Written by 14:28 uncategorized

„Erdal Eren ein junger Revolutionär“

Im vergangenen Dezember war der 30. Todestag des jungen Widerstandkämpfers Erdal Eren. Um nicht nur ihn, sondern auch viele Widerstandskämpfer zu gedenken, die für eine bessere Welt mit ihrem Leben bezahlen mussten, hat die DIDF-Jugend in vielen verschiedenen Gedenkveranstaltungen organisiert. In einigen Städten war der Anwalt des jungen Revolutionären, Nihat Toktay, anwesend. Auch wenn 30 Jahre vergangen sind, ist der Fall kein abgeschlossener, sondern im Gegenteil aktueller denn je, so Nihat Toktay.

Wie war die Reaktion der Jungend in den 80er Jahren auf die Unterdrückung des Volkes?
Ich kann sagen, dass die Jugend in den Jahren sehr aktiv war, was gesellschaftliche Probleme betraf. Wenn wir über Erdal Eren sprechen, müssen wir auf die politische Situation schauen. Der Fall darf nicht als ein einfacher Fall betrachtet werden, sondern als die Rache der herrschenden Klasse an die Arbeiterklasse. Erdal war damals Mitglied eines für die Jugend wichtigen Organisation YDGF (Föderation der revolutionären Jugendvereine). YDGD organisiert eine Demonstration gegen die Besetzung Afghanistans seitens Russland. Bei der Demonstration greift die MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) die Demonstranten an und verletzt den Studenten Sinan Sümer. Anstatt Sinan Sümer im Krankenhaus medizinisch zu behandeln, wird er von der Polizei verhört. An den Folgen seiner Verletzung stirbt er, weil er zu viel Blut verliert. Am 2. Februar 1980 wird in Ankara eine Trauerfeier für Sinan Sümer veranstaltet, an dem über 3000 Menschen teilnehmen. Auch Erdal Eren ist bei der Veranstaltung anwesend. Am Ende der Veranstaltung schießt ein Soldat ohne Vorwarnung auf die Menschenmenge. Von der Menschenmenge schießen einige Menschen zurück. Ein Soldat namens Zekeriya Önge wird erschossen und stirbt auf der Stelle. Die Polizei und die Soldaten inhaftieren jeden, den sie bekommen. Auch Erdal Eren befindet sich unter den festgenommenen Menschen.
Kann man sagen, dass Erdal Eren schuldig war?
Niemals! Er unterstreicht auch jedes Mal, dass er es nicht gewesen ist. „Wenn ich einen Soldaten hätte töten wollen, hätte ich die Gelegenheit gehabt fünf Soldaten zu töten. Doch meine ideologische Ausrichtung wiederspricht das töten eines Soldaten.“
Mit welchen Schwierigkeiten wart ihr im Laufe des Prozesses konfrontiert?
Als ich den Fall akzeptiert habe, habe ich eine Vorbereitungsphase beim Gericht angefragt. Erst bekam ich eine Ablehnung und beim zweiten Mal gaben sie mir zehn Tage.  Hätten die beim Beweis des Alters nichts vorgetäuscht, hätten wir den Fall gewonnen. Nach der ersten Gerichtsverhandlung wurden sowohl Erdal als auch ich noch mal angezeigt, weil wir kommunistische Propaganda betrieben hätten. Hier hat Erdal Slogans wie „Tod dem Faschismus-Freiheit dem Volk und es lebe die TDKP!“ reingerufen. Während dem Prozess durften wir uns nur drei mal sehen und jedes Mal bekam ich eine Gänsehaut, weil sein ganzer Körper voller Narben war.
Wie war die Bewegung in der Türkei und im Ausland für Erdal Eren?
Selbst in Europa und in den USA war die Unterstützung groß. Nicht nur Kommunisten, sondern auch demokratische Kräfte, Autoren, Künstler, Gewerkschaften – sie haben alle ihre Hoffnung nicht aufgegeben. Ercan Koca, ein Student aus Ankara, wurde erschossen, als er ein Plakat mit der Aufschrift „Retten wir Erdal Eren“ aufhängen wollte.
Und wenn wir auf den Tag zu sprechen kommen…
Die Situation in der Türkei wurden mit dem Militärputsch immer schlimmer und wir hatten kaum noch Hoffnung. Erdal wusste es selber auch. Am 12. Dezember hat man uns gesagt, dass wir zu Hause bleiben sollen. Es war klar, was folgen würde. In der Nacht wurden ich und Ismail Sami Cakmak abgeholt. Wir sind ins Gefängnis gebracht worden. Als wir Erdal umarmt haben, hat er uns zwei Briefe gegeben, die zu erst von der Polizei kontrolliert worden sind. Ich werde den Tag nie vergessen. Seine Augen waren voller Lebensfreude. Es war kein Schimmer von Reue zu spüren. Außer uns durfte ihn auch niemand anfassen. Ein letztes Mal hat er uns umarmt, die Schlaufe um seinen Kopf geworfen und seine bekannten Slogans gerufen. Ohne auf den Henker zu warten, stieß er den Stuhl um. Als ich zu Hause ankam, war mein ganzes Haus durchwühlt.
Wie kommt es, dass so ein junger Mensch so mutig ist?
Erdal Eren war stets ein Jugendlicher, der an eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung geglaubt hat. Dass er bei der YDGF und GKB (Bündnis der kommunistischen Jugend) organisiert war, waren die Hauptmerkmale für deine hartnäckige und mutige Haltung. Er hat immer seine Aufgaben, ob klein oder groß, mit großer Sorgfalt erledigt.
Sie haben in Deutschland an einigen Veranstaltungen teilgenommen. Was haben Sie beobachten können?
Die Veranstaltungen waren meines Erachtens sehr sinnvoll. Es wurden Parallelen zwischen Widerstandskämpfern aus Deutschland und Erdal Eren gezogen. Die Menschen waren für diese Themen sehr interessiert. Es war auch sehr schön, dass Jugendliche Fragen zu Erdal gestellt haben. Jugendlichen sollten durchaus große Aufgaben gegeben werden. Sie sind in der Lage, diese zu erledigen und somit das Bewusstsein zu erlangen. Überall auf der Welt können wir uns gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung organisieren und mutige Schritte wagen. Wenn wir diese Schritte wagen, bringen solche Veranstaltungen auch nicht viel. (NEUES LEBEN)

Close