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Der Fall von Madrid – Rafael Chirbes

„Sie hatten geschossen. Das war ein Schuss gewesen. Er hatte das trockene und zugleich dröhnende Geräusch eines Schusses gehört. Dann hörte er Schritte, die sich in verschiedene Richtungen verloren sowie andere hinter sich, die wie ein Echo auf die seinen klangen. Auch ein dumpfer Schlag auf die Erde, der von einem fallenden Körper herrühren konnte.“
Es ist ganz klar ein merkwürdiger aber auch besonderer Tag für José Ricart. Denn es ist gleichzeitig der Tag, an dem Franco stirbt – und etwas Neues beginnt. An dem José Ricart 75 Jahre alt wird und seine Schwiegertochter Olga für ihn ein Fest vorbereitet – gegen seinen Willen. Denn was sollte es zu feiern geben. Er, der sein Unternehmen im Schatten des Franco-Regimes zu etablieren wusste, sieht sein Lebenswerk gefährdet. Ein Tag an dem die Geheimpolizei einen alten kommunistischen Arbeiter erschießt. Der Tag, an dem die Leute in einem überfüllten Bus plötzlich aus vollem Hals anfangen „Adieu!“ vom ganzen Herzen zu singen, als sie an Francos Domizil vorbeifahren. Rafael Chirbes, 1949 geboren in Tabernas de Valldigna in Südspanien, gelingt es mit der Erzählung eines einzigen Tages im Leben der Familie Ricart ein interessantes Familienepos über drei Generationen zu entwerfen, in dem sich der Aufbruch Spaniens in eine neue Zeit spiegelt. Mit seiner Trilogie „Der lange Marsch“, „Der Fall von Madrid“ und „Alte Freunde“, seinem zentralen Werk, hat er ein eindrucksvolles Zeitgemälde über Spanien im vergangenen Jahrhundert geschaffen.

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