Jährlich verlieren tausende Geflüchtete auf dem Mittelmeer ihr Leben. Dabei ist das Mittelmeer, das viele Menschen auf ihrer gefährlichen Flucht vor Hunger, Krieg und Tod überqueren müssen, schon lange zum Massengrab geworden. Laut „Pro Asyl“ fanden mindestens 23 000 Menschen seit dem Jahr 2000 auf der Flucht den Tod. „Die Mehrzahl der toten Flüchtlinge ist ertrunken, aber Hunderte starben an Hunger oder Durst, an Kälte oder Unterkühlung, erstickten in LKWs oder beim Überqueren von Minenfeldern“, heißt es weiter auf der Homepage der Organisation. Eine Tragödie, die einem Teil der Bevölkerung in Deutschland immer bewusster wird, an vielen, durch die hier geführte Politik, jedoch noch immer vorbei geht. Anstatt über die Ursachen und die Bedingungen von Flucht zu sprechen, werden hier Krokodilstränen vergossen, wenn wieder einmal, wie so oft, Geflüchtete an der Küste Lampedusas sterben. Stattdessen diskutieren die reichen EU-Staaten darüber, wer nach welcher Quote wieviele Menschen aufnimmt. In Ländern, wie Deutschland, werden bewusst Angst und Vorurteile geschürt, um eine angespannte und negative Stimmung gegen Geflüchtete zu erzeugen. Wenn man PEGIDA, die Proteste oder sogar Anschläge gegen Flüchtlingsheime betrachtet, könnte man meinen, dass das auch sehr gut gelingt. Umso wichtiger sind Jugendbewegungen, die sich offen mit den Geflüchteten solidarisieren und Stellung gegen die Abschottungspolitik der EU beziehen. Deshalb veröffentlichte die DIDF-Jugend, gemeinsam mit knapp 40 anderen Jugendorganisationen und –verbänden, eine Erklärung unter dem Motto „No human is illegal“ (siehe letzte Ausgabe von Neues Leben). Die Erklärung, sowie die volle Lister der Unterzeichner, ist verfügbar auf www.didf-jugend.de.
Die Erklärung wurde verfasst von den DIDF Jugendorganisationen in Deutschland, Österreich, Frankreich, sowie der Day-Mer Youth aus England. Anlässlich der Erklärung und der gemeinsamen Kampagne gab es in mehreren europäischen Großstädten am Wochenende vom 13. Juni mehrere Aktionstage. In Paris fand eine Flyeraktion und Kundgebung am 12. Juni statt. Am Aktionstag am 13. Juni fanden Aktionen in Köln, Hamburg, Berlin, Linz und Wien statt. Dabei verliefen die Veranstaltungen in den deutschen Großstädten sehr unterschiedlich. Die Aktion in Berlin fand am Potsdamer Platz statt. Dabei versammelten sich ca. 20 Jugendliche mit Plakaten, wie: „FRONTEX abschaffen, Grenzen öffnen“, „Arbeit, Zukunft, Bildung- gleiche Rechte für alle“ oder „Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall“. Auf den Rückseiten der Plakate waren Buchstaben aufgezeichnet, die gemeinsam „No human is illegal“ ergaben. Der Stand auf dem Potsdamer Platz und die Rede, die dort von Mitgliedern der DIDF-Jugend gehalten wurde, sorgten für großes Interesse bei Passanten. Anschließend verteilten die Jugendlichen Flyer im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Bei der Aktion am Kölner Dom waren ca. 60 interessierte Menschen dabei. Unter ihnen auch Vertreter der SDAJ Köln, der BezirksschülerInnenvertretung Köln, von SJD- die Falken Köln und der Selbstorganisation jugendlicher Geflüchteter „Jugendliche ohne Grenzen“. Auch hier gab es verschiedene Redebeiträge. So von der DIDF-Jugend, der SDAJ und den Falken. Ein besonderes Highlight war der Redebeitrag von Isabelle von Jugendliche ohne Grenzen. Darin beschrieb sie ihre persönlichen Erfahrungen auf der Flucht nach Europa. Abgerundet wurde die Aktion von zwei Flashmobs. Beim ersten Flashmob wurde von einer Person ein Text, Flucht betreffend, vorgelesen und von den Anwesenden wiederholt. Der zweite Flashmob war im Stil eines Improvisationstheaters aufgebaut. Während von einer Person die Ursachen und Auswirkungen von Flucht erklärt wurde, spielten ca. 15 Jugendliche die verzweifelte Flucht auf dem Mittelmeer nach. Dabei versuchten sie sich in einem wirren Überlebenskampf die Situation auf dem Meer nach, starben anschließend und lagen als Leichen auf dem Boden. Zum Schluss wurde gemeinsam der Slogan: „Kein Mensch ist illegal- Bleiberecht überall“ gerufen. Ähnlich war auch der Flashmob in Hamburg. Auf der Spitalerstraße- eine der zentralen Hauptstraßen, in unmittelbarer Nähe zum Hamburger Hauptbahnhof- lagen ca. 30 junge Menschen als Leichen auf dem Boden, während eine Rede gehalten wurde. Neben ihnen ein Transparent mit der Aufschrift: „No human is illegal“.
Auch in Wien und Linz gab es am 13. Juni Kundgebungen, bei denen Flyer verteilt, Erklärungen verlesen und Flashmobs durchgeführt wurden. Thema des Aktionstages war zum einen, seine Solidarität mit Geflüchteten zu erklären. Außerdem ging es darum, auf die Kampagne „No human is illegal“ und die gemeinsame Erklärung aufmerksam zu machen. Aber auch die Gründe für Flucht sind ein wichtiges Thema der Kampagne und somit des Aktionstages. Für die Geflüchteten sind es vor allem lebensbedrohliche oder ökonomische Gründe zu fliehen. Gründe, an denen Institutionen, wie die EU, beteiligt sind. So sind es auf den ersten Blick kleine Gründe, die aber die Existenz der Menschen bedrohen. So schließt die EU mit mehreren, vor allem westafrikanischen, Staaten Abkommen, damit ihre Flotte ungehindert in deren Gewässern schiffen kann. Gegen die riesigen Fischerei-Trawler der europäischen Flotte haben die heimischen Fischerboote keine Chance, können keine Fische mehr fangen und verlieren dadurch ihre Existenzgrundlage. Daneben gibt es noch die offenen kriegerischen Gründe. So mischen EU-Staaten, allen voran Deutschland, vor allem im Nahen Osten kräftig mit, um die Staaten dort zu destabilisieren und ihren eigenen Profit, durch den günstigen Gewinn von Rohstoffen oder durch die Erschließung von Absatzmärkten und Handelswegen, zu maximieren. Das bestätigte der damalige Bundespräsident Horst Köhler 2010 bereits, als er, während eines Besuchs der Truppen in Afghanistan davon sprach, dass ein Land „unserer Größe“ auch militärische Einsätze wagen müssen, um Außenhandelsinteressen, wie „freie Handelswege“, zu wahren. Auch der jetzige Bundespräsident, Gauck, wirbt für mehr Bundeswehreinsätze. Mischt Deutschland nicht offen mit, liefert es Waffen an Staaten, wie Saudi-Arabien, Katar oder die Türkei, die wiederum den IS damit versorgen. Dass diese „Interessenwahrung“ Menschen ihr Zuhause, ihre Familie oder sogar ihr Leben nimmt, wird gekonnt ignoriert.
Alev Bahadir