Thoya Kruse
Unter dem Motto „Gegen Krieg und Aufrüstung“ fand am 21. September eine Friedenskonferenz der DIDF Hamburg statt. Mit über 200 Teilnehmenden und zahlreichen Gästen aus der bundesweiten Friedens- und Gewerkschaftsbewegung wurden im Rahmen von zwei Podien und Redebeiträgen über die aktuelle Lage von Krieg und Aufrüstung, sowie die Perspektiven der Friedensbewegung in Deutschland diskutiert. Neben bekannten Gesichtern der Friedensbewegung war besonders die Teilnahme zahlreicher Jugendlicher bei der Konferenz bemerkenswert.
Vor dem ersten Podium richteten Deniz Çelik, Bürgerschaftsabgeordneter und Teil des Vorstands der DIDF Hamburg und Norman Peach, emeritierter Professor für Politikwissenschaften und öffentliches Recht, das Wort an die Teilnehmenden. Çelik machte deutlich, dass DIDF gemeinsam mit anderen Gruppen der Friedensbewegung Antworten auf die Frage finden möchte, wie heute eine starke Bewegung gegen Aufrüstung und Krieg aufgebaut werden kann. Peach betonte in seinem Redebeitrag vor allem das Massaker an der palästinensischen Bevölkerung in Gaza durch den israelischen Staat.
Am ersten Podium unter dem Titel „Weltweite Kriegsgefahr, Aufrüstung und Militarisierung – was können wir gemeinsam dagegen tun?“ sprachen Taylan Çiftçi für die Föderation Demokratischer Arbeiterverein (DIDF), Özlem Alev Demirel, Europa-Abgeordnete für DIE LINKE, Yusuf Karadaş aus der Redaktion der Tageszeitung Evrensel (Türkei) und Reiner Braun aus der Friedensbewegung. Zu Beginn stellte Ciftci heraus, dass die selbstgeschaffene Zeitenwende in Deutschland eine Reaktion auf die sich real verschiebenden Machtverhältnisse in dieser Welt sei, in denen Deutschland versuche, seine Position zu stärken und zu einem noch eigenständigeren Akteur in weltweiten Konflikten zu werden. Die Aufrüstung und Militarisierung gehe direkt zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung und werfe die Frage auf, wie sich die Werktätigen dagegen wehren können. Auf die angebliche Rolle der EU als Friedensprojekt angesprochen, stellte Demirel in ihrem Beitrag fest, dass die EU zwar in Worten immer wieder die wertebasierte Außenpolitik betone, jedoch lediglich für einen freien Zugang zu Absatzmärkten und Arbeitskräften sorge. Sie äußerte den Wunsch nach einer starken Friedensbewegung in allen Ländern. Yusuf Karadaş leitete die Gefahr des Weltkriegs von dem Ausbau neuer Handelsrouten, wie dem chinesischen Projekt der Neuen Seidenstraße und dem Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa der G7 ab. Viele der aktuellen Konfliktlinien spielen sich nicht ohne Grund an diesen Routen ab. Im Zuge des Ukrainekrieges und der Sanktionen gegen Russland habe auch der Nahe Osten als Rohstoff-Lieferant wieder an Bedeutung gewonnen. Als Antwort auf diese Tendenzen betonte Karadaş jedoch die Macht der Arbeiterklasse und zeigte auf, dass die Kämpfe der Hafenarbeiter in Italien und der Studierenden weltweit gezeigt haben, dass es dort, wo es einen Kampf an der Basis gibt, auch Hoffnung gibt. Reiner Braun betonte: „Entweder man ist für Frieden und gegen Krieg oder für Krieg und gegen Frieden.“ Er stellte die ständige Erweiterung der NATO heraus, die heute eigentlich keine nordatlantische, sondern eine globale Organisation sei, die die unipolare Weltordnung mit den USA als Zentrum verteidigen würde. Das sei die Grundlage der kriegerischen Auseinandersetzungen heute. Auf die Perspektiven der internationalen Friedensbewegung angesprochen wurde auch ein Widerspruch zum Vorredner deutlich: Braun betonte, dass die Mächte auf der Welt, die für den Frieden in der Ukraine seien (unter anderem Südafrika, Indien oder China) die Verbündeten der Friedensbewegung sein müssten – anders als Karadas, der zuvor die Solidarität der Arbeiter und der Völker und nicht der Staaten hervorgehoben hatte. Trotz inhaltlicher Unterschiede betonten die Podiumsgäste, dass man als Bewegung Forderungen formulieren müsse, hinter denen sich die Mehrheit der Menschen im Land versammeln können, anstatt sich die Politik imperialistischer Mächte zum Anliegen zu machen.
Im zweiten Podium diskutierten Yusuf As aus dem Bundesmigrationsausschuss der ver.di und Mitglied im Gewerkschaftsrat, Ulrike Eifler als Bundessprecherin der BAG „Betrieb und Gewerkschaft“ in der Partei DIE LINKE und Rolf Becker, Schauspieler und Gewerkschaftler, zu der Frage „Wie wirkt sich die Lage in Betrieb, Alltag und auf die demokratischen Freiheiten in Deutschland aus – was können wir gemeinsam dagegen tun?“. As, Mitinitiator des Aufrufs der „Gewerkschafter gegen Aufrüstung“, stellte zu Beginn heraus, dass sich die Führungen der Gewerkschaften zwar in vielen Fällen gegen die Friedensfrage wehren, Friedensbewegte jedoch auch innerhalb der Gewerkschaft für Forderungen gegen den Krieg kämpfen. Es würde sich in der Friedensfrage zeigen, dass die Gewerkschaften an vielen Stellen nach wie vor eine staatstragende Rolle einnehmen, wie sie es auch in sozialen Fragen tut. Dabei gelte es, in all diesen Fragen, sozialen und politischen, die fortschrittlichen und kämpfenden Elemente innerhalb der Gewerkschaften zu stärken. Auch Eifler betonte die Rolle der organisierten Arbeiterklasse, denn „die Wurzeln der Friedensbewegung sind proletarische Wurzeln.“ Zu Kriegszeiten seien es immer die Arbeiter in den Fabriken und Schützengräben gewesen, die dem Krieg mit ihren Kämpfen etwas entgegensetzen konnten. Rolf Becker betonte, dass die Rolle der Medien in verschiedensten Kriegen immer wieder gezeigt habe, welche Rolle die Unterschlagung und Verdrehung der Tatsachen dabei spiele, in der Bevölkerung Zustimmung für Kriege zu generieren – hier müssen auch kritische Berichterstattung einsetzen.
Für einen kulturellen Ausklang der Veranstaltung sorgte Michael Weber mit der Inszenierung einiger antimilitaristischer Gedichte. Die Friedenskonferenz war ein wichtiger Beitrag, um die Friedensbewegung zu versammeln und sowohl ein starkes Zeichen zu setzen, aber auch die verschiedenen Positionen zu hören. Gerade in Zeiten, in denen Krieg und Aufrüstung in Deutschland ein neues Tempo annehmen, muss die Friedensbewegung einen festen Stand einnehmen, gerade zu den politischen Fragen, die auch auf der Friedenskonferenz kontrovers diskutiert wurden. Haltungen, die mit „deutschen Interessen“ oder auch den Sicherheitsinteressen anderer imperialistischer Mächte wie Russland und China argumentieren, führen zur Schwächung der Bewegung. Die arbeitenden Menschen weltweit können sich in ihrem Kampf auf keiner Seite auf die imperialistischen Staaten verlassen, sie müssen entgegen allen Imperialisten für Frieden kämpfen.