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Fast nur deutsche Auszubildende?!

Silan Kücük

Jugendliche mit Migrationshintergrund sind beim Start ins Berufsleben im Nachteil. Das zeigt eine Unternehmensbefragung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Wer einen türkischen oder arabischen Namen hat, erhält seltener eine Einladung zum Vorstellungsgespräch als jemand, der einen deutschen Namen hat. Das gilt auch, wenn der Schulabschluss vergleichbar gut ist. Das ist nichts Neues. Aber interessant ist es zu sehen, wie die Betriebe ihre Angaben zu dieser Thematik machen.
Die Prozentzahlen sind erschütternd. Von 450.000 Ausbildungsbetrieben bilden lediglich 15 Prozent Jugendliche mit Migrationshintergrund aus, währenddessen hatten 60 Prozent der Betriebe noch gar keinen einzigen Auszubildenden mit ausländischen Wurzeln.

Die Begründung: Es gehen gar keine Bewerbungen von Migranten ein. Diese Aussage treffen etwa 75 Prozent der Betriebe. Das scheint aber nicht einleuchtend und realistisch zu sein. Ist es wohl auch nicht. Denn laut einer Erklärung der Bundesagentur für Arbeit ist es bekannt, dass sich nichtdeutsche Schulabgänger im Durchschnitt häufiger bewerben, als die mit deutschen Wurzeln. Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher weisen daraufhin, dass die Betriebe offensichtlich Vorbehalte gegenüber nichtdeutschen Bewerbern haben. Fast 40 Prozent der Betriebe, die keine Migranten ausbilden, nennen als Grund, die Sorge vor mangelnden Sprachkenntnissen. Weitere 15 Prozent begründen dies mit den vorhandenen kulturellen Unterschieden, da der Betrieb für den Umgang mit unterschiedlichen Kulturen nicht vorbereitet sei. Zu schmunzeln ist, dass nicht mal jeder zehnte Betrieb daran glaubt, dass ausländische Jugendliche bei der Lehre schlechtere Leistungen aufweisen würden. Dies lässt sich durch Betriebe bestätigen, die die Erfahrung mit ausländischen Auszubildenden im Betrieb gemacht haben.

Da die Wirtschaft über den wachsenden Fachkräftemangel klagt, raten die Forscher den Betrieben das Potenzial der Jugendlichen mit Migrationshintergrund “im eigenen Interesse stärker in den Blick zu nehmen“, da etwa 30 Prozent der 15- bis 20-Jährigen ausländische Wurzeln haben. Wahnsinn, man sollte also jungen Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, für die eigenen Zwecke der Wirtschaft zum Nutzen machen, nicht weil sie eigentlich genauso wie die deutschen Jugendliche das Recht auf eine Ausbildung haben?!?
Die Bertelsmannstudie zeigt auch, dass 60 Prozent der deutschen Lehrstellenbewerber erfolgreich ins Berufsleben steigen, während nicht einmal jeder zweite Jugendliche mit Migrationshintergrund eine Stelle findet. Laut der Studie sind am meisten die türkei- und arabischstämmigen Jugendlichen benachteiligt. Nur jeder Vierte von ihnen findet eine Ausbildungsstelle. Was heißt das? Das heißt, dass der Anteil der Jugendlichen ohne Berufsabschluss unter Migranten höher ist als unter Deutschen. Während 15 Prozent der Deutschstämmigen keinen qualifizierten Berufsabschluss vorweisen können, liegt die Quote bei Nichtdeutschen bei etwa 40 Prozent. Das ist ein gravierender Unterschied, der nicht mit Sprache oder Qualifikation erklärt werden kann. Also kommt hierbei auch der Nützlichkeitsrassismus und die sozialdarwinistische These von Sarrazin und Konsorten durch.

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