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Der Protest geht weiter landesweiter Generalstreik am 26.Mai

Hunderttausende ArbeiterInnen begangen mit landesweiten Demonstrationen und Massenkundgebungen in der Türkei den diesjährigen 1.Mai.
Besondere Aufmerksamkeit galt der Kundgebung in Istanbul, wo erstmals nach 33 Jahren das Versammlungsverbot für den historisch bedeutenden Taksim Platz auf Druck der sechs großen Gewerkschaftskonföderationen des Landes aufgehoben wurde. Das Bild an diesem Tag auf dem Taksim Platz erinnerte an die starken 1.Mai Demonstrationen der 1970´er Jahre.
Krisenzeiten und gewerkschaftlicher Widerstand
Die Voraussetzungen und Gründe für die hohe Beteiligung an den Mainkundgebungen liegen klar auf der Hand. Die Folgen der weltweiten Krise des Kapitalismus sind längst in den Alltag der Menschen hineingedrungen und haben konkrete Gestalt angenommen. Die Arbeitslosigkeit wächst unaufhörlich, mit ihr auch die rapide Verarmung bei der Bevölkerung, insbesondere bei den ArbeiterInnen. Die Regierung unter Präsident Erdogan treibt mit weitergehenden Privatisierungen und gravierenden Einschnitten im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich die Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen voran. Auf der anderen Seite erlebt die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in der Türkei gegenwärtig eine auflebende Dynamik, die sich ebenso in den diesjährigen Maikundgebungen niederschlug. Gerade der Aufruf der Gewerkschaften zum landesweiten Generalstreik am 26.Mai 2010 hat die Mobilisierung und Beteiligung von Hunderttrausenden ArbeiterInnen, Jugendlichen und Frauen an den 1.Mai Demonstrationen maßgeblich beeinflusst. „Der Weg zum 26.Mai führt über den 1.Mai”, erklärte bereits Mustafa Öztaskin, Vorsitzender der Gewerkschaft Petrol-Is, die gemeinsame Erwartungshaltung der Gewerkschaftskonföderationen im Vorfeld zu den Maikundgebungen.
Starke Teilnahme von Jugendlichen
Der 1.Mai hatte dieses Jahr auch diese Besonderheit. In Istanbul, als auch in allen anderen Großstädten, waren unter den Teilnehmern von Gewerkschaften und Parteien aber auch derjenigen, die spontan kamen, viele Jugendliche. Wie in den vergangenen Jahren, so war auch dieser 1.Mai, ein wirklich “junger 1.Mai”. Bedeutend war weiterhin das Meer an Transparenten mit den Forderungen der ArbeiterInnen und Werktätigen. Nahezu alle Gewerkschaften riefen dieselbe Sprechparole: “Wir wollen Arbeit, Brot, Freiheit”. Bei der republikanisch-nationalistischen Partei CHP (Republikanische Volkspartei) wurde er sogar zur Leitparole. (!)
Die Inhalte der Transpartente politischer Kreise richteten sich zusätzlich gegen die Regierung. “Für eine demokratische Verfassung”, “Weg mit der AKP”, so ihre Kernforderungen.
Doppelmoral bei Parteien und bürgerlichen Medien
Auffällig war jedoch, das Auftreten der Kommunen unter Vorsitz von konservativen, bürgerlichen Parteien, wie CHP, SP, DP, DSP und auch der AKP, gerade an den diesjährigen Maikundgebungen. Städte und Bezirke wurden großzügig mit Plakaten und Transparenten geschmückt. Nahezu aus allen konservativ, bürgerlichen Parteien und Regierungsinstanzen hörte man lautstarke Lobeshymnen für den Tag der Arbeit. Noch bis vor einigen Wochen, rechtfertigten Sie jahrzehntelang das Versammlungsverbot für den Taksim-Platz am 1.Mai. Sogar die bürgerlichen Medien waren in diesem Jahr allesamt Anhänger der 1.Mai Kundgebungen. Im vergangenen Jahr hatten sie mit einer breiten Hetzkampagne dafür gesorgt, dass die Istanbuler Behörden die Maikundgebung zu einem Schauplatz gewaltsamer Übergriffe der Polizei verwandelte.
Die “neue” Strategie
Von einem aufrichtigen Sinneswandel bei den bürgerlichen Parteien und Medien zu sprechen, wäre absurd. Es wäre auch zu kurz gegriffen, diese neuartigen Entwicklungen in der Medien- und Parteilandschaft nur auf einen gewissen Grad an Populismus, jetzt so kurz vor den Parlamentswahlen, zurückzuführen. Ganz im Gegenteil. Die Propagierung kapitalistischer Prinzipien und “Werte”, wie Individualismus, Marktorientierung, Profitgier hat bei den ArbeiterInnen und Werktätigen enorm an Einfluss und Wirkung verloren. Diese vermeintliche Neuorientierung auf die Werte der ArbeiterInnen von konservativ-bürgerlichen Parteien, ist nichts anderes, als der Versuch, ihren Einfluss auf ArbeiterInnen weiterhin bewahren zu können.
Landesweiter Generalstreik am 26.Mai
Die Maikundgebungen in diesem Jahr waren schließlich ein wichtiger Auftakt für weitergehende Proteste. Das geschlossene Auftreten der Gewerkschaften und arbeiternahen Organisationen war mitentscheidend für die Massendemonstrationen am 1.Mai. Hier liegt auch die Kraft für ein breites Bündnis für weitere Widerstände von ArbeiterInnen, Jugendlichen und Frauen. Gewerkschaften, arbeiternahe Organisationen und fortschrittlich-revolutionäre Kräfte sind dieser Aufgabe am 1.Mai gerecht geworden. Gleiches gilt nun für den 26.Mai, für den Gewerkschaften zu einem landesweiten Generalstreik aufrufen.

İSTANBUL İHSAN ÇARALAN

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