Das von der Bundesregierung alle zwei Jahre unter dem Namen „Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“ veröffentlichte Schreiben zeigt erneut keine Verbesserungen in der ökonomischen und sozialen Lage sowie im Bildungsbereich auf. Im Gegenteil bestätigt es erneut, dass die Probleme der letzten Jahre sich verfestigen.
Der vom Bundesministerium für Migration, Flüchtlinge und Integration herausgegebene Bericht über die Lage der Ausländer machte erneut die Kluften zwischen den Menschen mit und ohne Migrationshintergrund deutlich. Vor allem eine Diskriminierung der Migranten in sozialen Bereichen ist offen herauszulesen.
So ist dem Mikrozensus nach die Armutsgefährdungsquote bei der Personengruppe mit Migrationshintergrund mit 26,8% mehr als doppelt so hoch, wie die 12,3% bei Personen ohne. Unter diese Quote fallen die, deren Monatseinkommen unter 60% des durchschnittlichen Einkommens liegt. Die Gründe dafür sind im Bericht bereits gegeben, worunter auch die hohe Verbreitung des Niedriglohnsektors fällt. Dazu kommt auch die hohe Arbeitslosigkeitsquote unter den Migrantinnen und Migranten die vergleichsweise zu den Personen ohne Migrationshintergrund ebenfalls das doppelte zählt. Der hauptsächliche Grund hierfür sind aber die Ausweitung von gering bezahlten Teilzeitjobs und der Leiharbeit. Somit fallen auch sehr viele Arbeiter mit Migrationshintergrund in eine Situation, bei der sie trotz Arbeit ihre Familien kaum ernähren können.
Ein guter Abschluss löst die sozialen Probleme nicht
Ebenso sieht man auch Schwankungen zwischen beiden Gruppen, wenn es um die Bildungsproblematik geht. Hierbei kommt man im Schreiben auch auf die Erkenntnis, dass der Bildungsstand kaum Auswirkungen auf die Armutsgefährdungsquote hat. 20,1% der Personen mit Migrationshintergrund und Abitur fallen demnach unter diese Quote, im Vergleich dazu sind 8,9% der Personen ohne Migrationshintergrund mit Abitur und 14,9% mit Hauptschulabschluss davon betroffen. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass Thesen denen nach Migranten mit einem hohen Bildungsstand nicht von Armut betroffen seien, nicht haltbar sind.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die nach wie vor existente Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Dem Bericht zufolge ist vielen Arbeitgebern die Herkunft der Bewerber wichtiger als Noten und andere Qualifikationen. Ferner wird erläutert, dass Bewerber mit türkisch und arabisch klingenden Namen bereits bei der ersten Bewerbungsphase diskriminiert werden und schlechtere Aussichten für ein Vorstellungsgespräch hätten, als Schüler mit einem deutschen Namen.
Eine soziale Ungleichheit in der Bildung herrscht immer noch vor
Die zuständige Ministerin Aydan Özoğuz (SPD) erläuterte auch, dass bereits in der Bildung erhebliche Unterschiede vorhanden seien. In der Hauptschule sind dem Bericht nach ausländische Schüler überrepräsentiert während in Gymnasien das genaue Gegenteil der Fall ist. Am prozentualen Anteil der Hauptschulabschlüsse kriegt man einen genaueren Einblick, wobei 11,6% der ausländischen und 5,4% der deutschen Schüler ohne diesen Abschluss die Schule verließen. Gleichzeitig ist der Anteil der 20-29-jährigen Migranten ohne Berufsabschluss mit 30,5% fast dreimal so hoch, wie die 10,5% der deutschen Jugendlichen.
In 15 Jahren hat sich vieles verändert
Özoğuz erinnerte an die Diskussionen über die Staatsangehörigkeit, die vor 15 Jahren stattfanden und erläuterte, dass Deutschland kein Einwanderungsland mehr sei, sondern eine Einwanderungsgesellschaft.
Sinan Cokdegerli
DIDF: Solange die diskriminierende Politik anhält, wird sich nichts ändern
In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte die Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF), dass solange die diskriminierende Politik gegenüber den Migranten anhällt, soziale, ökonomische und bildungspolitische Nachteile mit denen Migranten konfrontiert sind, anhalten werden.
In der Stellungnahme des DIDF-Bundesvorstandes stellte man unter anderem auch fest: „Wie aus dem von Ministerin Özoğuz vorgestellten und 700 Seiten umfassenden Bericht rauszulesen ist, beträgt die Arbeitslosigkeit und der Armut unter den Migranten das Doppelte des bundesweiten Durchschnitts. Erneut sind die Probleme in der Bildung in einem katastrophalen Ausmaß. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und ohne Ausbildung sind 2-3 mal so hoch, wie die des restlichen Durchschnitts. Eine schlimmere Lage erwartet uns, wenn man in diesem Gesamtbild die Lage der türkeistämmigen Migranten näher betrachtet. Dabei ist die Arbeitslosigkeitsquote unter den Türkeistämmigen sogar höher, als unter den restlichen Migranten. Es ist bekannt, dass in einer Stadt wie Berlin, jeder zweite Türkeistämmige arbeitslos ist.
Ist es also das Schicksal oder die Schuld der Migranten, dass sie von Arbeitslosigkeit, Armut und Bildungsmangel mehr betroffen sind? Natürlich nicht. Auch weil im selben Bericht erwähnt wird, dass Bewerbungen trotz einem Abschluss auf Grund der Herkunft abgelehnt werden. Dadurch wird deutlich, dass bis heute in verschiedenen Schichten eine diskriminierende Politik geführt wurde. Solange sich diese Politik nicht ändert, werden sich auch die Zahlen, in einem alle zwei Jahre erscheinenden Bericht, nicht ändern.
Dieses Gesamtbild zeigt auch klar und deutlich, dass der diskriminierenden Politik, in allen Bereichen ein Ende gesetzt werden muss und dass diejenigen, die diskriminierend handeln, aufs härteste bestraft werden müssen. Jedoch wird sich das Problem nur damit nicht lösen lassen. Auch weil vergangene und heutige Regierungen den Weg der Einschränkungen in sozialen Bereichen und der Bildung betrieben und einige dieser Einschränkungen die Migranten besonders trafen. Es ist bekannt, dass mit der Ausweitung von Leiharbeit, Teilzeit und dem Niedriglohnsektor auch der Anteil der Migranten in diesen Gebieten über dem des Durchschnitts liegt. In der Kategorie, der von Armut betroffenen Arbeiter ist die Mehrheit der werktätigen Migranten bemerkenswert.
Solange sich nichts an der Politik gegenüber allen Werktätigen ändert, wird man nicht verhindern können, dass die Arbeitslosigkeit und der Armut unter Migranten doppelt so hoch ist wie beim Durchschnitt.
Unsere Föderation kämpft seit Jahren zusammen mit den deutschen Werktätigen und Gewerkschaften dafür, dass sich diese Politik ändert. Die uns hier vorliegenden Zahlen beweisen erneut, wieso es so wichtig ist, dass die Migranten und darunter speziell die Türkeistämmigen ein Teil der sozialen Bewegung in Deutschland werden müssen.
Die Regierung hat keine Lösung
In dem, von der jetzigen Regierung für die Erfassung der sozialen und ökonomischen Probleme als sehr wichtig befundenen Bericht, ist nicht einmal der kleinste Lösungsvorschlag zu finden. Obwohl Berichte, die zur Erläuterung der Probleme dienen sollten, auch Lösungsansätze liefern müssten. Die Situation zu erkennen, sagt alleine nichts aus.
In Anbetracht von alledem ruft unsere Föderation die Regierung auf, ihre Politik, mit welcher sie alle Werktätigen aber vor allem die mit Migrationshintergrund diskriminiert, zu verzichten. Damit einhergehend müssen Schritte eingeleitet werden, mit denen den Migranten in jeder Hinsicht gleiche Rechte geschaffen werden. Solange dies nicht geschieht, werden sich die Zahlen zwischen den Personen mit Migrationshintergrund und ohne im „Bericht über die Lage der Migrantinnen und Migranten“ in zwei Jahren erhöhen.