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Die Abi-Panne

Seyda Kurt

Das Fach Mathematik war und ist wohl immer noch eines der meist gehassten, meist  gepriesensten und meist geförderten in den deutschen Schulen. Mich hat der Gedanke daran, mein schriftliches Abitur auch in Mathematik absolvieren zu müssen, schon in der Unterstufe geängstigt. Als dann in Nordrhein-Westfalen am 10.05.11 die Prüfung vor der Tür stand, war alles doch nicht so schlimm! Doch fast jeder kann wohl nachvollziehen, dass ich Tage später, als ich erfuhr, dass man das Mathematik-Abitur aufgrund eines Fehlers widerholen muss, beziehungsweise kann, nicht sehr glücklich war.
„Aus pädagogischen Gründen“ könne man am 26. Mai die Arbeit in Grundkurs Mathematik wiederholen, hieß es. Denn eine  Formulierung in der Aufgabenstellung im Bereich Analysis hatte für Irritation gesorgt. Auch in meiner Prüfung wurde die Aufgabenstellung von Lehrern vor der dem Prüfungsbeginn eigenständig korrigiert und durch die Schüler geändert. Es sei nicht auszuschließen, dass die Aufgabenstellung in der Klausur des Zentralabiturs in Einzelfällen „Schülern den Zugang zur Lösung erschwert“ habe, hieß es dem Bericht zufolge in einer schriftlichen Benachrichtigung des Ministeriums an die Schulleiter.
Schon im Jahre 2008 hatte ein ähnlicher Fall im Mathe-Abitur in NRW für Aufsehen gesorgt. Anscheinend hat man jedoch nicht draus gelernt und die fünf verschiedenen Kontrollebenen der Kommission reichen wohl auch nicht aus. Zu der Möglichkeit, die Klausur wiederholen zu können, sagte mein Mathematiklehrer nur: „Nicht jede Chance ist es wert, sie zu nutzen!“ Meinen Notenstand durfte er mir nicht sagen, sodass ich selber einschätzen konnte, ob es für mich notwendig ist oder nicht, die Klausur zu wiederholen. Ich entschied mich dann jedoch dafür, die Prüfung nicht zu wiederholen, wenn auch mit einem komischen Gefühl im Magen. 3000 Schüler aus NRW sahen dies wohl anders und beteiligten sich laut der Grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann an der Wiederholungsklausur.
„Wie soll eine Kommission, die es in einem gesamten Schuljahr nicht schafft, eine korrekte Klausur zu entwerfen, in ein Paar Tagen eine neue, einwandfreie vorbereiten?“ fragten wir uns unter Freunden. Tatsächlich „schlich“ sich auch ein Fehler in die Wiederholungsklausuren ein. Erst durch den Anruf eines Lehrers in Düsseldorf wurde eine falsche Zahl in einer Tabelle noch vor dem Klausurtermin entdeckt. Auch wenn Löhrmann sagte, der Fehler ginge auf einen Übertragungsfehler einer an sich korrekt entwickelten Aufgabenstellung zurück und habe nichts mit der „Inkompetenz“ der Kommission zu tun, sorgte das ganze Chaos auch bei den zukünftigen Abiturienten für Unsicherheit.
Als Bilanz zog das Nordrhein-Westfälische Schulministeriums aus der Panne nur, dass man am Ende des diesjährigen Abiturs „das Verfahren evaluieren und auf Optimierungen prüfen“ müsse. Wie man sieht, ist das Zentralabitur noch Jahre nach der Einführung mit Problemen und fehlerhafter Organisation beladen. Zur Hilfe möchte man in NRW nun bei anderen Bundesländern mit Zentralabitur nachfragen, wie eine Aufgabe korrekt entwickelt wird und Fehler vermieden werden. Das Problem bleibt also wieder unter den Ländern und wird nicht mit der Konsequenz konfrontiert, die einen derart leichtsinnigen Umgang mit der  Zukunft vieler junger Menschen verdient hätte.

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