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Eurovision oder Illusion?

Yasemen Ilhan

Als Ausrichter des Eurovision Song Contests wird Düsseldorf immer mehr in den Medien und TV-Sendungen erwähnt. Allein in den vergangenen Wochen erschienen über 100 Zeitungsartikel zum Wettbewerb. Die Marketing-Maschinerie für die NRW-Landeshauptstadt ist damit so richtig in Schwung gekommen. „Die Werbewirkung ist nahezu mit der einer Fußball-Europameisterschaft gleichzusetzen. Der häufig erwähnte dreistellige Millionenbetrag an Marketingeffekten für die Stadt ist durchaus realistisch“, sagt Werbeexperte Christian Hupertz. Die Summe der gesamten Werbekosten könne man zwar nicht konkret erfassen, aber rechne man allein die Berichterstattungskosten in Printmedien und Fernsehen zusammen, käme man schon zur dreistelligen Millionenzahl.
Mit den Werbekosten ist aber noch nicht alles getan. Der Austragungsort, Esprit Arena, sorgt ebenfalls für zusätzlich hohe Kosten. Denn  der Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf muss während des Wettbewerbs für einige Spiele übersiedeln. Anstatt der Mannschaft in anderen naheliegenden Stadien Spielmöglichkeiten zu ermöglichen, wird für nur drei Spiele ein provisorisches Stadion gleich neben der Arena gebaut. Das Ersatzstadion sollte ca. 20 000 Zuschauer fassen. Die jeweiligen Kosten dafür betragen ca. 2,8 Mio. Euro.
Auch der Baustellenbetrieb der Stadt Düsseldorf wird dem „Ausnahmezustand“ angepasst. Die ursprünglich geplanten Baustellen werden vorerst nicht begonnen bzw. in die Warteliste aufgenommen. Insgesamt werden die Kosten für den Song-Contest ca. 10 Mio. Euro geschätzt.

Bei solch einer Bilanz fragt man sich, ob der kommerzielle Aspekt des Eurovision-Song-Contests immer noch, wie man es gerne behauptet, keine große Rolle spielt. Allein, dass bei dieser ganzen Werbewelle der ursprüngliche Gedanke des Wettbewerbs kein bisschen erwähnt wird, lässt diese Frage außen vor. Der internationale bzw. folkloristische Aspekt, welches ein Standbein des Contests sein sollte, ist bereits komplett untergegangen. Denn es werden überwiegend nur noch englischsprachige Lieder aufgeführt. Die Bezeichnung des Eurovision-Song-Contests als „internationaler Musikwettbewerb von Komponisten und Songschreibern“ gilt sowieso nicht mehr – es gewinnt lange nicht mehr das Land mit dem „schönsten“ Lied. Vielmehr ist es jenes, welches sich das freundlichste Image verpasst hat und sich natürlich am besten vermarktet.

Genauso fraglich ist es, dass während sich Bürgerinnen und Bürger immer wieder anhören müssen, dass die Kommunen aufgrund der Krise pleite sind, wie und woher plötzlich die finanziellen Mittel für einen Gesangswettbewerb herbeigezaubert werden können. Von Kitas und Jugendzentren bis zu Bibliotheken und Schwimmbädern werden immer mehr Sozialeinrichtungen aufgrund angeblicher finanzieller Schwierigkeiten geschlossen. Als einfacher Bürger müsste man bei solch einem Finanzplan etwas frustriert sein. Vor allem dann, wenn diese Mittel auch noch in Form von unnötigen „Ersatzstadien“ mitten in der Stadt auftreten. Auch wenn Düsseldorf hierbei eine Sonderstellung hat: Denn die Stadt gilt ja als schuldenfrei!

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