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Hamburg: Rot-Grün vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich

DENİZ ÇELİK *

Nach einem Jahr SPD-Grünen Koalition unter der Führung von Olaf Scholz ist die soziale Spaltung in Hamburg noch weiter gewachsen. Die unter rot-grünem Senat regierte Stadt Hamburg ist das Paradebeispiel für die zunehmende Ungleichverteilung des Reichtums in Folge unsozialer, neoliberaler Regierungspolitik. Während immer mehr Arbeiter, Rentner und Sozialhilfeempfänger Tag für Tag um ihre Existenz kämpfen, wird der erwirtschaftete Reichtum größtenteils von einer kleinen Klasse von Vermögenden privat angeeignet. Hamburg ist mit 42.000 Millionären einer der reichsten Städte in Europa und gleichzeitig Hauptstadt der Altersarmut. Nirgendwo ist der Anteil der Grundsicherungsempfänger so hoch wie in dieser Stadt. Statt die soziale Spaltung zu bekämpfen und Visionen für eine soziale Stadtentwicklung zu entwickeln, ist die oberste Maxime des rot-grünen Senats die Einhaltung der Schuldenbremse. Der Senat betreibt eine gnadenlose Kürzungspolitik, die zum Abbau der öffentlichen Infrastruktur führt und somit von Armut betroffene Menschen am härtesten trifft.

Mit der Unterstützung von Sozialverbänden sowie Teilen der Gewerkschaften haben wir als Linksfraktion vor diesem Hintergrund verschiedene parlamentarische Initiativen zur Bekämpfung der sozialen Spaltung eingebracht. Dazu zählen z.B. die Anhebung des Landesmindestlohns auf 13 € als eine Maßnahme zur Bekämpfung der Altersarmut, die sofortige Schaffung von 1.000 öffentlich geförderten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, die Beendigung von sachgrundlosen Befristungen und die Refinanzierung der während der Kita-Streiks erkämpfen Lohnerhöhungen, um Personalabbau und Qualitätsminderung zu verhindern. Bezeichnend für den Scholz-Senat ist die Tatsache, dass soziale Missstände nicht angegangen werden. Im Gegenteil sind steigende Altersarmut, Arbeitslosigkeit, Armutslöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse das Ergebnis einer unsozialen Politik, die der Scholz-Senat betreibt. Gleichzeitig werden zu wenige Steuerprüfer eingesetzt und somit die Steuervermeidung oder gar Steuerhinterziehung nicht energisch genug bekämpft.

Zudem liefert die Schuldenbremse die Legitimation für eine strikte Ausgabenbegrenzung im sozialen Bereich und ist gleichzeitig Ausdruck einer Doppelmoral. Während der Senat mit dem Hinweis auf die knappen Finanzmittel in der Verwaltung Personal abbaut, Tariferhöhungen nicht refinanziert und öffentliche Einrichtungen wie z.B. Freibäder schließt, werden für Leuchtturmprojekte, wie die Elbphilharmonie oder Olympia innerhalb kürzester Zeit Millionen oder gar Milliarden in Aussicht gestellt. Die Ausrichtung der Olympischen Spiele sollte das große Prestigeprojekt fast aller Parteien in der Bürgerschaft, der Handelskammer und der hanseatischen Wirtschaftseliten werden und hätte die Steuerzahler mehrere Milliarden Euro gekostet. Mehrere olympiakritische Organisationen sowie die LINKE als einzige Partei in der Bürgerschaft haben mit einer erfolgreichen Kampagne wichtigen Anteil daran, dass die Hamburger in einem Referendum dieses unsoziale, umweltzerstörende und antifreiheitliche Elitenprojekt abgelehnt haben.

Neben Olympia war die Ankunft von mehreren Tausend Geflüchteten einer der beherrschen Themen in der Stadt und hat eine große Flüchtlingssolidarität in Hamburg ausgelöst. Gleichzeitig offenbarte die menschenunwürdige Unterbringung in Zelten und Baumärkten sowie die ungenügende Gesundheitsversorgung das politische Versagen des Senats. Obwohl offensichtlich ist, dass sowohl die menschenwürdige Unterbringung der Geflüchteten als auch der Bedarf von vielen Hamburgern an bezahlbaren Wohnraum einen massiven Ausbau von Sozialwohnungen dringend erfordert, hält der Senat an seiner verfehlten Wohnungspolitik, die sich an den Marktmechanismen orientiert, fest. Der Bau von überwiegend teuren Eigentums- und Mietwohnungen bedient die Renditeerwartungen von Investoren, lässt die Mieten explodieren und führt vom Jahr zu Jahr zu weniger werdenden Bestand an Sozialwohnungen. Daher streiten wir für einen kommunalen Wohnungsbau, der den Ausverkauf von öffentlichen Grundstücken, die Spekulation mit Leerstand sowie knappem Wohnraum stoppt und den sozialen Wohnungsbau massiv vorantreibt.

Von großer Bedeutung für die Gesundheitsversorgung ist die Streikbewegung in den Hamburger Krankenhäusern. In Folge der Teilprivatisierung hat die Ökonomisierung, Arbeitsverdichtung und Personalmangel in den Hamburger Krankenhäusern in den letzten Jahren enorm zugenommen. Die Belastung der Beschäftigten hat auch negative Folgen für die Patientensicherheit. Trotz einer Minderheitsbeteiligung von 25 % weigert sich der Hamburger Senat beharrlich gegen die aggressive Geschäftspolitik vom größten Krankenhausbetreiber Asklepios einzuschreiten. Zudem begeht Asklepios durch Ausgliederungen von ganzen Abteilungen in Tochtergesellschaften Tarifflucht, um die jährlichen Profite von 70 Mio. Euro auf dem Rücken des Personals weiter zu steigern und schreckt auch nicht davor ab Streikteilnehmer abzumahnen. Dagegen wehren und organisieren sich die Beschäftigten und wollen in einem breiten stadtweiten Bündnis, an dem wir uns auch beteiligen und auch parlamentarisch unterstützen werden, für verbindliche Personalschlüssel nach dem Vorbild der Berliner Charite kämpfen. Die Auseinandersetzungen um mehr Personal in den Krankenhäusern werden auch von großer Bedeutung für das Vorhaben der Rekommunalisierung der Krankenhäuser und somit der Schaffung einer gemeinwohlorientierten Krankenhausversorgung in Hamburg sein.

Zusammenfassend muss dem rot-grünen Senat eine unsoziale und zynische Politik mit verheerenden Auswirkungen bescheinigt werden. Noch immer werden über den Hamburger Hafen Munition und Waffen in die ganze Welt geliefert und Fluchtursachen in Krisengebieten geschaffen. Der Senat ist weit davon entfernt die Wohnungsnot zu überwinden und durch die gerechte Verteilung des Reichtums die öffentliche Infrastruktur auszubauen und bessere Lebensperspektiven für die arbeitende Bevölkerung sowie für die Geflüchteten zu schaffen. Gegen diese neoliberale Standortpolitik des Senats muss sowohl außerparlamentarisch als auch im Parlament eine solidarische und konsequente Oppositionspolitik betrieben werden.

* Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft

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