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Integrationsdebatten suchen ihre Lösung

Die seit Monaten andauernde Debatte um die Integrationsfähigkeit und –willigkeit der muslimischen Migranten reißt nicht ab. Die von Sarrazin entfachte “neue” Debatte wird mit immer neuen Facetten ergänzt. Nach den Reaktionen auf die Rede des Bundespräsidenten Wulff und der Erklärung des bayrischen Miniterpräsidenten und des CSU-Chefs, Zuwanderung aus der Türkei und der arabischen Region nicht zuzulassen, wird seit einigen Tagen über die “Deutschenfeindlichkeit” unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund diskutiert. Wenn man das Erstarken von rechtspopulistischen Parteien in vielen europäischen Ländern dazu nimmt, bietet sich ein wenig erfreuliches Gesamtbild an. Dass diese Debatte nicht spurlos an Migranten vorbeigeht und besonders die aus der Türkei stammenden und im Focus der Diskussionen stehenden Migranten davon emotional betroffen sind, liegt auf der Hand. Aufgrund der ausgrenzenden und diskriminierenden Debatte dürfte die Zahl derer, die Deutschland nicht mehr als lebenswert empfinden und sich womöglich mit Rückkehrgedanken beschäftigen, gestiegen sein.
Die laufende Integrationsdebatte wird nicht zum ersten Mal geführt. Es gab stets Kampagnen, in denen Migranten stigmatisiert wurden. Die aktuelle Situation in Deutschland erfordert allerdings aus der Sicht des Kapitals, die Vorurteile weiter zu vertiefen und dem Zusammenleben zu schaden. Denn in Zeiten der Krise ist die Gefahr einer sozialen Bewegung größer. Das Vertrauen in die Volksparteien schwindet immer mehr und so werden neue Kampagne wie die aktuelle Debatte inszeniert. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Thesen von Sarrazin auf seine sozialdarwinistischen Aussagen reduziert werden. Dass er den Angehörigen der sogenannten Unterschicht mit und ohne Migrationshintergrund niedrige Intelligenz attestiert, gerät in den Hintergrund. Genauso wird ausgeblendet, dass Seehofer sich nicht nur für einen Zuwanderungsstopp aus der Türkei ausspricht, sondern auch für eine “härtere Gangart gegen Hartz IV-Empfänger, die arbeiten könnten, aber nicht wollen”.


50 Jahre war das Zusammenleben möglich
2011 jährt sich das Anwerbeabkommen mit der Türkei zum 50. Mal. In diesen Jahren wurden Migranten aus der Türkei zu einem festen Bestandteil der Gesellschaft. Den “Gastarbeitern” folgen nun Enkel ud Großenkel in der vierten Generation. Dass die seit fünf Jahrzehnten verfolgte Politik den Integrationsprozeß gehemmt und hauptsächlich die Defizite bei ihrer Integration zu verantworten hat, wird in der aktuellen Debatte gänzlich ausgeblendet. Trotzdem wurden in dieser Zeit viele Fortschritte erzielt. Das Gefühl, dazu zu gehören, eint die überwiegende Mehrheit. Und in dieser Zeit war es die Aufnahmegesellschaft, die sich gegen rassistische Anschläge und Hetze gewehrt hat. Während die Politik versucht, Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gegeneinander auszuspielen, gehen – wie vor 2 Jahren in Köln – Zehntausende auf die Straße, um rassistischen Umtrieben Einhalt zu gebieten.


Ziehen wir einen Strich durch ihre Rechnung
Das Ziel der Spalter und ihrer nicht abreißen wollenden Inszenierungen ist klar: Damit sich Erwerbslose und Beschäftigte, Jugendliche und Ältere mit oder ohne Migrationshintergrund nicht gegen den Abbau sozialer Rechte zusammentun, werden sie gegeneinander ausgespielt. Deshalb muss heute deutlicher denn je aufgezeigt werden, dass die Grenzen nicht zwischen Deutschen und Migranten oder Muslimen und Christen liegen, sondern zwischen arm und reich, zwischen der Minderheit, die der Mehrheit die Existenzgrundlage wegnehmen will und der Mehrheit, die als Ganzes zusammengehört!

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