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Keine Papiere, kein Geld – kein Recht auf Gesundheit

„Gesund bleiben“ oder „gesund werden“ kosten -wie auch alles andere in unserer Zeit- Geld. So bekommen finanziell besser gestellte Patienten eine bessere medizinische Versorgung, als ärmere Patienten – denn jeder medizinische Eingriff bringt Kosten mit sich, welche die Krankenkassen immer seltener übernehmen wollen.

Aber mal abgesehen davon, ob es “kostenlastig“ oder „gewinnbringend“ ist oder nicht – hat denn jeder in der Bundesrepublik überhaupt Zugang zur medizinischen Versorgung? Eine Frage, die man gerne mit ,,Ja‘‘ beantworten würde. Die Realität zeigt jedoch, dass dies nicht der Fall ist. So können beispielsweise Einwanderer mit illegalem Aufenthaltsstatus die Gesundheitseinrichtungen nicht betreten, da bei Abgabe ihrer Daten, die sofortige Abschiebung drohen würde. Doch selbst ein legaler Aufenthalt in der Bundesrepublik garantiert keine medizinische Versorgung. Asylbewerbern und der Mehrheit der Obdachlosen beispielsweise stehen ebenso die Tore zur medizinischen Versorgung verschlossen, da sie sich nicht versichern lassen können. Laut Asylbewerberleistungsgesetz können Menschen, die in Deutschland einen Asylbewerberstatus haben, nur dann ärztlich behandelt werden, „wenn dies zur Sicherung […] der Gesundheit unerlässlich“ ist. Das heißt, der Patient muss sich in einem akut lebensgefährdenden Zustand befinden, um in einer Praxis behandelt oder im Krankenhaus aufgenommen werden zu dürfen. Jedoch ist auch dies nicht ohne weiteres vollziehbar, da die betroffene Person zunächst bei dem zuständigen Sozialamt einen Antrag auf medizinische Versorgung stellen muss, welcher bei einer positiven Entscheidung einen Krankenschein zur Vorlage in der medizinischen Einrichtung ausstellt.                                                                                                                                       Abgesehen davon, dass es fraglich ist, wie ein Sozialamtsangestellter beurteilen soll, ob ein Mensch eine medizinische Behandlung benötigt oder nicht, setzt diese Regelung deutlich und bewusst Hürden auf den Weg zu Gesundheitseinrichtungen, wodurch Menschenleben gefährdet werden.

,,Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine […] Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, […], ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen.‘‘ – so lautet der Artikel 25 der allgemeinen Erklärung für Menschenrechte. Es wird demnach auch im Gesundheitssektor deutlich, dass Menschenrechte  oft nur auf dem Papier existieren. Um wahre Menschenrechte zu etablieren, müsste die medizinische Versorgung kostenfrei und vor allem ausnahmslos für jeden ermöglicht werden – eine Forderung, der der Staat alle Augen und Ohren verschließt, da dadurch eine große Einnahmequelle wegfallen und der Staat somit weniger Profit machen würde.

Folglich sucht man andere Lösungsalternativen: Laut bundesweiten Umfragen der Caritas wären 60% des Bundesbürger dazu bereit, neben ihren eigenen Versicherungsbeiträgen noch weitere Beiträge zu zahlen, um auch den zu Beginn genannten Menschengruppen eine medizinische Versorgung zu ermöglichen. Im Schnitt würden die Gefragten dabei  freiwillig  4,07 Euro pro Monat mehr zahlen. Realitätsgetreue Rechnungen zeigen jedoch, dass jeder Versicherte im Monat zusätzlich gerade einmal 14 Cent zahlen müsste, um Unversicherten eine medizinische Behandlung zu ermöglichen. Auch dies bleibt jedoch nur ein theoretischer Ansatz, da in der politischen Praxis über das Problem der eingeschränkten medizinischen Versorgung schlichtweg hinweggesehen wird. Wer zum Arzt gehen darf, darf sich also privilegiert fühlen.

 

Gülçin Mengi

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