Written by 13:54 HABERLER

Der unaufhaltsame Anstieg des Dollars

İhsan Çaralan
Es überrascht niemanden mehr, dass der Dollar täglich gegenüber der türkischen Lira einen neuen Rekordwert annimmt. Gestern lag der Kurs knapp bei 2,60 Lira. Der Staatspräsident liefert sich mit Regierungsvertretern und dem Chef der Zentralbank eine heiße Debatte über Fragen wie “Führt die Inflation zu einem Anstieg der Zinsen, oder umgekehrt?”, “Was nutzt mehr der Wirtschaft, ein starker Dollar, oder eine starke Lira?”. Während dessen stieg der Dollar in den letzten zwei Monaten um 12 Prozent. Die Zinsen stiegen im gleichen Zeitraum von 6,7 auf 8,7 Prozent. Das angestrebte Ziel bei der Inflation lag bei 5,5 Prozent. Inzwischen liegt sie tatsächlich bei 5,5 Prozent.
Dieser offen ausgetragener Konflikt auf höchster Führungsebene des Staates führte zu einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von 90 Mrd. Lira, zu Armut, Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen.
Das Verbot des Metallerstreiks, die Arbeitlosenquoten von 10,5 Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit von 19 Prozent (bei Hochschulabsolventen liegt sie gar bei 25 Prozent) sind ebenfalls in direktem Zusammenhang mit diesem Konflikt zu sehen. Die Inflation bei Nahrungsmittelpreisen erreicht 16 Prozent. Fleischpreise stiegen in den letzten zwei Monaten um 30 Prozent. D.h. die Inflation trifft Lohnabhängige doppelt so hart. Die Staatsführung schert sich aber nicht um diese Auswirkungen.
Just in dieser Zeit, als man sich eine Diskussion über Ursprung und Folgen der Wirtschaftszahlen lieferte, wurde die Forbes-Liste der Miliardäre im Jahr 2014 veröffentlicht. Darin werden 32 Milliardäre aus der Türkei aufgeführt. Bereits im Vorjahr standen 24 türkische Staatsbürger auf der Liste. Während also beim Wirtschaftswachstum, Export und den Löhnen ein Rückgang verzeichnet wurde, stieg die Zahl der Milliardäre um 33,3 Prozent.
Die Reichsten, die bei wachsender Wirtschaft reicher wurden, konnten ihr Vermögen auch bei rückgängigen Zahlen vermehren. Das macht deutlich, dass wir es mit einem System zu tun haben, das darauf aufgebaut ist, Reiche reicher zu machen.
Tatsächlich gibt es auf höchster staatlicher Ebene einen Streit zwischen dem Staatspräsidenten, der Regierung, der Zentralbank, den Unternehmerverbänden, Medien und Wirtschaftswissenschaftlern. Der Streit zwischen dem Staatspräsidenten und der Zentralbank ist Ausdruck eines Konflikts zwischen verschiedenen Wirtschaftsclicken und stellt für die Regierung beinahe eine “Bedrohung” dar. Denn je kleiner die Torte wird, desto erbitterter wird der Kampf um ein Stück davon.
Allerdings müssen die Rechnung dieses Kampfes die Arbeiterklasse und Werktätige zahlen, die ihn wie einen Konflikt von Parteien verfolgen, mit der sie symphatisieren. Sie sind zwar eine Partei in diesem Kampf, müssen sich aber nicht auf die Seite eines der Sprecher des Großkapitals schlagen. Vielmehr müssen sie nicht für “die da oben”, sondern für ihre eigenen Interessen Partei ergreifen. Die Hauptverantwortung müssten dabei die Gewerkschaften übernehmen. Allerdings wissen wir, wie es um diese steht. Die Führungen von Türk-Is, Hak-Is und Memur Sen, die im Kielwasser der Regierung schwimmen, kümmern sich nicht um diesen Verteilungskampf. Gefragt sind also die kämpferischen Gewerkschafter – und natürlich auch fortschrittliche Arbeiter, die Partei der Arbeit und Unterstützer der Arbeiter.
Eine der wichtigsten Aufgaben hierbei ist, die Arbeiter über die wahre Bedeutung der Entwicklungen aufzuklären, die eigenen Forderungen festzulegen und den Kampf dagegen zu organisieren, damit die Arbeiter nicht die Rechnung des Konflikts zahlen müssen.

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