500 Menschen nahmen am 21. Dezember an der Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag des Mordes an Ramazan Avcı teil. Ebenso wurde mit der Kundgebung der umgestaltete Platz eingeweiht. Es nahmen seine Frau Gülistan Avcı, sein Sohn, weitere von rassistischer Gewalt betroffene Familien, die Abgeordneten Deniz Çelik (Die Linke) und Ali Kazancı (SPD) sowie der türkische Generalkonsul Berati Alver teil.
Am 21. Dezember 1985 wurde der damals nur 26 Jahre alte Ramazan Avcı am S-Bahnhof Landwehr von Neonazis brutal angegriffen und ermordet. Dies passierte knapp fünf Monate nach einem weiteren, von Neonazis verübten Mord an Mehmet Kaymakçı in Langenhorn. Obwohl die 80er Jahre einen Höhepunkt fremdenfeindlicher Gewalt darstellten, erkannte der Staat jahrzehntelang das rassistische Motiv der Morde nicht an.
Dagegen demonstrierten im Januar 1986 15 000 Hamburgerinnen und Hamburger und forderten Konsequenzen. Als Resultat dieser noch jahrzehntelang geführten Kämpfe wurde der Platz vor dem S-Bahnhof Landwehr im Dezember 2012 in Ramazan-Avcı-Platz umbenannt – die eigentliche Forderung der Familie, stattdessen die Straße Landwehr umzubenennen, wurde mit formalistischen Begründungen abgelehnt. Auch bis heute wurde der Familie keine Entschädigung zugesprochen, obwohl Ramazan eine hochschwangere Frau hinterließ.
Dass der Staat sich aus der Verantwortung zieht, ist solange unverständlich, bis man berücksichtigt, dass hohe Amts- und Würdenträger eine rassistische Stimmungsmache mindestens befeuert hatten. So sagte Bundeskanzler Kohl (CDU) 1982, „Integration ist nur möglich, wenn die Zahl der bei uns lebenden Ausländer nicht weiter steigt“ – nichtöffentlich war er jedoch der Meinung, „über die nächsten vier Jahre werde es notwendig sein, die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren.“ Sein Vorgänger, Kanzler Schmidt (SPD), verlautbarte wiederum: „Mir kommt kein Türke mehr über die Grenze.“ In Taten verwandelten Neonazis solche Worte – staatliche Stellen leugneten die rassistische Motivation. „Das Opfer hätte genauso gut ein Deutscher sein können“, sagte der Polizeipräsident über Avcı. Auch heute beobachten wir, auch Bundeskanzler wieder Fremdenfeindlichkeit schüren, wenn Scholz (SPD) „konsequente Abschiebungen“ fordert, die auch Merz (CDU) als Lösung für die „Probleme im Stadtbild“ propagiert.
Doch die Bevölkerung in Deutschland hat sich nicht spalten lassen. Ihr Kampf war maßgeblich für das Ende der sogenannten „Baseballschlägerjahre“. Dass heute nicht die Verhältnisse der 1980er vorherrschen, liegt daran, dass dieser Geist weiterhin von der Mehrheit getragen wird, wie auch die Millionen, die Anfang 2024 gegen „Remigrationspläne“ auf die Straße gingen, zeigen. Deshalb ist es wichtig, diesen Kampf für ein solidarisches und friedliches Zusammenleben und gegen Spaltung weiterzuführen.

