Wer nicht aus Köln kommt, wird diesen Spruch, der so viel heißt wie Arsch hoch, Zähne auseinander, nicht verstehen. Und diejenigen, die aus Köln kommen, sind stolz auf diese Kampagne, die dafür steht, dass Köln bunt und nicht braun ist. Die Geschichte der Kampagne gegen rechte Gewalt in Köln fängt im Jahre 1992 an. Am 9. November 1992 trafen sich 100000 Menschen auf dem Chlodwigplatz, wo Künstler der Kölner Musikszene zu einem Konzert „gegen Rassismus und Neonazis“ aufgerufen hatten. Denn die Zeit war geprägt von rassistischen Übergriffen, sodass die antifaschistischen Künstler ihre Aufgabe darin sahen, ein Zeichen zu setzen. Alle waren überrascht, dass trotz so weniger Sicherheitsmassnahmen, denn keiner hatte mit so einer Beteiligung gerechnet, das ganze Festival friedlich verlief. Dort war auch die Geburtsstunde von der AG Arsch huh, die seit dem Projekte gegen Rechts organisiert und unterstützt.
Eine weitere Großveranstaltung war 2008, als Pro Köln einen „Anti-Islamisierungs-Kongress“ gegen den Moscheebau in Ehrenfeld organisierte und die AG unter dem Motto „Köln stellt sich quer“ Antifaschisten aus Köln und Umgebung zu einer Gegendemonstration aufrief. Und zuletzt vorletztes Jahr organisierte die AG ein Open-Air-Festival, das sich mit dem Thema soziale Gerechtigkeit beschäftigte. An diesem Tag kamen internationale Künstler und ca. 75000 Menschen, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen.
Dieses Jahr setzt die AG ein weiteres Zeichen mit der IG Keupstraße, bei der verschiedene Organisationen und Initiativen wegen dem NSU-Prozess in München aktiv sind, und mit dem Schauspiel Köln. Das Festival ist das Schlusslicht der Veranstaltungsreihe am Wochenende, welche unter dem Motto „Birlikte-Zusammenstehen“ stattfindet. So beschreiben die Veranstalter den Namen: »Birlikte«, das heißt »Gemeinsam, Zusammenstehen«. Ein türkisches Wort, eine Entsprechung im Deutschen, eine türkisch-deutsche Verbindung, die symbolisch für viele sprachliche und kulturelle Erweiterungen steht: ins Bulgarische, Kurdische, Russische, Rumänische … Denn die Keupstraße und unsere Gesellschaft sind so vielsprachig und so vielfältig wie die Menschen, die in ihr leben.
Das Besondere an diesem Jahr ist, dass am 9.Juni 2004, genau zehn Jahre vor dem Festival, um 16 Uhr eine Bombe von NSU angezündet wurde. Dabei sind 22 Menschen verletzt worden – 4 davon schwer. Somit fängt das Festival auch dieses Jahr am 9. Juni um 15:45 Uhr an. Künstler wie Aynur, Udo Lindenberg, Sertab Erener, Brings, Kasalla, Zülfü Livaneli und viele weitere werden auf der Bühne stehen und gemeinsam zusammenstehen. Dieser Tag ist nicht nur wichtig für die Keupstraße, sondern für alle Angehörigen der NSU-Opfer und für alle Antifaschisten, da der NSU-Prozess nach einem Jahr immer noch nicht aufgeklärt wird und keinen Schritt nach vorne macht. Deshalb soll bei der Großveranstaltung auch eine Schweigeminute eingelegt werden, die den Opfern des NSU-Anschlags vor zehn Jahren gewidmet ist. Sandra Maischberger und Fatih Cevikkollu werden das Publikum durch den ganzen Abend zweisprachig begleiten und auch zur Sprache bringen, dass der Prozess in München nicht im Sinne der Opfer verläuft.
Auch der Ort der Veranstaltung hat einen besondere geschichtliche Bedeutung: Vom Kundgebungsort, dem ehemaligen Draht- und Kabelwerk, wo im Nationalsozialismus verschleppte Zwangsarbeiter Rüstungsgüter herstellen mussten und in den 1960er Jahren viele Industriearbeitsplätze durch »Gastarbeiter« besetzt wurden, soll am Pfingstmontag eine gemeinsame Botschaft ausgehen: Respekt und die Bereitschaft, sich gegenseitig gelten zu lassen, bilden die stabile Mitte einer ethnisch-kulturell vielschichtigen Gesellschaft. Dafür steht das Motto der Kundgebung: »Birlikte – Zusammenstehen. Gegen Neonazis, Rassismus und Ausgrenzung. Für eine gerechte und solidarische Gesellschaft“, so die Veranstalter.
Der Montag ist nur als ein Highlight des Wochenendes zu betrachten, denn auch am Pfingstsonntag lädt die Keupstraße alle Menschen in Köln und um Köln herum ein, zehn Jahre nach dem Anschlag an einer an einer gemeinsamen Vision des Zusammenlebens mit den friedlichen gestalterischen Mitteln von Kunst und Kultur teilzunehmen. An diesem Tag wird die bunte Straße Kölns, auf der täglich verschiedene Kulturen aufeinander treffen, noch belebter. Es sollen verschiedene Veranstaltungen und Stände angeboten werden, an denen man Bücher kaufen, künstlerisch aktiv werden, diskutieren und neue Menschen kennen lernen kann. Denn es ist auch genug Zeit für Theater, Lesungen, Kultur, Musik, Tanz, Kinder- und Familienprogramm, da die Straße ihre Toren von 11 Uhr bis 23 Uhr öffnet.
Diese Tage der Solidarität sind mehr als nur ein Festival, an dem man Spaß haben kann und soll. Die Veranstalter wollen an diesen Tagen zeigen, dass Rassismus nicht die Meinung der Mehrheit ist, sondern ein Spiel der Politik ist. Besonders mit den Wahlen in Europa, die eine Verschiebung nach Rechts zeigen, ist es wichtig, sich zusammen zu schließen und für eine bunte Stadt und für ein buntes Land einzustehen. Arsch huh konnte schon mit den antifaschistischen Menschen in Köln große Erfolge wie bei dem Anti-Islamisierungs-Kongress von Pro Köln unterzeichnen und wird es auch in der Zukunft tun. Deshalb bleibt uns nichts anderes zu sagen als ARSCH HOCH- Aber ganz schnell, wenn es heißt Zähne auseinander gegen Rassismus und rechte Gewalt.