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„Frauen müssen sich behaupten“

Zeynem Arslan

Sibel Ada ist Neurowissenschaftlerin und Vorstandsmitglied des Frauenverein „The: Sorority“ (https://sorority.at/), der sich in erster Linie mit Arbeitsthemen beschäftigt. Sie hat mit uns über zentrale Probleme und Forderungen bezüglich Frau und Arbeit gesprochen.

Was bewirkt das traditionelle Rollenbild für die Zukunftsaussichten von Frauen?

Solange die Erwartung der Care Arbeit-Pflichten bei den Frauen liegt, werden Frauen nicht die gleichen Ressourcen für Arbeit haben, wie es Männer haben, die die Care Arbeit nicht bei sich sehen oder die Gesellschaft diese Arbeit nicht bei den Männern sieht. Man muss also akut mit Lösungen kommen, die Frauen nicht in die Altersarmut oder Abhängigkeit vom Partner treibt, weil man z.B. nicht in die Pensions- oder Rentenkasse zahlt. Im Endeffekt sind es die Frauen, die zu kurz kommen.

Wie ist die Situation für Frauen auf dem Arbeitsmarkt?

Eine zentrale Frage ist auch, wie und welche Arbeit in der Gesellschaft gewertet wird? Während Covid haben wir sehr schnell gesehen, welche Berufe wirklich relevant waren für die Gesellschaft. Es waren also Frauen und Migrantinnen, die im Supermarkt standen, die in der Pflege waren usw. und es waren und sind diese Berufe, die schlecht bezahlt sind. Wir sehen, wenn Frauen in irgendeinen Berufszweig vermehrt auftreten, entwertet diese Situation den Berufszweig. Das gleiche Phänomen gilt auch für Migrant*innen. D.h. nicht die Arbeit, die wir machen oder der Sektor wird gering bezahlt, sondern Frauen und Migrant*innen werden gering bezahlt.

Und in Österreich?

Eine unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit ist auch Arbeit und in Österreich ist diese unbezahlte Sorgearbeit, die Frauen leisten, ein Drittel der Wirtschaftsleistung. Letztendlich arbeiten Frauen Vollzeit plus Teilzeit gleichzeitig, wenn sie zusätzlich Sorgearbeit machen. Es braucht akut neue Arbeitsmodelle, wie z.B. Jobsharing und weitere innovativer Modelle, die Frauen unterstützen und auch sonst braucht es die Entlohnung dieser Sorgearbeit, dass das eingerechnet wird z.B. in die Pensionsjahre. Es braucht eine gerechtere Teilung dieser Sorgearbeit. Wenn viel mehr Männer die Sorgearbeit übernehmen, wird es auch ganz schnell z.B. Pensionslösungen dafür geben, weil es plötzlich auch Männer betrifft.

Sind Frauen die besseren Führungskräfte?

Frauen gehen in einem patriarchalen System durch einen sehr patriarchalen Filter und müssen sich dort behaupten. Das ist in der Familie, in der Gesellschaft, in der Firma und in der Politik so und der Aufstieg in diesen Systemen gehen durch Filter. Es werden also Menschen unabhängig vom Geschlecht hinaufgeschoben, die für die Reproduktion des Systems geeignet sind. Wenn wir aber alle Frauen in Spitzenpolitikfunktionen nehmen und mitteln, würde sich dennoch ein anderer Führungsstil herauskristallisieren, als wenn wir das mit den Männern machen würden. Gleichzeitig gibt es keinen biologischen Grund dafür, dass Frauen die besseren Führungskräfte sein sollen, sondern vielmehr hat das mit den sozialen Codes und der Sozialisierung des weiblichen Geschlechts in patriarchalen Gesellschaften zu tun. Diese produzierten Rollen spiegeln sich in den Performances auf der weltpolitischen Bühne auf den Führungspositionen wider.

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