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Da ist noch viel Arbeit!

 

Onur Kodas

Die Arbeitswelt verändert sich; und das zum Nachteil der Abhängigbeschäftigten. Immer mehr gewerbliche Arbeiter und Angestellte sehen sich mit dem Problem der Arbeitsverdichtung konfrontiert. Insbesondere müssen dabei junge Menschen „bluten“. Das ist das Ergebnis der Sonderauswertung des DGB-Index „Gute Arbeit“. Diese Auswertung wurde von der DGB-Jugend in Auftrag gegeben.

Das Ergebnis
In Zahlen ausgedrückt, kommt die Auswertung zu folgenden Ergebnissen:
82,4 Prozent der jungen Beschäftigten arbeiten Vollzeit mit einer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 35 Std. und mehr. Der Rest hat lediglich einen Teilzeitvertrag. Davon machen rund 60,9 Prozent Überstunden, durchschnittlich 4,1 Prozent von ihnen pro Woche. 52 Prozent der unter 35-Jährigen halten ihr eigenes Einkommen für nicht angemessen. Ferner fühlen sich 52 Prozent der Befragten als „sehr oft“ bzw. „oft“ gehetzt auf der Arbeit. 65 Prozent gehen auch zur Arbeit, wenn sie krank sind. 46,4 Prozent der unter 25-Jährigen arbeiten in atypischen Verhältnissen. Hinzu kommt, dass knapp die Hälfte (47,2 Prozent) in Wechselschicht arbeiten müssen. 31 Prozent der jungen Beschäftigten verdient weniger als 1500 € (brutto). Ferner müssen 22,4 Prozent stetig in Abrufbereitschaft stehen. Insbesondere auffällig ist ebenfalls die Tatsache, dass junge Frauen weniger verdienen, als die Gleichaltrigen des männlichen Geschlechts.

Wunsch und Realität klaffen auseinander
Mit Bezugnahme auf die letzte Shell-Studie wünschen sich junge Menschen mehr Planbarkeit im Beruf. Denn wenn man sich die Umfrageergebnisse anguckt, ist eines der größten Probleme die Befristung. Auszubildende und insbesondere Teilzeitbeschäftigte sind oftmals befristet. Dies birgt natürlich für die Betroffenen eine große psychische Last. Die Studie verdeutlicht ebenfalls, dass der prozentuale Anteil junger Menschen, die in solch einem Arbeitsverhältnis stehen, nicht gerade zu unterschätzen ist. Insgesamt sind es 27,8 Prozent. Erschreckend ist das Ergebnis bei der Leiharbeit, wenn es um den Generationsunterschied geht. Junge Menschen unter 35 sind mehr als dreimal so oft befristet beschäftigt, als ältere Arbeiter. Während es in der jungen Altersgruppe 16,2 Prozent sind, sind es bei den älteren Arbeitnehmern 5 Prozent. Ebenfalls auffällig ist, dass jüngere Menschen überdurchschnittlich in Wechselschicht arbeiten und Überstunden machen müssen.

Mitbestimmungsbetriebe sind anders
Anders sieht es hingegen in Betrieben aus, in denen kämpferische Betriebsräte etabliert sind. Aufgrund des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates, sind Überstunden seltener und schwieriger für die Arbeitgeber durchzuboxen. Nach dem Ergebnis der Sonderauswertung gaben knapp die Hälfte der Beschäftigten an, bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit aktiv mitwirken zu dürfen. Dies sei enorm gute Quelle für die Attraktivität der Arbeitgeber bei jungen Menschen, meint der Bundesjugendsekretär des DGB, Florian Haggenmiller. Weiterhin fordert er: „Dazu braucht es eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche, insbesondere durch einen schrittweisen Abbau der heute geleisteten Überstunden“.

Kein überraschendes Ergebnis
So erschreckend dieses Ergebnis auch sein mag, umso deutlicher sind dies die Spuren und der Sumpf der neoliberalen Politik in den vergangenen 15 Jahren. Als Beispiel sei hier nur die Baubranche zu nennen. Die Ausweitung der Leiharbeit und die Lockerung des Kündigungsschutzgesetzes haben dazu geführt, dass viele Beschäftigte ihre festen Einstellungen verloren haben. Eine Wiedereinstellung in einem Betrieb, der tarifgebunden ist und einen Betriebsrat hat, ist zu einer Seltenheit geworden. Als Konsequenz des Ganzen war die Tatsache, dass die Beschäftigten gezwungen waren, sich selbstständig zu machen, um als Subunternehmer für große Baufirmen, wie Hochtief und Strabag, arbeiten zu können. Teilweise gibt eine ganze Kette von Subunternehmern, die auf ein und derselben Baustelle arbeiten. Im übrigen Handwerk zeichnet sich ähnliches ab. In den Kleinstbetrieben gibt es praktisch keine Regeln mehr. Es gilt das Wort des Arbeitgebers. Betriebsräte sind in eine Seltenheit im deutschen Handwerk. Als Beispiel sei hier das Dachdecker- oder Maler- und Lackiererhandwerk zu nennen. Oftmals greift nicht einmal das Kündigungsschutzgesetz, weil nicht genügend Beschäftigte in diesem Betrieb arbeiten. Mit der Abschaffung der Meisterpflicht kann jeder praktisch ein solches Unternehmen gründen. Und nicht nur das. Diese Unternehmen zahlen nicht allzu selten nicht mal den Tariflohn, obwohl sie Innungsmitglied und damit tarifgebunden sind. Insbesondere sind die Auszubildenden die Leidtragenden des Ganzen. Sie werden gehalten Überstunden anzusammeln, obwohl sie keine Überstunden machen dürfen. Es kommt auch nicht selten vor, dass ein Auszubildender gar keine adäquate Ausbildung genießt, obwohl er vertragsrechtlich einen Anspruch darauf hat. In Anbetracht dieser Sachlage sind die zuständigen Gewerkschaften gehalten, ein „Gegenmittel“ zu finden. Das werben von jungen Menschen für die Gewerkschaft und die Gründung von gewerkschaftlichen Jugendgruppen und Jugendausbildungsvertretungen ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

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