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Erfahrungsbericht: Hungerstreik der „Non-Citizens“ in München

Schaut man sich die Weltkarte einmal an, ist es erschreckend, zu sehen, in wie vielen Ländern der Erde aktuell die Verfolgung und Vertreibung von Minderheiten, bürgerkriegsähnliche Zustände oder ganz offen Kriege an der Tagesordnung stehen. Eine logische Folge für viele Menschen ist es, aus diesen Krisengebieten zu fliehen, um irgendwo anders Schutz zu suchen. Diese notgedrungene Entscheidung bedeutet für viele das Zurücklassen von allem Hab und Gut, aber auch vor allem von Familienmitgliedern und auf der anderen Seite ein mühseliger Weg in eine dunkle Zukunft. Von der Dramatik und der herzzerreißenden Geschichte eines jeden dieser „Schicksale“ bekommt man erst einen Eindruck, wenn man die Möglichkeit wahrnimmt, sich mit den Geflüchteten in einen der vielen Lager und Unterkünfte in Deutschland zu unterhalten. Wir nahmen diese Möglichkeit war und besuchten in München das „Protestcamp“ von Flüchtlingen.
Angesichts der Lebensumstände, mit denen Geflüchtete in Deutschland konfrontiert sind, entschieden sich 24 sog. „Non-Citizens“ in München am Sendlinger Tor in den Hungerstreik zu treten. Dies war nach dem Hungerstreik von 50 Geflüchteten im Juni 2013 schon der zweite Protest dieser Art in München. Die Beweggründe der Geflüchteten sind klar: „Lager sind Gefängnisse für uns. Die Residenzpflicht ist ein Zeichen der Sklaverei. Einschränkungen von Arbeit und Studium erfolgen, um uns von der Gesellschaft zu trennen und um uns in unmenschliche Situationen zu zwingen. Abschiebungen im Rahmen der Dublin Verordnungen sind ein Zeichen der organisierten Politik aus EU-Ländern.“
Weil die Non-Citizens keinen Ausweg mehr sahen und nichts mehr zu verlieren haben, wählten sie diese Art und Weise des Protestes und schlugen ihre Zelte an einem zentralen und frequentierten Platz in der Münchner Innenstadt auf. Am dritten Tag des Hungerstreiks musste bereits der erste Geflüchtete wegen hohem Fieber und medizinischen Problemen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Unzählige ehrenamtliche Helfer sammelten sich während dieser Tage um den Sendlinger Tor Platz, um sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren und ihnen beizustehen.

Am 26. November beschlossen die Non-Citizens ihrem Protest noch mehr Ausdruck zu verleihen und gingen in den zusätzlichen Durststreik über. Im Laufe des Tages wurden insgesamt vier weitere Streikende wegen Atemnot ins Krankenhaus gebracht. Nachdem unter den Helfern sich die Gerüchte verbreiteten, die Polizei wolle das Camp räumen, geschah das zu Abendstunden tatsächlich. Wie auch bei dem Hungerstreik vor einem Jahr am Rindermarkt in München tauchte die Polizei mit Hundertschaften auf. Alle Straßen um den Sendlinger Tor wurden abgesperrt. Mit aller Härte ging die Polizei gegen die Hungerstreikenden vor, die den einzigen Weg darin sahen, sich auf die nahe gelegenen Bäume zu retten. Während die Helfer versuchten, sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren, ging die Polizei mit Gewalt gegen sie vor und machte klar, dass sie um jeden Preis diesen Platz räumen wird. Innerhalb von Stunden sammelten sich hunderte Unterstützer der Non-Citizens, werden aber von rund 500 Polizisten daran gehindert, zu den Geflüchteten vorzudringen. Bis in die Morgenstunden ging das schreckliche Szenario mit den Geflüchteten auf den Bäumen weiter, die letzten Endes wegen Ermüdung gegen 8 Uhr des folgenden Tages mit den Kränen der Feuerwehr heruntergeholt werden, um ins Krankenhaus gebracht zu werden. Mittlerweile ist auch der Oberbürgermeister Dieter Reiter eingetroffen um die klaren Forderungen der Non-Citizens entgegen zu nehmen. Diese waren:

  1. Eine sofortige Unterbringung
  2. Ein größeres Treffen mit Vertretenden der Stadt München, der Landes- und Bundesregierung, den aktiven NonCitizens und verschiedenen Flüchtlingsorganisationen.
  3. Überprüfung der Asylanträge
  4. Tee und sofortige medizinische Versorgung
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