Paul Otto
Strafzölle von 100 Prozent droht Donald Trump Ende November 2024 den BRICS-Staaten an, um die Führungsrolle der USA zu verteidigen „Wir verlangen von diesen Ländern die Zusage, dass sie weder eine neue BRICS-Währung schaffen noch eine andere Währung unterstützen werden, um den mächtigen US-Dollar zu ersetzen“. Dabei hatten die EU und die USA durch die Beschlagnahme von circa 300 Milliarden Dollar russischen Auslandsvermögens, hauptsächlich von deutschen und belgischen Konten, sowie durch den Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Zahlungssystem, erst die Diskussionen um eine alternative Verrechnungseinheit befeuert.
Am 6. August 2025 beschließen die USA dann tatsächlich 50 Prozent Einfuhrzoll auf Importe aus Indien. Offiziell werden diese Sekundärsanktionen als Strafe deklariert, wegen des Bezugs von Erdöl aus Russland durch Indien. Nach China ist Indien der zweitgrößte Abnehmer von russischen Erdöl und Erdgas. Im Haushaltsjahr 2024/2025 betrug dessen Warenwert 50 Milliarden Dollar. Eine Befolgung der US-amerikanischen Sanktionen würde die indische Wirtschaft Milliarden kosten und wäre laut dem indischen Minister für Petroleum und Erdgas, Shri Hardeep Singh Puri nur möglich, wenn die russischen Lieferungen unter anderem durch teureres Rohöl aus den USA ersetzt werden. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages stellte am 6. Oktober 2022 fest, Sekundärsanktionen „verletzen durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht“.
Einseitige Einfuhrzölle von 50 Prozent als Bestrafung wofür?
Mit seinen Strafzöllen nimmt US-Präsident Donald Trump auch Südamerikas größte Volkswirtschaft ins Visier. Er unterzeichnet am 30. Juli 2025 einen Erlass über Importzölle in Höhe von 50 Prozent auf Warenlieferungen aus Brasilien. Als Anlass wird die Anordnung von Hausarrest für den vormaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro genommen. Dieser steht im Verdacht, Anfang 2023 Drahtzieher eines Putschversuchs gewesen zu sein.
Nach China sind die USA der zweitgrößte Handelspartner Brasiliens. Und genau darum geht es. Den USA passt der Einfluss Chinas nicht, zudem Brasilien prominentes Mitglied des Staatenbündnisses BRICS ist. In diesem Bündnis versammeln sich eine Reihe von Staaten, welche sich neben ihren Beziehungen zu den USA weitere außen- und wirtschaftspolitische Optionen offen halten wollen. Dadurch verbessern sie auch ihre Verhandlungsposition gegenüber den USA.
Durchsetzung des Rechts des Stärkeren
Der US-Präsident begründet die Zölle gegen Brasilien mit einer nationalen Notlage. Die Regierung von Brasiliens Präsident Luiz Inácio da Silva stellt laut einer Meldung aus dem Weissen Haus eine «ungewöhnliche und außerordentliche Bedrohung» für die nationale Sicherheit, die Wirtschaft und die Außenpolitik der USA dar. Erwähnt wird die Tatsache, dass sich ein brasilianischer Richter erdreistet, US-Firmen zur Herausgabe sensibler Nutzerdaten aufzufordern und zwar unter Androhung von Geldstrafen, Marktausschluss und Strafverfolgung. Das sei ein Angriff auf die Geschäftstätigkeit amerikanischer Digitalkonzerne in Brasilien.
Begleitend macht US-Finanzminister Scott Bessent klar, welcher Staat exklusiv das Recht habe, weltweit in die inneren Verhältnisse anderer Länder einzugreifen und deren Bürger nach Belieben zu verfolgen. Er veranlasst das Einfrieren sämtlicher Vermögenswerte des zuständigen Richters an Brasiliens Obersten Gerichtshof. Damit kann Alexandre de Moraes ab sofort weder Bestellungen im Internet bei Amazon oder anderen amerikanischen Plattformen tätigen, noch im eigenen Land Brasilien mit den gängigen Kreditkarten bezahlen. Denn Zahlungen mit Mastercard, Visa oder Paypal sind für ihn gesperrt. Zudem werden im Rahmen einer Kollektivstrafe die Einreisevisa für seine Familienangehörigen und seine Mitarbeiter widerrufen.
China ist der eigentliche Adressat der Strafzölle
Die „nationale Notlage“ der USA wird nicht durch einen einzelnen brasilianischen Richter erzeugt, in Wirklichkeit besteht sie in der schwindenden Dominanz der USA. Die sogenannte «regelbasierte internationale Ordnung» ist aufgekündigt. Zur Sicherung und Durchsetzung seiner imperialen Macht nimmt der US-amerikanische Staat die demokratische Maske herunter und geht zu offenen Zwangsmaßnahmen über. Staaten, welche sich nicht unterordnen, werden erpresst, bestraft oder gleich militärisch zur Räson gebracht, wie zuletzt der Iran, ein weiteres BRICS-Mitglied.
US-Admiral John Aquilino, Befehlshaber des Indopazifischen Kommandos nannte das Jahr 2027 als Datum für eine kriegerische Auseinandersetzung mit China. Die Atommacht Russland, als möglicher Verbündeter Chinas, ist durch den durch die USA provozierten Kriegseinsatz in der Ukraine bereits massiv geschwächt. Indien und Brasilien gehören neben China und Russland zu den vier Gründerstaaten und wirtschaftlichen Schwergewichten des Staatenbündnisses BRICS. Wobei Chinas Wirtschaftsleistung mehr als doppelt so hoch ist, wie das der anderen BRICS-Staaten zusammengenommen. Nach Russland sollen nun Indien und Brasilien in die Knie gezwungen und der Führung der USA untergeordnet werden. Bei Erfolg steht dann einer weiteren Verschärfung des Konflikts mit China nichts mehr im Wege.

