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Ich bin linksextrem!

Bahar Güngör

 

„Ich bin linksextrem, weil ich mit Repressionsopfern Solidarität zeige!”, “Ich bin linksextrem, weil ich gegen Nazis und den ganzen Schei* bin!”, “Ich bin linksextrem, weil ich für soziale Gerechtigkeit kämpfe!”, “Ich bin linksextrem, weil ich von einem Leben träume, in dem ich nicht um 7 Uhr morgens aufstehen muss, um in die Schule zu gehen”. Plakate mit Menschen, die diese Schilder tragen, zieren die Homepage der neuen Online-Outingkampagne der Linksjugend Solid und der Grünen Jugend.

Am 1. April, dieser Tag wurde ganz bewusst gewählt, starteten sie die Kampagne „Ich bin linksextrem- eine Kampagne gegen den Extremismusquatsch“. Immer stärker werden Antifaschisten, Gesellschaftskritiker, Aktivisten der Friedensbewegung und linke Organisationen und Parteien ins Visier des Verfassungsschutzes genommen und mit der Gefahr des Linksextremismus gebrandmarkt. Sich für eine bessere, gleichberechtigtere Gesellschaft einzusetzen und politisches Engagement zu zeigen, wird gleichgesetzt mit gewaltbereitem, menschenverachtendem Rechtsextremismus. Auch das berühmte Hufeisenmodell des Politikwissenschaftlers und Extremismusforschers Uwe Backes soll zeigen, wie nah und ähnlich sich doch die beiden Extreme links und rechts angeblich sind. Mit der Kampagne wird die Abschaffung der Extremismusklausel gefordert. Auch soll die Kampagne vor den Gefahren des Rassismus warnen, der in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

„Die Kampagne soll ein Zeichen gegen die vollkommen unsinnige Extremismusklausel von Kristina Schröder und den damit verbundenen Generalverdacht gegenüber antifaschistischen Initiativen setzen. Die Unfähigkeit der Ministerin nehmen wir zum Anlass, die grundsätzliche Absurdität der Extremismustheorie aufzuzeigen, indem wir Linksextremismus selbst bestimmen. Bis zur Veröffentlichung des diesjährigen Verfassungsschutzberichts wollen wir Linksextremen die Möglichkeit geben, sich zu outen.“, heißt es auf der Homepage der Kampagne.

Aber woher kommt überhaupt diese Extremismusklausel? Auf Initiative der Familienministerin Kristina Schröder (CDU) wurde diese Einverständniserklärung für Bundesförderprogramme 2011 eingeführt. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte sie dazu „Ich will ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem glasklar ist: Wenn Menschen angegriffen, Polizisten verletzt oder Autos angezündet werden, dann ist das immer brutale Gewalt.“ So eine Aussage und die Gleichsetzung von Gewalt gegenüber Menschen und Gewalt gegenüber Sachen kann ja nur von Frau Schröder kommen. Anstatt, dass antifaschistische Arbeit gefördert wird, wurde nun auch das Budget, welches zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Förderung der Demokratie zur Verfügung stand, umgeschichtet für Projekte gegen Extremismus, vor allem Linksextremismus.

„So einfach darf es aber nicht sein. Die Gesellschaft ist mehr als die gute Mitte und die bösen ExtremistInnen. Demokratie ist mehr, als seine Stimme abzugeben und die restliche Zeit angepasst zu sein und nur zu nicken. Deshalb lehnen wir den Extremismusbegriff und das Extremismusdenken entschieden ab, weil sie selbst die Demokratie bedrohen, indem sie das freie Denken und Diskutieren sowie gewaltfreien Aktivismus einengen, statt die Demokratie, wie sie selbst behaupten, zu schützen oder gar zu stärken.“, schreibt Julia Range, Bundessprecherin der  Linksjugend Solid und Mitinitiatorin der Kampagne, in einem Onlineportal.

Extrem verärgert über diese Kampagne äußerte sich die Union. CDU Generalsekretär Hermann Gröhe wirft den Organisatoren der Kampagne vor, sie würden die Opfer linker Gewalt verhöhnen. Erika Steinbach forderte, die Grünen müssen sich von ihrer Jugendorganisation trennen.  Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gab es im Jahr 2011 ca. 16 000 rechtsextrem motivierte Straftaten und 4 502 „linke“ Straftaten. Diese setzen sich jedoch zum größten Teil aus Landfriedensbruch und Sachbeschädigung zusammen. Die menschenverachtenden Morde und Anschläge von rechts werden schnellstmöglich vergessen, an beschädigte Autos, gekappte Bahnleitungen  und Sitzblockaden erinnert man sich gerne. Das ist extrem komisch!

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