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„I´m sorry Erdogan“

Erdogan

Fast am Ende der Obama-Nahostreise wurde noch eine Erklärung abgegeben, der seitens der türkischen Medien feiernd verkündet wurde. Kurz vor seinem Abflug habe Obama noch ein Telefongespräch zwischen den Regierungschefs Israels und der Türkei, Benjamin Netanjahu und Recep Tayyip Erdogan, vermittelt, berichteten die Medien. Netanjahu habe sich für den Überfall auf das Schiff »Mavi Marmara« der Free-Gaza-Flotte am 31. Mai 2010 entschuldigt, bei dem israelische Soldaten neun türkische Staatsbürger getötet hatten, von denen einer zugleich auch Staatsbürger der USA war. Die Türken wollten damals die israelische Seeblockade des Gaza-Streifens durchbrechen und Hilfsgüter in das Palästinenser-Gebiet bringen. Israelische Spezialkräfte stürmten die Schiffe und erschossen die Aktivisten. Einer offiziellen Erklärung zufolge bedauert Israels Regierung den Verlust menschlichen Lebens und entschuldigt sich „beim türkischen Volk“ für Fehler, die zum Tode oder zur Verletzung von Menschen geführt haben könnten. Eine israelische Untersuchung habe Hinweise auf Fehler des Militärs ergeben. Verhandlungen über Entschädigungszahlungen seien vereinbart worden. Beide Regierungen wollten nun daran arbeiten, ihre Kooperation, aber auch die Lage in den palästinensischen Gebieten zu verbessern. Damit soll nun der Weg für die „Normalisierung“ des Verhältnisses zwischen beiden Staaten frei sein, beginnend bei der Wiederherstellung voller diplomatischer Beziehungen in den nächsten Wochen.

In Wirklichkeit aber, war das Gespräch der beiden Regierungschefs kein spontaner Einfall Obamas, sondern das Ergebnis eines Plans der sorgfältig in den Monaten davor bedacht wurde. Schließlich mussten für die Entschuldigung eine Form und ein genauer Wortlaut gefunden werden, die für beide Seiten akzeptabel und im eigenen Land zu verkaufen sind. Während in der Türkei und den arabischen Ländern, von „Erdogans grosser Erfolg“ gesprochen wird, ist in Israel die Situation ein wenig angespannter.
Der scheinbare Bruch der Zusammenarbeit, der von türkischer Seite ausgegangen war, erfolgte aber nicht etwa als direkte Reaktion auf den blutigen Zwischenfall, sondern erst mehr als ein Jahr später, am 2. September 2011. Erdogan und sein Aussenminister Ahmet Davutoglu gaben damit ihrer Enttäuschung über den Untersuchungsbericht einer von der UNO eingesetzten Kommission Ausdruck, die im Streit zwischen Israel und der Türkei vermitteln sollte. Als dieses nicht gelang und die Kommission sich auf die israelische Seite schlug, beendete Türkei erst die diplomatischen Beziehungen.
Die aktuelle politische Lage im Nahen und mittleren Osten, lässt aber wissen, dass dieses eine arrangierte Geste war, um Verbündete gegen Syrien in Front zu bringen. Erdogan hingegen rief direkt nach dem Telefonat mit Netanjahu bei Hamas-Regierungschef Ismail Haniyeh in Gaza an und kündigte an, dass er das palästinensische Gebiet im April besuchen werde. Sein Besuch in Gaza solle dazu dienen, den Friedensprozess voranzubringen. Israel habe die Blockade seit November gelockert; nun müsse man daran arbeiten, dass sie vollständig aufgehoben wird.
Obama hat nun mit einem geschickten Schachzug seine Popularität gesteigert und dazu beigetragen, dass Erdogan in den islamischen Ländern als ein Held gefeiert wird und er selber die Stellung im Nahen Osten mit seinen Unterstützern hält.

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