida-Rümelin, ihren Schwung genommen. Zuvor forderte er den „Akademisierungswahn“ zu stoppen. Die „besondere Stärke“ des deutschen Bildungssystems sei gefährdet, wenn Studenten Auszubildenden den Rang ablaufen. Markus Kiss, der Ausbildungsexperte des Deutschen Industrie- und Handelstages, äußerte sich ebenfalls zu diesem Thema: „Die Hörsäle an den Hochschulen platzen aus allen Nähten, während Betriebe händeringend Bewerber für Ausbildungsplätze suchen.“

Die Zahl der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen sei in den vergangenen Jahren um 62 auf 392 gestiegen. Aus diesem Grund bezeichnet dies der Ökonom Schneider als ein großes Problem. Denn nach seiner Behauptung geschah dies nach der Bologna-Reform, in der die privaten Hochschulen „wie Pilze aus dem Boden“ geschossen seien. „Längst nicht jeder Studiengang ist auch sinnvoll für den Arbeitsmarkt. Wir dürfen einem hoch verschulten akademischen System nicht den Vorzug vor der beruflichen Ausbildung geben.“, sagte Schneider. Während Betriebe immer dort Ausbildungsplätze anbieten, wo es auch eine entsprechende Nachfrage gebe, bestehe diese Koppelung bei Studiengängen nicht.

Immer häufiger hören wir von Studierenden die Kritik an vollen Hörsälen und Mangel an qualitativer Bildung, doch die Angst der Ökonomen besteht hierbei um das bestehende System.

Silan Kücük

 

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