Ezgi Güyildar
Die arabische Welt befindet sich in Aufruhr. Die in die Enge getriebenen Regierungen in Libyen, Syrien und im Jemen gehen mit äußerster Brutalität gegen die demonstrierenden Massen vor. Unzählige Verletzte und Todesfälle und Massenverhaftungen bestimmen das Leben der Menschen im Jemen und in Syrien.
Mehrere Tote in Syrien
In Syrien sind letzte Woche nach dem Freitagsgebet in mehreren Städten Regierungsgegner auf die Strasse gegangen. Auch in der Stadt Daraa im Süden des Landes, wo am Mittwoch mindestens hundert Menschen getötet wurden. Berichten zufolge wurden wieder Scharfschützen und Artillerie eingesetzt, die wild auf die Demonstranten schossen. Bei dem gewaltsamen Vorgehen der syrischen Behörden gegen Demonstranten kamen seit Beginn der Proteste laut Aktivisten und Zeugen etwa 390 Menschen ums Leben.
Der Präsident weigert sich
Auch im Jemen versammelten sich erneut Hunderttausende zu einer Massenkundgebung unter dem Motto „Tag des Abschieds“. Dabei ging die Regierung aggressiv und äußerst brutal gegen die Demonstranten vor, mehrere Tausend wurden verletzt. Die Regierung setzte Polizisten in Zivilkleidung ein, die auf Demonstranten feuerten. Nach der Rücktrittsweigerung von Präsident Ali Abdullah Salih nahm die Zahl der Demonstranten zu. Bei neuen Protesten mit mehreren Hunderttausenden von Menschen gegen den Dauerpräsidenten wurde wieder mit scharfer Munition geschossen.
Stabilität um jeden Preis
Auffällig ist, dass die westlichen, imperialistischen Regierungen nach „Stabilität“ in den arabischen Ländern rufen. Während Menschen Tag für Tag für ihre Rechte, ihre Vorstellungen nach Freiheit und Unabhängigkeit demonstrieren und seitens der diktatorischen Regierungen festgenommen, verletzt und gar umgebracht werden, will Europa die Stabilität im arabischen Raum schützen und stützen. Doch was genau ist mit dieser „Stabilität“ gemeint? Während Europa eher zögerlich auf diese Umstürze reagiert, haben Menschen in Tunesien und Ägypten schön längst bewiesen, dass auch „allmächtige“ Regimes durch Massenwiderstand gestürzt werden können. Diese Regimes, die sich jahrelang auf die finanzielle Unterstützung des Westens stützen konnten, wurden einst für unbesiegbar und „stabil“ gehalten. Grundvoraussetzung war: die arabischen Völker wurden als zu passiv und unterwürfig gehalten. Nun haben diese aber gezeigt, dass sie gewiss eine Massenbewegung erzeugen können, die nicht mal mehr mit Gewalt zu stoppen ist. Eine Gewalt, die Jahre, sogar Jahrzehnte lang mit europäischen Waffen durchgesetzt werden konnte, nur damit diese sich die Profite stabil sichern konnten. Die wirtschaftlichen Interessen, die im Vordergrund standen, scheinen nicht mehr so stabil in Sicherheit zu sein. Die Kontrolle im arabischen Raum scheint den imperialistischen Mächten aus der Hand zu flutschen. Und die mit ihnen zusammenarbeitenden arabischen Regierungen werden von Tag zu Tag aus ihren Ämtern gejagt. Mittlerweile sind 17 der 22 Staaten der Arabischen Liga von Protesten erfasst. So bereitet sich die Welle der Aufruhr in den arabischen Ländern. Und jetzt müssen die Imperialisten selber für die „Stabilität“ sorgen, gegebenenfalls mit neuen Diktatoren für die nächsten 30-40 Jahre?