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Eine “Nationale Sicherheitsstrategie”, die mehr Unsicherheit fördert

Die Bundesregierung hat vor zwei Wochen ihre erste „Nationale Sicherheitsstrategie“ vorgestellt. Dieses Dokument belegt in der Hierarchie der Regierungspolitik vor allem in der Sicherheitspolitik den ersten Rang. Alles was Innen- und Außenpolitik betrifft, muss im Einklang mit dieser Strategie sein. Auch wenn so ein Dokument das erste dieser Form ist, wurden seit Ende der 60er Jahre mehrere sogenannte „“Weißbücher“ zu Fragen der Sicherheitspolitik und deren Ausrichtung verfasst. Zuletzt hatte die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen das „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ vorgestellt. Darin wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass angesichts der weltweiten Veränderungen Deutschland eine größere Verantwortung zur Mitgestaltung der globalen Ordnung habe.

So ist die „neue“ Nationale Sicherheitsstrategie nicht wirklich neu, dennoch gibt das 76-seitige Dokument mit vielen „wohlklingenden“ Sätzen, wie: „Unsere Sicherheit ist verbunden mit der Sicherheit und Stabilität anderer Weltregionen“ oder „Die Bundesregierung wird ihr Engagement zur Bekämpfung von Armut und Hunger, sozialer Ungleichheit und der Klimakrise verstärken“ eine Richtung vor, der alles untergeordnet werden soll.

Seit Monaten wurde in der Presse über eine neue Sicherheitsstrategie diskutiert. Diese sollte auch schon auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar vorgestellt werden. Weshalb es nicht dazu kam, darüber gibt es verschiedene Spekulationen. So wird z.B. behauptet, dass sich die Regierung in einigen Punkten, wie zum Beispiel nach dem Vorbild der USA einen „Nationalen Sicherheitsrat“ zu gründen, nicht einig war und letztlich diese Idee fallengelassen hat.

EIN ÜBERSPANNTER SICHERHEITSBEGRIFF

Gefahren, Bedrohungspotenziale und Bedrohungsszenarien, denen Deutschland jetzt vorbeugen muss und auf die es vorbereitet sein muss, ist die Essenz des Papiers.

In der Pressekonferenz, bei der die Strategie vorgestellt wurde, sagte Scholz, es gehe „um die ganze Palette unserer Sicherheit.“ Diese könne nur gewährleistet werden, wenn nicht nur das Militär, sondern Diplomatie, genauso wie Polizei und Feuerwehr, Technische Hilfswerke, Entwicklungszusammenarbeit, Cyber-Sicherheit und der Schutz von Lieferketten sichergestellt würden. „All diese Mittel und Instrumente müssen ineinander greifen und zusammenwirken, um die Sicherheit unseres Landes zu stärken“ so Bundeskanzler Scholz. Die Losung „Zeitenwende“, die Scholz kurz nach dem Angriff Russlands ausgerufen hat, drang (ohne es immer wieder zu sagen) im Grunde durch das ganze Dokument durch.

Mit einem bis zum äußersten ausgedehnten Sicherheitsbegriff heißt es im Papier: „Wir leben in einem Zeitalter wachsender Multipolarität. Einige Staaten versuchen, die bestehende internationale Ordnung entsprechend ihrer Auffassung von systemischer Rivalität umzugestalten“, was so viel heißt – und auch in dem Dokument mehrmals formuliert wird – dass China mit seiner wachsenden wirtschaftlichen, militärischen Kraft und globalem Einfluss gebremst werden muss und Russland „auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit im euroatlantischen Raum“ sei. Dokumentiert wird, dass die Bedrohung nicht nur von China und Russland ausgehe, sondern Terrorismus, Extremismus, organisierte Kriminalität und illegale Finanzflüsse würden zunehmen, ebenso Cyberangriffe, die große Schäden verursachen und Risiken für Sicherheit und Stabilität bedeuten. „Mit einer Politik der Integrierten Sicherheit sorgen wir dafür, dass Deutschland wehrhaft und resilient ist und nachhaltig handelt“, so im Dokument. Diese drei Begriffe „wehrhaft“, „resilient“ und „Integrierte Sicherheit“ sind in diesem Dokument immer wieder zu lesen. , Das führt zu der Schlussfolgerung, dass die Bundeswehr gewaltig und umfassend aufzurüsten sei. Sie müsse „zu einer der leistungsfähigsten konventionellen Streitkräfte“ gemacht werden und Deutschland zur militärischen Drehscheibe für NATO zu entwickeln. Auch die Geheimdienste sollen gestärkt werden. Mit dem Verweis, andere Geheimdienste würden mehr Befugnisse haben, wird bezweckt, die, wenn auch pro forma noch „vorhandenen Hürden“ wegen Datenschutz-Fragen abzubauen. In diesem Strategiepapier wird auch dem schon seit langem diskutierten Thema „braucht Deutschland angesichts der Entwicklungen Atomwaffen?“ eine Antwort gegeben.

Im Papier heißt es: „Solange es Nuklearwaffen gibt, ist der Erhalt einer glaubwürdigen nuklearen Abschreckung für die NATO und für die Sicherheit Europas unerlässlich.“

Sowohl die Gesellschaft als Ganzes, wie auch jeder einzelner sollen ihren Beitrag leisten:

„Aufgrund der starken Wechselwirkungen zwischen äußerer und innerer Sicherheit hängt die Handlungsfähigkeit Deutschlands nach außen zunehmend auch von seiner Resilienz im Inneren ab. Diese liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Um die Sicherheit der Menschen unseres Landes vor Katastrophen und Krisen umfassend zu stärken, bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes. Die Bundesregierung, die Länder, die Kommunen, die Wirtschaft, zivilgesellschaftliche Organisationen – aber auch jede und jeder Einzelne – können und sollen hierzu beitragen“.

Der Kurs ist gelegt, jetzt gilt es die Menschen dafür zu gewinnen. Denn die Regierung weiß, ohne deren Einverständnis wird es früher oder später schwer sein, diese Strategie weiterzuführen. Gerade deswegen soll dieses Papier in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Dafür soll Experten, zivilgesellschaftliche Organisationen, Medien und anderen Teilen der Gesellschaft, auf unterschiedlichen Plattformen, wie Foren, Informationsveranstaltungen etc. Raum gegeben werden sich zu „informieren und auszutauschen“.

NICHT VERBLENDEN LASSEN! GEMEINSAM GEGEN KRIEG, AUFRÜSTUNG UND REAKTIONÄRE POLITIK KÄMPFEN!

Zur Wahrheit gehört auch, dass große Teile der Arbeiterschaft und allgemein der Gesellschaft vor allem nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine unter dem Einfluss der herrschenden Politik stehen. Doch immer mehr Menschen hinterfragen die Politik der Regierung. Denn die „Zeitenwende“ und diese folgende „Sicherheitsstrategie“ bedeuten immense finanzielle Ausgaben und diese werden auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen und möglich gemacht. Schon jetzt wird über Kürzungen in sozialen Bereichen diskutiert. Angesichts der Inflation ist der Reallohnverlust weiter angewachsen. Krankenhäuser werden geschlossen, Schulen verkommen regelrecht und es fehlen immer noch hunderttausende Sozialwohnungen. Diese miserable Situation kann nicht durch eine sogenannte „Nationale Sicherheitsstrategie“, die mit dem Vorwand der Sicherheit daher kommt, überdeckt werden.

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