Am 10. Oktober ereignete sich in der türkischen Hauptstadt Ankara ein terroristischer Attentat auf eine Friedensdemonstration, zu der verschiedene Gewerkschaften der Dachverbände DISK und KESK, Berufsverbände TMMOB und TTB, sowie verschiedene Parteien und Organisationen aufgerufen hatten. Der Anschlag riss mindestens 128 Teilnehmer in den Tod und es gab über 500 Verletzte. Während Ermittlungen auf einen Anschlag seitens des Islamischen Staates (IS) hindeuten, bleibt die Frage nach den Hintermännern des Anschlages sowie die Rolle der Regierung bzw der Polizei mit vielen Fragezeichen behaftet: Wie ist es möglich, dass solch ein brutaler Angriff auf einer Friedenskundgebung mit 100000 Teilnehmern geschehen konnte, die Polizei keinerlei Sicherheitsmaßnahmen ergriff und keine einzige Sicherheitskraft verletzt wurde?
AKP-Minister und Vertreter beschuldigten in ihren ersten Erklärungen willkürlich oppositionelle Gruppierungen, noch bevor sie um Beileid für die Opfer und ihren Familien baten! Unter der Leitung des amtierenden Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan versucht die AKP-Regierung mit ihrer auf Gewalt basierenden Politik die Bevölkerung einzuschüchtern und die immer stärker werdende Demokratiebewegung zu schwächen. Und da ist ihnen jedes Mittel recht!
Seit dem Einzug der HDP ins Parlament vor wenigen Monaten kündigte die AKP-Regierung den Friedensprozess mit der PKK. Und seit dem hat der Staats- und Polizeiterror etliche Opfer vor allem in kurdischen Städten gefordert. Bereits vorher war eine Bombe auf einer HDP-Kundgebung in Diyarbakir explodiert, später riss ein Selbstmordattentäter in Suruc 32 junge Helfer mit in den Tod, die Spielzeug und Bekleidung nach Kobane in Syrien bringen wollten. Es ist alltäglich, dass kurdische Läden, Häuser und Betriebe attackiert und Kurden auf offener Straße verprügelt werden. Statt den Friedensprozess und die Kurdenfrage im Friedlichen zu lösen, setzen Staatspräsident Erdogan und seine Funktionäre auf den vollen Staatsterror und stacheln ihre Anhänger an, Angst und Schrecken zu verbreiten!
Erdogan hat nunmehr sämtliche demokratischen Rechte, wie Pressefreiheit, Streikrecht, Meinungsfreiheit etc. im gesamten Land aufgekündigt und den Startschuss für ein neues diktatorisches Regime in der Türkei gegeben. Das Ergebnis der Wahlen vom 7. Juli wird von der AKP-Regierung komplett ausgeblendet. Denn mit dem Einzug der HDP ins Parlament wurde die Alleinherrschaft der AKP beendet. Um nun aber die Alleinherrschaft wieder zu erlangen und das Präsidialsystem einzuführen, ist Erdogan und seiner Regierung jedes Mittel Recht.
Mit diesem Anschlag in Ankara ist dieser Konflikt im Osten nunmehr auch im Westen der Türkei angekommen. Zahlreiche oppositionelle Redakteure, Journalisten und Intellektuelle werden politisch verfolgt oder befinden sich bereits in Haft.
Es ist kein Geheimnis mehr, dass die AKP den Islamischen Staat und alle anderen radikal-islamischen Gruppierungen in Syrien finanziell, politisch und logistisch im Kampf gegen das unabhängige kurdische Autonomiegebiet Rojava unterstützt. Versorgt werden die verletzten Terroristen in den türkischen Krankenhäusern in der Umgebung.
In Anbetracht dieser Tatsachen genügen sich die USA und die übrigen westlichen Mächte, darunter auch Deutschland mit einer nur oberflächlichen Kritik und räumen der Türkei ein Recht zum Kampf gegen den Terrorismus ein, obwohl regelrecht ein Bürgerkrieg im Land ausgelöst wird und friedliche Menschen auf offener Straße ermordet werden. Die Westmächte sind dazu gehalten, sich mit der Friedens- und Demokratiebewegung in der Türkei zu solidarisieren und sie zu unterstützen. Andererseits wird es keinen Frieden geben und das Blutvergießen im Land nicht aufhören.
Wir fordern:
– die Wiederaufnahme des Friedensprozesses mit den Kurden, der durch Staatspräsident Erdogan einseitig aufgekündigt wurde!
– den sofortigen Stopp der sog. „Anti-Terror-Operationen“ gegen die Zivilbevölkerung, Oppositionelle und Kurden!
– Hände weg von der Presse- und Meinungsfreiheit!
– die Einhaltung der elementaren Grund- und Menschenrechte!