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„Es ist Zeit, sich zurückzuholen, was uns zusteht“

Die ver.di-Tarifkommission hat ihre Forderungen für die kommende Tarifrunde der Länder (TV-L) beschlossen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Nach Jahren der Zurückhaltung und realen Einkommensverluste ist Schluss. Diese Forderungen sind notwendig und sie werden nicht vom Verhandlungstisch fallen. Sie müssen durchgesetzt werden.

Mit der Beschlussfassung der Forderungen startet nun der zentrale Verhandlungsprozess, dessen erste Runde am 3. Dezember 2025 stattfindet. Sollte die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) nicht zügig zu einem tragfähigen Angebot bereit sein, bereitet ver.di Arbeitskampfmaßnahmen vor, die voraussichtlich Anfang 2026 in Form von Warnstreiks anlaufen werden.

Eine überfällige Reaktion auf die Inflation

Die Kernforderung 7 Prozent oder mindestens 300 Euro mehr im Monat ist keine überzogene Ambition, sondern pure Notwendigkeit. Seit Jahren steigen Preise für Wohnen, Energie und Lebensmittel deutlich schneller als die Löhne im öffentlichen Dienst der Länder. Die Reallöhne sinken, die Kaufkraft wird Schritt für Schritt ausgehöhlt. Das ist kein Zufall, sondern Folge einer Politik der Lohnzurückhaltung, die die Krisenlasten auf die Beschäftigten abwälzt.

Gerade die Mindestsumme von 300 Euro wirkt dort, wo die Preissteigerungen am stärksten treffen: in den unteren und mittleren Entgeltgruppen. Für viele ist diese Erhöhung keine Frage des Komforts, sondern der Existenzsicherung.

Auch die geforderte Erhöhung der Nacht- und Wochenendzuschläge um 20 Prozentpunkte ist lange überfällig. Wer zu Zeiten arbeitet, in denen der Körper eigentlich regenerieren müsste, bezahlt bereits mit Gesundheit, Familienverzicht und Lebensqualität. Ein höherer materieller Ausgleich ist das Mindeste, vor allem auch, um sich dem Nachwuchsproblem entgegenzustellen, mit dem der öffentliche Dienst konfrontiert ist.

So sollen Nachwuchskräfte auch 200 Euro mehr bekommen und bei erfolgreich abgeschlossener Ausbildung unbefristet übernommen werden und die Stundensätze von studentischen Beschäftigten sollen in die Tarifverhandlungen aufgenommen und erhöht werden.

Ohne Druck kein Durchbruch

Die TdL hat schon erklärt, diese Forderungen nicht zu erfüllen und mit dem Argument der leeren Kassen abgelehnt. Länderregierungen gleich welcher Parteienkonstellation agieren in Tariffragen in erster Linie als Arbeitgeber. Ihr Interesse ist es, Lohnkosten niedrig zu halten und Haushalte zu entlasten oder Spielräume für andere politische Projekte, etwa Ausbau von Polizeibefugnissen oder Militarisierung der Gesellschaft zu schaffen. Auch im staatlichen Sektor wirkt letztlich eine Logik des Kostendrucks, den man auf Kosten der Beschäftigten entlasten möchte.

Darum braucht es Druck von unten. Und Druck entsteht nur durch die organisierte Kraft der Beschäftigten. Rund 2,5 Millionen Menschen arbeiten im öffentlichen Dienst der Länder. Sie halten Schulen, Hochschulen, Verwaltungen, Justiz und Kliniken am Laufen. Diese Arbeit ist die Grundlage, auf der die Gesellschaft funktioniert und genau darin liegt die Hebelwirkung.

Die eigene Stärke nutzen

Darum ist die Mobilisierung vor Ort entscheidend. Es reicht nicht, die Forderungen zu begrüßen. Sie müssen zur eigenen Angelegenheit werden. Jedes Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen, jede verteilte Information, jede Teilnahme an Versammlungen und im entscheidenden Moment jede Arbeitsniederlegung stärkt die Position aller.

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder stehen vor einer zentralen Auseinandersetzung. Die Forderungen markieren den Übergang von jahrelanger Defensive zu einer notwendigen Offensive. Die Ungleichheiten zwischen Ost und West müssen endlich beseitigt, die realen Einkommensverluste ausgeglichen werden.

Der Erfolg wird nicht allein am Verhandlungstisch entschieden, sondern in den Betrieben, Schulen, Hochschulen und Kliniken. Er wird entschieden durch diejenigen, die die Arbeit jeden Tag tatsächlich leisten. Der Kampf beginnt jetzt.

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