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Die Rechnung von Morgen schon heute präsentiert

Silan Kücük

Aus einer neuen Studie von Unicef, der Kinderhilfsorganisation der Vereinten Nationen, geht hervor, dass es Kindern und Jugendlichen in Deutschland so gut gehe, wie noch nie. Deutschland belegte den sechsten Platz unter 29 Industrienationen in den fünf Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Sicherheit, Verhalten und Risiken, Wohnen und Umwelt sowie materielles Wohlbefinden. Zuvor, also 2007, erreichte Deutschland bei derselben Studie den siebten Platz.

Merkwürdigerweise hat die Bundesrepublik von allen Bereichen im Bereich der Bildung die meisten Punkte. Hinter den Niederlanden und Belgien belegt sie den dritten Platz. Die Begründung des Kinderhilfswerks hierfür ist das gute Abschneiden der deutschen Schüler bei den neueren PISA-Tests und gleichzeitig spricht die Studie ihr Lob an das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem aus. Ganz selten hört oder liest man, dass das deutsche Bildungssystem vorbildlich sei. Schließlich ist es ein selektierendes und chancenungleiches Bildungssystem. Das gute Abschneiden bei den PISA-Tests sollte ebenfalls kritisch betrachtet werden. Denn nicht die Schülerinnen und Schüler sind erfolgreicher geworden, sondern die Kompetenz- und Anforderungsmessungen in den PISA-Studien wurden „modelliert“.

96 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren befänden sich in der Schule oder in Ausbildung. Richtig: Jedoch nicht vollständig: Zu den 96 Prozent zählen auch Praktikanten, Jugendliche, die sich in Maßnahmen befinden oder im Ausland sind und ein Auslandsjahr machen, etc. Denn die eigentliche Zahl der „arbeitslosen“ oder „nichts-tuenden“ Jugendlichen ist höher als 4 Prozent.

Ein weiterer Punkt in dem Bericht ist, deutsche Mädchen und Jungen würden weniger rauchen und die Zahl von Teenager-Schwangerschaften sei weiter gesunken.

Die eigentliche Wahrnehmung der Jugendlichen

An der Studie ist auffallend, dass jeder siebte Jugendliche seine aktuelle Lebenssituation als mäßig bis negativ bewertet. Der vorliegende Bericht kann diese Entwicklung nicht erklären. Doch die Daten weisen darauf hin, dass sich möglicherweise viele Mädchen und Jungen hierzulande nicht wertgeschätzt und akzeptiert fühlen. Zudem sind ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft gering. Offenbar fehlt es vielen Kindern in Deutschland an einem positiven Selbstwertgefühl. Und im Vergleich der Lebenszufriedenheit mit 29 Industrienationen liegt die Bundesrepublik damit auf Platz 22. Das Land hatte vor mehreren Jahren noch den Rang zwölf. Wie erwartet, beim Wohlergehen der Kinder liegen die Niederlande, Norwegen, Island, Finnland und Schweden in der Spitzengruppe.

„Die deutschen Mädchen und Jungen stellen damit sich und ihrer Umgebung ein erschreckendes Zeugnis aus, das uns nachdenklich machen muss“, sagte Hans Bertram, Mitglied des Deutschen Unicef-Komitees und Professor an der Berliner Humboldt-Universität. Viele Kinder und Jugendliche fühlen sich, auf Grund der einseitigen Konzentration auf Leistung, ausgeschlossen. Deutschland befinde sich mit Platz 11 im oberen Mittelfeld der Industrieländer.

Die besten Lebensbedingungen- Niederlanden!

Diesmal wurden für die Studie in den 29 Ländern 176.000 Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 15 Jahren befragt. In Deutschland waren es etwa 5.000 Kinder und Jugendliche. Laut der Studie haben Kinder in den Niederlanden die besten Lebensbedingungen.

Nichtsdestotrotz warnte der Kinderhilfswerk vor den Folgen staatlicher Sparprogramme für Kinder. Der zuständige Bereichsleiter Chris de Neubourg erklärte in Genf, bei der Vorstellung des Jahresberichts, dass viele Regierungen durch ihre „Schuldenreduzierung“ „künftige Generationen entlasten“ wollten. Wenn dies jedoch zu Einsparungen im Bildungswesen und bei der Förderung von armen Familien führe, so werde „die Rechnung den Kindern von heute präsentiert“, betonte de Neubourg.

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