Die Eskalation zwischen Russland auf der einen Seite und EU und NATO auf der anderen Seite spitz sich weiterhin zu. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine und schieben sich den Schwarzen Peter zu.
Bei einer Veranstaltung des Lowy-Instituts in Sydney am Rande des G20-Treffens in Australien sagte Bundeskanzlerin Merkel, dass es “ja nicht nur um die Ukraine” gehe. “Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weiter geht, (…) muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen” so Merkel im wortlaut. Sie warf Putin eine Annexionspolitik vor, mit der er auf das Recht des Stärkeren setze. Die Krim sei bereits völkerrechtswidrig annektiert worden und Russland bemühe sich weiterhin um eine Eingliederung der Ostukraine. Das stelle “die europäische Friedensordnung insgesamt infrage”, so Merkel weiter. Aus einem vertraulichen Papier des Auswärtigen Amtes geht hervor, dass die Bundesregierung alarmiert ist über eine aggressive antiwestliche Politik Russlands auf dem Balkan.
Denn Russland widerrum versucht, den westlichen Einfluss in “seinem” Territorium zurückzudrängen und selber “im Territorium des Westens” an Einfluss zu gewinnen. Durch Gaslieferungen nach Serbien und Bosnien-Herzegowina sollen die Länder Russland treu werden.
Und das ist Deutschland ein Dorn im Auge, denn Merkel formulierte es direkt und ohne Umschweife: „Die größte Gefahr ist, dass wir uns auseinanderdividieren lassen.“ In anderen Worten: Unser Einflussbereich wird attackiert und unsere wirtschaftlich und militärisch abhängigen Länder könnten sich von uns abwenden. Da spricht Merkel die größte Angst einer imperialistischen Großmacht aus: Eine andere imperiale Macht, macht uns unser Revier streitig, dass dürfen wir nicht zulassen. Und da kennt der Imperialismus keine Toleranz. Die Geschichte hunderter imperialistischer Kriege und Stellvertreterkriege überall in der Welt zeigen, dass solche Konflikte im Kern des Systems liegen. Deswegen rechnet Merkel auch nicht damit, dass „der Konflikt mit Russland schnell gelöst werden kann.“ Man wolle zunächst alles Diplomatische versuchen, so verschiedene bundesdeutsche Regierungsvertreter. Wie lange dieses „zunächst“ anhält, steht in den Sternen geschrieben.
Vor 25 Jahren, mit dem Fall der Mauer und später mit dem endgültigen Fall der bereits entarteten Sowjetunion wurde vom Westen eine „Neue Weltordnung“ ausgerufen. „Jetzt wird es allen besser gehen!“ wurde zum Motto seither. Ein nüchterner Blick auf die ganze Welt und die letzten beiden Jahrzehnte zeigt das genaue Gegenteil. Und dieser Ukraine-Konflikt ist das längst erwartete Aufwachen eines Bären aus seinem tiefen Winterschlaf, der sein Revier nun mit anderen teilen soll. Und das auf Kosten der Balkan- und osteuropäischen Völker.