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Internationaler Frauentag

Wenn das Geld zum Auskommen nicht mehr ausreichen. Zwei Frauen erzählen

 

Im Niedriglohbereich machen Frauen den Großteil der Beschäftigten aus. Nicht wenige leben jeden Monat mit der Angst, am Monatsende keinen Arbeitsvertrag mehr zu haben. Wir haben Serap Cicek aus Dotrmund und Ayten Eralp aus Frankfurt den Stift gereicht und sie gebeten, uns von sich zu erzählen.

 

Serap Çiçek, Dortmund

Ich arbeite 10 -15 Stunden in der Woche. Ich betreue Kinder in einem Deutschkurs. Ich mag meine Arbeit, aber meine Arbeitszeit ist zu kurz. Ich bin nicht sozialversichert. Mein Arbeitsvertrag wird monatlich neu vereinbart, d.h. ich muss jeden Monat mit der Angst leben, entlassen zu werden. Das ist natürlich für mich total belastend. Ich verdiene so viel, um gerade noch so auskommen zu können. Ich habe ein Kind. Ich kann es mir nicht leisten, mein Kind mindestens ein Mal in der Woche ins Theater zu schicken oder es für andere Freizeitaktivitäten anzumelden. Das macht mich sehr traurig, weil ich alles versuche, dass mein Kind sich persönlich entfalten und seine Fähigkeiten auch einsetzen kann. Gerade heutzutage sind unsere Kinder so voller Energie und Tatendrang. Wenn sie keine Chance haben, all das auch im Leben auszudrücken, suchen sie nach anderen Wegen und landen nicht selten auf schiefen Bahnen. Uns Eltern, die wenig verdienen, sind die Hände gebunden. Wir können unseren Kindern kaum was bieten. Im Niedriglohnbereich zu arbeiten bedeutet für Frauen nichts anderes, als dass man als Frau abhängig leben muss und keine sichere Zukunft hat.

 

Nurten Mutlu, Frankfurt

Ich lebe seit 11 Jahren in Deutschland, zuvor habe ich in der Türkei als pharmazeutisch-technische Angestellte gearbeitet. Seit meiner Einreise nach Deutschland habe ich über viele Leihfirmen als Reinigungskraft in Büro- und Gewerberäumen, privaten Einrichtungen und Kinos gearbeitet. Dazwischen habe ich in Küchen, Restaurants und in der Altenpflege gearbeitet. Zu Beginn hatte ich als Reinigungskraft einen Stundenlohn von 5,40 Euro. Mit dem tariflichen Mindestlohn in der Gebäudereinigung hat sich mein Lohn etwas verbessert. Seit drei Jahren arbeite ich ich bei “Wilhelm-Brandenburg”, die zur Gruppe REWE gehört. 1,5 Jahre war ich als Leiharbeiterin hier eingestellt. Zweimal wurde mir der Arbeitsvertrag für ein Jahr verlängert. Es war für uns verboten, uns krank zu melden. Wenn wir in den zwei Jahren eine Krankmeldung vermerkt war, so wussten wir, dass wir eine unbefristete Einstellung vergessen können bzw. die Übernahme in die Stammfirma aus und vorbeit ist. Auch wenn wir krank sind, wir müssen arbeiten. Ich arbeite im Zweier-Schicht. Die Morgenschicht dauert von 07.00 – 17.00 Uhr, die Nachtschicht von 20.30 – 07.00 Uhr. Unsere freien Tage sind wechselhaft. In unserem Betrieb arbeiten Kollegen zu unterschiedlichen Löhnen, obwohl sie dieselbe Arbeit verrichten. Im Zuge der Bolkestein-Richtlinie haben wir Arbeiter, die an 6 Tagen 10,5 Stunden täglich arbeiten! Ihr Lohn richtet sich nach der Kilomenge der bearbeiteten Fleischware. Wenn keine Arbeit vorhanden ist, warten sie in der Kantine bis wieder Arbeit da ist. Das kann Stunden dauern und das ohne Entlohnung. Ein Kollege hatte einen Arbeitsunfall, bei der er einen Finger verloren hatte. Es passierte, als er jemanden bei seiner Arbeit half. Unser Kollege hat kein Schmerzensgeld bekommen. Er wurde sogar in seine Heimat zurückgeschickt! Es ist verdammt schwierig, sich gegen die  miserablen Arbeitsbedingungen zu wehren, wenn man gezwungen wird, immer mit der Angst zu leben, jeden Moment entlassen zu werden, sobald man den Mund aufmacht.

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