Written by 15:43 HABERLER

Erpressung mit dem Ziel der Niederwerfung

Die IS-Angriffe auf Kobani werden zunehmend stärker. Die Einwohner Kobanis und PYD-Führer haben erklärt, Kobani um jeden Preis zu verteidigen. Denn Kobani ist nicht irgendeine Stadt, sondern in den Augen der Kurden und aller anderen Bevölkerungsgruppen in der Region längst zum Synonym für den Widerstand für ein freies und laizistisches Leben geworden.
Die AKP-Regierung und die in der Region intervenierenden Imperialisten sind sich dieser Tatsache bewußt. Deshalb wünschen sie die Niederschlagung des Freiheitskampfes in Kobani durch den IS. Und deshalb gehen sie in den Wüsten des Irak und Syriens vermeintlich nach IS-Einheiten und bombardieren die menschenleeren Gebiete, während sie in Kobani zuschauen. Sie stufen die Kämpfe um Kobani als Gefechte zwischen zwei terroristischen Kräften. Auch wenn sie mit ihren Seelenverwandten vom IS nicht offen symphathisieren können, wünschen sie sich, dass beide sich gegenseitig fertigmachen.
Vor wenigen Tagen hatte Ministerpräsident Davutoglu im Gespräch mit dem HDP-Vorsitzenden Demirtas diesen erpresst und eine Intervention der Türkei gegen den IS in Kobani an die Bedingung angeknüpft, die türkische Politik in allen Bereichen zu unterstützen. Und der PYD hatte er Zusammenarbeit mit Assad vorgeworfen, was zur Verstärkung von IS geführt habe.
Diese Erpressung und Vorwürfe wiederholte er auch im Gepräch mit Pressevertretern: “Ich habe ihm (Demirtas) gesagt. Wenn ihr wollt, dass wir Kobani helfen, dann dürft ihr nicht gegen die Mandatserteilung für die türkische Armee stimmen. Dieses Mandat ist gegen IS und andere Terrororganisationen in Syrien, ja gegen alle Terroristen gerichtet.”
Nach seiner Auffassung bezahlt die PYD heute die Rechnung für die Fehler der Vergangenheit: “Wir traten letztes Jahr in Dialog mit der PYD. Die Fehler der PYD von damals bezahlen heute die Kurden in Kobani. Denn wir hatten die PYD damals unmissverständlich aufgefordert, mit der Freien Syrischen Armee zusammenzuarbeiten, gemeinsam den Terror im nördlichen Gürtel zu verhindern und sich vom syrischen Regime zu distanzieren. Wenn sie damals all dies getan und gute Beziehungen zur Türkei aufgebaut hätten, wäre der IS heute nicht so stark geworden.”
Aus seinen Erklärungen geht hervor, wie der Ministerpräsident der Türkei einerseits der HDP und andererseits den Kurden sowie alle Bevölkerungsgruppen in der Region droht, die sich für Freiheit und Kobani einsetzen.
Er sagt: “Wenn ihr nach unserer Pfeiffe tanzt, bekommt ihr Hilfe. Sonst werden wir tatenlos zuschauen, wie die IS-Mörder die Menschen massakriert, eure Städte niederbrennt und ausplündert, eure Frauen auf den Sklavenmärkten verkauft. Weil ihr unsere Aufforderungen bis heute nicht befolgt habt, habt ihr das alles eigentlich auch verdient.”
Dabei rühmten sich Davutoglu und seine AKP damit, dass sie alle Menschen liebten, weil sie Gottes Geschöpfe seien. Dabei würden sie keine Unterschiede machen, welche ethnische Herkunft oder Religion sie haben. Ihre wichtigste Tugend sei, allen Menschen in Not zur Hilfe zu eilen.
Dass diese Aussagen nur zur Propaganda dienen und keine praktische Bedeutung haben, konnten inzwischen alle erkennen. Wir sehen, wie die AKP mit ihrem Pragmatismus, selbst aus den schlimmsten Notlagen Profit schlagen zu wollen, heute die vom Massaker bedrohten Menschen in Kobani zum Verhandlungsgegenstand macht und am Verhandlungstisch nicht einmal vor solchen “unmoralischen Angeboten” zurückschreckt.
Davutoglu sagt zu Demirtas: “Die PYD soll sich uns niederwerfen. Sie sind in diese Lage geraten, weil sie bis heute nicht vor uns in die Knie gegangen sind.” Er geht noch weiter und droht auch den Kurden in der Türkei: “Wenn ihr Hilfe für Kobani wollt, dann müsst ihr dem Einsatz der türkischen Armee in Syrien und im Irak sowie gegen die Kurden zustimmen. Ansonsten solltet ihr keine Hilfe von uns erwarten.”
Der verbreitete Vorwurf an die AKP-Regierung, in allen Bereichen ihrer Politik bestechlich zu sein, müsste jetzt erweitert werden. Sie ist nicht nur bestechlich, sondern auch erpresserisch. Das wird auch deutlich, wenn man sieht, wie sie die Fortsetzung des Lösungsprozesses an die Bedingung knüpft, sich ihr niederzuwerfen.

İhsan Çaralan
Salih Müslim: Es ist höchste Zeit

Der Ko-Vorsitzende der PYD, Salih Muslim, forderte alle Kurden und die internationale Öffentlichkeit auf, den Vormarsch des IS in Kobani mit allen Mitteln zu verhindern. “Es ist heute die höchste Zeit. Wer was unternehmen möchte, soll es heute machen.”
Muslim sagte, er habe alle internationalen Gremien über die Angriffe in Kobani unterrichtet. Bisher habe sich aber niemand gerührt. Er wiederholte seine Forderung an die internationalen Kräfte, sofort tätig zu werden. Im Interview mit der Nachrichtenagentur ANF sagte er, die IS-Truppen seien bis an den Stadtrand von Kobani vorgerückt und setzten dabei schweres Militärgerät ein. Die YPD und YPJ, aber auch die Einwohner von Kobani würden jedoch entschlossen die Attacken von IS zurückschlagen und bräuchten die Solidarität und Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.

“Es liegt ein internationales Konzept vor”
Muslim sagte, bei den Angriffen auf Kobani handele es sich um ein geplantes Massaker am kurdischen Volk. “Aber die Tatenlosigkeit der ganzen Welt kommt einer Beihilfe zum Völkermord gleich. Vor den Augen der Welt spielt sich ein Massaker ab. Niemand unternimmt etwas. Sie verkaufen uns nicht mal Waffen. Es ist ein internationales Konzept gegen Kobani.”

“Die Luftschläge der USA sind wirkungslos”
Muslim veruteilte auch das gewaltsame Vorgehen des türkischen Staates gegen die Menschen an der türkisch-syrischen Grenze. “Die Menschen haben sich dort versammelt, weil sie sich Sorgen um ihre Verwandten diesseits der Grenze machen. Die türkische Polizei und Armee greift sie brutal an. Obwohl der IS auch die Türkei mit Granaten beschießt, hält sie an der Zusammenarbeit mit den Mördern fest.”
Die Bombardierung einiger IS-Stellungen um Kobani durch die US-Luftwaffe bezeichnete Muslim als ungenügend. “Es sind keine ernsthaften Schläge. Würden sie es Ernst meinen, sähe es heute anders aus.”

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