Der Sommer naht und mit ihm der alljährliche Urlaub. Mittlerweile sind dem Reiselustigen, dank Ryan Air und Co., keine Grenzen mehr gesetzt. Mit dem nötigen Kleingeld ist man ruckzuck an vielen Orten Europas. Heute Barcelona, morgen Moskau. Auch Langstreckenflüge, wenn auch immer noch teuer, sind nicht mehr eine Sache der Unmöglichkeit. Ja, das Reisefieber packt viele von uns (siehe „360 Grad Reisefieber“). Aber was braucht ein Urlaub denn nun wirklich, um sich in unser Gedächtnis einzubrennen. Was muss da passieren, damit man jedes Mal lächeln muss, wenn man daran zurückdenkt?
Es scheint, ein paar Faustregeln für einen gelungenen Urlaub zu geben. Für diejenigen, die noch nie dabei waren, scheint das alljährliche DIDF-Jugend Sommercamp nicht gerade die perfekte Urlaubslocation zu sein. Schließlich verstößt es augenscheinlich gegen alle Voraussetzungen, die ein Urlaub erfüllen sollte. Denkt man. Hier der Beweis, dass dem nicht so ist!
Regel 1: „Im Urlaub will ich Sommer, Sonne und Meeresrauschen“
Ja, man muss zugeben. Mit den Stränden von Spanien kann der Thüringer Wald, in dem dieses Jahr das Camp stattfindet, ganz sicher nicht mithalten. Doch zeigt die Vergabe des „Traveller’s Choice Award“, der jedes Jahr an die beliebtesten Urlaubsziele vergeben wird, dass das Meer und der Sonnenschein wohl längst nicht mehr Grundvoraussetzung für einen gelungenen Urlaub sein müssen. Denn Topreiseziel ist kein anderes als das verregnete London! Auf Sonnenschein wartet man hier oft lange und einen Strand gibt es auch nicht. Ja, ein Strandurlaub hat schon was, aber könnten zehn Tage in der Natur, in der Stille des Waldes, ganz ohne Erwartungsdruck und ohne das zwingende „Ich muss jetzt was sehen“ das nicht auch haben? Da hört sich der Thüringer Wald doch gar nicht mehr so schlecht an, oder?
Regel 2: „In meinem Urlaub will ich doch nicht im Zelt auf dem Boden schlafen?!“
Oh, doch. Du weißt nur noch nicht, dass du es willst. Denn das Zelt wird zu deinem Reich. Hier lebst du mit ganz unterschiedlichen Leuten zehn Tage lang zusammen. Du lernst, dass es im Schlafsack ziemlich warm werden kann (übrigens noch wärmer, je weniger Kleidungsschichten du trägst) und dass eine Isomatte genauso bequem sein kann, wie das eigene Bett. Du wirst es jetzt nicht glauben, aber nach dem Sommercamp willst du nie wieder irgendwo anders schlafen, als in dem Zelt, das zehn Tage lang dein Zuhause war. Du wirst es vermissen vom Gezwitscher der Vögel oder von den Sonnenstrahlen geweckt zu werden.
Regel 3: „Ich möchte doch in meinem Urlaub nicht über Politik sprechen?!“
Ja, Urlaub soll eine Auszeit von Alltag sein, aber dabei wird doch der Alltag nicht vollkommen ausgeblendet. Das beginnt schon bei „kleinen“ Dingen. Das Mensaessen in deiner Schulkantine ist zu teuer? Dann setz dich mit zahlreichen anderen Schülern zusammen und sprich darüber, wie du das ändern kannst. Du kommst mit dem Zeitdruck an der Uni nicht klar? Nicht nur dir geht es so, sondern vielen anderen Studierenden auch, die ihre Erfahrungen gerne mit dir teilen würden. Du bist total unzufrieden mit den Ergebnissen, die deine Gewerkschaft bei den letzten Tarifrunden ausgehandelt hat? Man ist nie alleine im Betrieb und auch auf dem Camp werden Arbeiter und Azubis dabei sein, um mit dir nach Lösungen zu suchen. In deinem Wahlkreis hat die AfD Stimmen abgesahnt und das findest du scheiße, willst dazu was machen, aber dir fehlen die Argumente? Dann nimm für deinen Alltag etwas aus dem Seminar „Rassismus und Rechtsruck“ mit. Du wolltest dir schon einmal ein Konzentrationslager anschauen, hattest aber Angst, dass du damit nicht klar kommst? Hier bist du nicht allein. Es wird eine Buchenwaldfahrt geben. Zuvor wirst du jedoch auf das, was dich dort erwartet und was dort passiert ist, vorbereitet, u.a. durch ein Zeitzeugengespräch. Ob wir wollen oder nicht, politische Geschehnisse und Entscheidungen bestimmen unser Leben, da ist es doch gar nicht so falsch, das mit hunderten anderen Jugendlichen zu besprechen, oder?
Regel 4: „Ich möchte in meinem Urlaub etwas erleben und neue Menschen kennenlernen“
Dann bist du auf dem Sommercamp genau richtig! Aus ganz Deutschland kommen hier Jugendliche zusammen. Du wirst zusammen kochen, mit vielen Jugendlichen kreativ sein in den AG’s. Wirst mit einigen in den Seminaren vielleicht auch hitzig diskutieren. Wirst mit ihnen eine Mannschaft beim Volleyball- und Fußballturnier gründen. Wirst mit ihnen deinen Abend gestalten. Wirst Seite an Seite mit ihnen Halay tanzen oder einfach nur quatschen. Du wirst hunderte neue Freunde finden. Wirst plötzlich Freunde aus München, Berlin, Köln usw. haben. Wirst sie vermissen, wenn das Camp vorbei ist und wirst die Tage bis zum nächsten Camp zählen.
Ja, vielleicht erfüllt das DIDF-Jugend Sommercamp nicht alle Regeln, die du dir für deinen perfekten Urlaub gesetzt hast, aber es wird durchaus dein unvergesslichster werden. Reisefieber schön und gut, aber lass dich doch einmal vom Campfieber packen. Denn das verlierst du dein ganzes Leben lang nicht.