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Das Märchen vom Asylbetrug

Bereits seit den 1970er Jahren wird die Debatte um den Missbrauch des deutschen Asylrechts geführt. Der größte Teil der Asylbewerber seien Wirtschaftsflüchtlinge, die keines Asyls bedürften, so die Argumente der Asylgegner. Nicht nur faschistische Organisationen, wie die NPD, sondern auch die CDU und CSU verschärften diesen Kurs in den 80er Jahren. Die Bild-Zeitung trug diese Kampagne, welche eine der polemischsten und folgenreichsten der deutschen Nachkriegsgeschichte wurde, mit. Nach der Wiedervereinigung wurde die Asyldebatte von rassistischen Gewalttaten gegenüber Asylbewerbern begleitet, welche in  Pogromen, wie in Rostock Lichtenhagen, Hoyerswerda und Solingen gipfelten.

Andere Zeit, selbe Rhetorik

Zwanzig Jahre später dieselbe die Rhetorik. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht in ihrer Publikation „Das deutsche Asylverfahren – ausführlich erklärt“, folgenden Satz: „Das damals kontinuierlich steigende Asylbewerberaufkommen gipfelte im Jahr 1992 in über 400.000 Asylbewerbern, von denen der weitaus größte Anteil den Zuzug in die deutschen Sozialsysteme beabsichtigte.“ Obwohl die Broschüre informieren soll „über einzelne Aspekte des Asylverfahrens und unterstreicht diese mit statistischen Daten“, sind gerade hierzu keine Daten zu finden.

Daten zu inneren Absichten

Statistiken sind oft trügerisch. Das Studiendesign und die Datengrundlage beeinflussen die Ergebnisse maßgeblich. Doch wie ermittelt man Ergebnisse ohne Daten? Und kann es Daten zu der inneren Absicht von Asylbewerbern geben? Auch das BAMF hat darauf keine Antworten. Ein Mitarbeiter der zuständigen Abteilung erklärte, dass er „überfragt“ sei. Er könne sich nicht vorstellen, wie  Zahlen zu „Absichten“ ermittelt werden könnten. Insbesondere, da die Angabe einer wirtschaftlichen Motivation, das Asyl gefährdet.

Institutioneller Rassismus

Wie kommt das BAMF auf die Idee solche Behauptungen zu veröffentlichen? Wem nutzt die Erneuerung der Lüge von Missbrauch des deutschen Asylrechts? Seit der Osterweiterung der EU sind zunächst vermehrt Menschen aus Bulgarien und Rumänien, dann aus Mazedonien und Serbien nach Deutschland eingewandert. Ein Großteil davon sind Roma. Fachkräfte, Ehepartner und Kinder, Tagelöhner. Viele, die Elend und Gewalt entfliehen wollen. Aber anders als Zuwanderer aus Polen oder Griechenland haben sie bis 2014 keine Arbeitserlaubnis. Manche versuchen sich in der Selbstständigkeit. Doch die Mehrheit wird unter menschenunwürdigen Bedingungen in zwielichtigen Milieus ausgebeutet. Teilweise für 10 Euro am Tag erledigen sie die Arbeiten, die sonst keiner erledigen will. Insbesondere alteingesessene Migrantengruppen hegen rassistische Vorurteile gegen Roma und beuten sie aus. Sie sind institutionellem Rassismus stärker ausgesetzt als jede andere Gruppe. Auch die überzogenen und nicht nachzuvollziehenden Zahlen des BAMF zielen in dieselbe Richtung.

Zurück in die Vergangenheit

Welch unmenschliche Ausmaße eine solche Hetzkampagne gegen Asylsuchende und Flüchtlinge führen kann, hat sich zu Beginn der 1990er Jahre gezeigt. Unter Applaus von Tausenden wurden Menschen in Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen angegriffen und ermordet. Nun werden eben diese Asyllügen wieder aufgerollt. Statt sich den wirklichen Gefahren für die Gesellschaft, dem Rechtsterrorismus und mordenden Nazis, zu stellen, wird Politik auf dem Rücken der schwächsten gemacht. Klar werden Menschen aufgrund Armut und Elend ihr Land verlassen und nach Deutschland einwandern. Das sind Existenzängste, die sie dazu bewegen, nicht die Absicht deutsche Sozialsysteme auszunutzen. Deutschland, als führende Macht in Europa, ist mitverantwortlich für das Elend dieser Menschen. Deswegen ist es auch dazu verpflichtet Flüchtlinge aufzunehmen.

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