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Heißer Frühling – Sahar Khalifa

Als mit Beginn der Zweiten Intifada im Oktober 2000 der altbekannte Kreislauf von palästinensischen Anschlägen und israelischen Gegenschlägen erneut seine Eigendynamik entwickelte und schließlich im Massaker von Dschenin, der Belagerung verschiedener autonomer Städte im Westjordanland sowie einem erbittert geführten Häuserkampf um das Hauptquartier von Jasser Arafat im Frühsommer des Jahres 2002 den Höhepunkt erreichte, waren sämtliche mit dem Osloer Friedensprozess verbundenen Hoffnungen endgültig gestorben. Die palästinensische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Sahar Khalifa hat diese für beide Seiten traumatischen Ereignisse nun in den Mittelpunkt eines überaus kraftvollen, Romanes gestellt, der auf sehr plausible Art und Weise den versteckten Zusammenhang zwischen Hoffnungslosigkeit und Terror bloßlegt. «Heißer Frühling» ist die Geschichte zweier künstlerisch hoch begabter palästinensischer Jugendlicher, die durch das politische Geschehen von ihren eigenen persönlichen Zielen entfremdet werden und sich ungewollt plötzlich in vollkommen anderen Rollen wieder finden. Madschid, der kommende Star der arabischen Popmusik, findet sich völlig unverhofft in der Rolle des Widerstandskämpfers und gesuchten Terroristen wieder, sein jüngerer Bruder, ein Tagträumer und talentierter Fotograf, wird als Sanitäter im belagerten Nablus vor der Zeit erwachsen. Sahar Khalifa widersteht der Versuchung, uns allzu einfache Antworten anzubieten, sondern zeigt uns sehr eindrücklich, wie der Krieg die Menschen zerbricht und abstumpfen lässt, bis sie nur noch zu reflexhaften, beängstigend ferngesteuert wirkenden Reaktionen fähig sind.

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