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Finnland: Schulfächer abschaffen und den Unterricht dem 21. Jahrhundert anpassen

Sezen Dinc

Finnland gilt als eines der weltweit führenden Länder, welches das Schulsystem betrifft. Besonders die letzten Ergebnisse der PISA-Studie zeigten, dass Finnland über ein besonderes und erfolgreiches Schulsystem verfügt. Nun diskutieren finnische Bildungsexperten über eine neue Reform- demnach sollen Schulfächer im klassischen Sinn abgeschafft und an deren Stelle Themengebiete oder Phänomen-Unterricht eingeführt werden.

Marjo Kyllönen, die Verantwortliche für Erziehung in Helsinki betont, dass der Unterricht dem 21. Jahrhundert angepasst und eben berufsvorbereitender werden sollte: „Es gibt Schulen, die noch auf die alte Art unterrichten, was im 19. Jahrhundert vorteilhaft war – aber nun herrschen andere Anforderungen und wir brauchen etwas, das ins 21. Jahrhundert passt“. Besonders oft fällt die Kritik, übrigens auch in Deutschland, dass der Schulunterricht eben nicht genügend auf das spätere Berufsleben vorbereite. Dies soll im Zuge dieser Reform angegangen werden. Unter Phänomen-Unterricht und Themengebiete wird z.B. Wirtschaft und Englisch von Gastronomie ersetzt, so haben die Schüler die Möglichkeit, sich auf den späteren Berufsalltag vorzubereiten und eben nah am Leben unterrichtet zu werden. Zudem sollen statt Frontalunterricht, Gruppenarbeiten und Projekte größeren Raum gewinnen. Somit sollen die Kommunikationsfähigkeiten der Schüler weiterentwickelt werden.

Diese Art des Unterrichts zeigt in Finnland bereits erfolge. Seit zwei Jahren sind die Schulen bereits verpflichtet, das neue Modell jährlich für einige Wochen anzuwenden und die Auswertungen zeigen, dass die Schüler deutlich bessere Leistungen erbringen, als im klassischen Unterrichtsstil.

Die Abschaffung der Fächer soll aber zunächst nicht alle Schulen betreffen, sondern erst einmal für ältere Schüler ab 16 Jahren. Diese haben dann die Möglichkeit, im Hinblick auf ihre persönlichen beruflichen Pläne, diejenigen Themen und Projekte zu wählen, die sie interessieren. Das traditionelle Unterrichtsmodell soll aber zumindest in der Oberstufe entfallen und die Schüler sollen stattdessen in kleinen Arbeitsgruppen lernen. Aber auch die 7- bis 16-Jährigen werden den neuen Unterricht kennenlernen. In allen Schulen soll es zumindest eine längere Phase des fächerübergreifenden Phänomen-Unterrichts geben, teilte die Bildungsbehörde in Helsinki mit.

Bei dieser neuen Reform sollen Schüler und Lehrer profitieren. Ende des Monats will Kyllönen ihren Vorschlag vorlegen. Bis 2020 sollen die Reformen in ganz Finnland umgesetzt sein. Doch bereits heute zeigt sich Interesse aus dem Ausland an dem neuen Modell. So sagt Tristram Hunt von der britischen Labour Party: „Schulen sollten Kinder nicht durch „Prüfungs-Fabriken“ jagen, sondern stattdessen Charakter, Ausdauer und Kommunikationsfähigkeiten fördern“.

Die Tendenz, weg vom Frontalunterricht und Hin zu einer besseren, kommunikativen Unterrichtsform ist zu begrüßen. Aber statt zum Denken und Lernen lernen anzuregen, nur in Richtung Berufsvorbereitung zu orientieren, kann nicht Sinn von Schule und Unterricht werden. Deswegen sollte man die kapitalistische Anpassung ans 21. Jahrhundert sicherlich mit Vorsicht genießen.

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