Das Ergebnis der Europawahlen am 25. Mai sorgte, nicht nur in Deutschland, für einige entsetzte Gesichter. Zwar konnten CDU und SPD hier ihre Stimmhoheit behalten (die SPD sogar mit einem Anstieg um fast 7 % im Vergleich zu 2009), doch sieht die Lage in vielen europäischen Ländern ganz anders aus. In Frankreich, Dänemark, Niederlande und Österreich erlebten rassistische und rechtspopulistische Parteien einen Aufschwung. Auch in Deutschland konnte die rechtspopulistische Alternative für Deutschland- AfD eine starke Premiere hinlegen und mit 7 Sitzen in das EU-Parlament einziehen. Die Abschaffung der 3-Prozent-Hürde vor kurzem ermöglichte es auch der NPD, einen Platz bei den EU-Wahlen zu bekommen. Gleichzeitig konnte man vor allem in den Ländern, die am stärksten von der Krise und dem Spardiktat der EU betroffen sind, einen Aufstieg der linken Parteien beobachten. In Griechenland, das Land, das besonders stark unter der Krise leidet und dessen Arbeitslosenzahlen ins Unermessliche gestiegen sind und wo sich der Widerstand besonders gegen die Europa-Politik Deutschlands verfestigen konnte, bildet die linke Syriza mit 26,5 % die stärkste Kraft. Und auch in Spanien, Portugal oder Irland konnten linke Parteien an Stärke gewinnen. In Deutschland blieb die LINKE nahezu auf dem gleichen Stand wie 2009 und stellt wieder 7 Abgeordnete.
Auf den ersten Blick, einen Trend bei der Europawahl zu erkennen, scheint zunächst schwierig. Doch ist vor allem eines klar ersichtlich: die Skepsis in der Bevölkerung gegen die Institution EU steigt. Die Vortäuschung einer demokratischen Interessen- und Arbeitsgemeinschaft in Europa funktioniert nun nicht länger. Zu sehr mussten die von der Wirtschaftskrise gebeutelten Länder unter dem chauvinistischen Umgang der wirtschaftsstarken Staaten, allen voran Deutschland, mit ihnen leiden. Und auch in den anderen Ländern ist die EU, verkörpert durch ihren (heimlichen) Anführer Deutschland, schon längst zu einem Feindbild geworden. Wie sonst soll man sich den Stimmenzuwachs von EU-kritischen/gegnerischen Parteien erklären? Auch bei der Krise in der Ukraine hat die EU ihr wahres Gesicht gezeigt. Gegen alle Behauptungen eine unmilitaristische und friedliche Instanz zu sein, zeigt sie hier ganz deutlich ihre wahren Interessen. Als imperialistische Großmacht ist die EU bereit, für die Erhaltung ihrer neoliberalen Interessen und die Wahrung und Erschließung von Absatzmärkten in Volkssouveränitäten einzugreifen und Bevölkerung und Berichterstattungen nach ihren eigenen Wünschen zu lenken.
Interessanterweise hat diese sehr unausgewogene Wahl gezeigt, dass das Vertrauen in die EU in vielen Ländern geschwächt wurde. Nur ist der Umgang hier verschieden. In bürgerlichen Ländern, wie in Frankreich, Großbritannien und durch die AfD auch in Deutschland nutzen rechte Parteien diesen Umstand, um ihre rassistische Politik zu stärken und spielen sich als die Interessenvertreter der Bevölkerung auf. Währenddessen gewinnen in Griechenland, Spanien, Portugal und Irland linke Kräfte mehr Zulauf und können und möchten, im Gegensatz zu den rechten Parteien, die Souveränität ihrer Bevölkerung tatsächlich verteidigen. Wie lange die EU innerhalb der deutschen Bevölkerung noch Bestätigung erhalten wird, bleibt abzuwarten. Doch werden hier auch EU-kritische Stimmen immer lauter.